Verkehr:"Am Wochenende brauchst du nicht mehr ins Auto zu steigen"

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Die A 8 südlich des Autobahnkreuzes München-Süd ist als Staufalle bekannt - vor allem an Wochenenden und in den Ferien. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Anlieger der A 8 im Süden von München leiden extrem unter dem Ausweichverkehr, der sich durch ihre Gemeinden drängt. Dass die Ausbaupläne von Bundesverkehrsminister Volker Wissing an der Situation viel ändern, glaubt aber kaum jemand.

Von Martin Mühlfenzl, Brunnthal/Sauerlach

Schon die Auffahrt von der A 99 auf die A 8 am Autobahnkreuz München-Süd wird ihrem Namen nicht gerecht, denn fahren würde ja bedeuten, dass etwas vorangeht. Aber an einem normalen Samstag beginnt hier auf den langgezogenen, zweispurigen Rampen dieses baulichen Ungetüms schon der Wahnsinn, der sich dann bis ins Inntal bei Rosenheim zieht. Stau ab dem Kreuz Süd über Hofolding, die Ausfahrt Holzkirchen bis Weyarn, Stop-and-go am Irschenberg und wieder Stau vor dem Inntaldreieck. Und wenn die A 8 schon bei Brunnthal und Sauerlach dicht ist, verlagert sich der Ausweichverkehr auf die umliegenden Straßen. "Das ist der nackte Wahnsinn. Am Wochenende brauchst du nicht mehr ins Auto zu steigen", sagt Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU). "Seit Jahrzehnten kennt jeder in Deutschland Brunnthal als Staufalle."

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Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will diese Staufalle nun auflösen, er hat den Ausbau der A 8 vom Kreuz München-Süd bis zum Inntaldreieck von sechs auf acht Spuren angekündigt. "Darauf warten wir schon lange", sagt Brunnthals Rathauschef Kern und macht zugleich deutlich, dass die reine Fokussierung auf die A 8 die Probleme in den umliegenden Kommunen im Landkreis München nicht lösen werde. "Was nutzt mir die ganze Ausbauerei, wenn die Knotenpunkte weiter zweispurig sind?", fragt Kern. "Der Flaschenhals ist das große Problem - und das ist das Autobahnkreuz München-Süd."

160 000 Fahrzeuge muss das Autobahnkreuz am Tag verkraften

Hier am Brunnthal-Dreieck, wie das Autobahnkreuz früher genannt wurde, laufen gleich drei Autobahnen zusammen: die A 99, die A 8 und die A 995; bis zu 160 000 Fahrzeuge muss der Knotenpunkt an verkehrsreichen Tagen verkraften. Und es geht eng zu auf den Übergängen des Kreuzes. Auch deshalb räumt die Autobahn GmbH des Bundes den Autobahnkreuzen im Landkreis München "höchste Priorität ein", wie deren Sprecher Josef Seebacher betont. Allerdings wird ein Aus- und Umbau des Autobahnkreuzes München-Süd noch Jahre auf sich warten lassen, denn die zuständige Behörde treibt den Ausbau der Ostumfahrung der A 99 von Nord nach Süd voran. Derzeit laufen die Arbeiten am achtspurigen Ausbau der Strecke bei Kirchheim, von 2024 sollen die Planungen für das ebenfalls komplett überlastete Autobahnkreuz München-Ost der A 99 und der A 94 angegangen werden.

Dass in einer noch nicht genau definierten Zukunft auch das Kreuz Süd erweitert und die A 8 ebenfalls auf acht Spuren ausgebaut werden soll, stößt aber auch auf massive Kritik. Der Verkehrsexperte der Grünen-Landtagsfraktion, Markus Büchler, bezeichnet die Pläne Wissings als "absolute Schnapsidee". Der Eingriff in Natur und Umwelt sei extrem, auch für die Anwohner, sagt der Oberschleißheimer. Vielmehr müsse die Alternative Schiene gestärkt werden, mit dem Bau des Nord-Zulaufs des Brenner-Basistunnels, der Ertüchtigung der Mangfallbahn und des Ausbaus der S 7 - und auch der Digitalisierung der Bahn, um mehr Fahrten zu ermöglichen, so Büchler.

Wenn die A 8 dicht ist, herrscht an der Kreuzung der Staatsstraße 2070 und 2078 in Aying dichtes Gedränge auf dem Weg in den Süden. (Foto: Sebastian Gabriel)

Und Büchler bringt eine weitere Maßnahme ins Spiel, die im bayerischen Inntal bereits praktiziert wird. An Tagen mit Blockabfertigung für Lastwagen auf der A 93 durch die österreichischen Behörden werden mittlerweile Straßen im Inntal durch den Freistaat für den Lkw-Durchgangsverkehr gesperrt. "Das wäre auch für unsere Gemeinden eine Lösung. Mit entsprechenden Anordnungen könnte man Durchfahrtsbeschränkungen erwirken", so Büchler.

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Wenn die A 99 und die A 8 komplett überlastet sind, spüren das auch die Ayingerinnen und Ayinger hautnah. Denn dann fahren viele - auch angeleitet durch das Navi - schon in Ottobrunn oder Hohenbrunn auf dem Weg Richtung Süden ab und drängen sich durch das ländliche Idyll. Die Staatsstraßen 2070 und 2078 werden dann gewissermaßen zu Autobahnparallelen der A 8. "Ich war vergangenen Samstag mit dem Auto im Gemeindegebiet unterwegs und stand an jeder Kreuzung", erzählt Ayings Bürgermeister Peter Wagner (CSU), "und es waren unglaublich viele Autos mit auswärtigen Kennzeichen unterwegs". Wagner begrüßt Wissings Vorstoß für den Ausbau der A 8: "Jede Maßnahme ist willkommen und entlastet auch die Kommunen." Ein Lkw-Fahrverbot, wie von Büchler ins Spiel gebracht, habe einen gewissen Charme, sagt Wagner: "Könnte man probieren. Aber man muss sich schon anschauen, wo die Lastwagen hinwollen. Auch wir haben Industrie in Aying."

Auch westlich der A 8 staut es sich auf den Straßen, wenn die Autobahnen dicht sind - etwa in Sauerlach. Hier werden die Münchener Straße südlich der A 995 und die Hofoldinger Straße westlich der Salzburger Autobahn, die in den Hauptverkehrszeiten ohnehin schon überlastet sind, zu Transitstrecken. Von einem Ausbau der A 8 vom Kreuz Süd bis ins Inntal hält Rathauschefin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung) nichts. "Das wäre rausgeschmissenes Geld und eine viel zu starke Versiegelung", sagt sie. Der Verkehr müsse vielmehr von der Straße auf die Schiene.

Östlich der A 8 macht sich Brunnthals Bürgermeister Kern Gedanken, wann denn tatsächlich Verbesserungen für die Menschen kommen könnten - etwa bei Thema Lärmschutz. "Wir Bürgermeister waren ja schon mal in Berlin, da war Andreas Scheuer noch Verkehrsminister", erzählt er. "Ich habe mich auch bei der Autobahndirektion erkundigt, da hieß es dann, es gebe zu wenig Planer. Was heute der Stand der Dinge ist? Ich weiß es nicht." So klingt keiner, der daran glaubt, dass der Ausbau der A 8 auf acht Spuren sehr bald erfolgen wird.

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