SpVgg Unterhaching:Dann halt Regionalliga

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Nach dem Abstieg des Vereins zeigen sich die Klubführung und Vertreter der Gemeinde betont gelassen. Nur einige Fans sind sauer.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Seit Mittwochabend ist es amtlich: Der frühere Fußball-Erstligist Spielvereinigung Unterhaching muss zum zweiten Mal nach 2015 den bitteren Gang in die Viertklassigkeit antreten. Und das, obwohl in den vergangenen Jahren auch vor dem Hintergrund des Börsengangs eher die Rückkehr in die zweite Liga als Ziel ausgegeben worden war und dieser Traum zuletzt mehrfach erst in der Rückrunde zerplatzte. In der aktuellen Saison allerdings war die sportliche Performance in beiden Runden recht schwach, weshalb der Klub nun also nicht auf-, sondern absteigt, und zwar in die Regionalliga Bayern.

Hintergrund war unter anderem eine Verletzungsmisere bei den routinierten Spielern im Kader. Das hat zu einem Umdenken bei Präsident Manfred Schwabl geführt, wie er schon seit einigen Wochen sehr offensiv verkündet: Der Verein werde künftig konsequent alle Kraft in die Nachwuchsarbeit stecken, mindestens 80 Prozent des Kaders der ersten Mannschaft solle dann aus eigenen Talenten bestehen. "Daran lasse ich mich messen", sagt Schwabl, "wir werden unser Nachwuchsleistungszentrum weiterhin aufwerten, nur auf diesem Weg können wir finanziell solider wirtschaften."

Ausbilden und gewinnbringend verkaufen

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Das Konzept ist klar: Eigene Spieler ausbilden und dann gewinnbringend verkaufen, so wie das bei Karim Adeyemi, 19, und Torwart Nico Mantl, 21, der Fall war. Beide Jugendnationalspieler wurden für eine siebenstellige Ablösesumme an Red Bull Salzburg verkauft. Und in beiden Fällen handelte Schwabl eine Beteiligung an einem Weiterverkauf aus, die vor allem bei Adeyemi üppig ausfallen könnte. Er war als bester deutscher U-17-Nachwuchsfußballer im Jahr 2019 mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold ausgezeichnet worden, steht womöglich schon bald vor einem Transfer zu einem europäischen Topverein.

Dass sich auch künftig Hachinger Talente in den Fokus finanzstarker Vereine spielen können, sei durch den Abstieg der ersten Mannschaft und der damit verbundenen kleineren Bühne keineswegs ausgeschlossen: "Wichtig ist, dass unsere U-17- und U-19-Mannschaften weiterhin hochklassig spielen. Dann sind sie bei den maßgeblichen Leuten auch auf dem Schirm, dafür müssen sie nicht im Fernsehen übertragen werden", sagt Schwabl, der in dem ehemaligen Nationalspieler Sandro Wagner einen klingenden Namen als Trainer für die A-Junioren verpflichten konnte.

Ein Zeichen dafür, dass man im Verein die bestehende Infrastruktur wegen des Abstiegs nicht aufgeben will. So sollen weder im Nachwuchsleistungszentrum, noch in der Geschäftsstelle Arbeitsplätze wegfallen. Das Team bestehe aus vielen jungen Leuten, "die immer mehr in ihre Aufgaben reinwachsen", wie Schwabl sagt. Und die Bezahlung sei nicht so üppig, dass sie sich der Verein nicht auch als Viertligist leisten könnte: "Einen Ferrari fährt von unseren Angestellten keiner."

Das würde auch nicht zu dem bodenständigen Image des Vereins passen, an dem der Präsident schon seit geraumer Zeit arbeitet. Den Kurs will er noch verstärken, etwa durch weitere soziale Projekte unter dem Motto "Haching schaut hin", aber auch durch eine noch tiefere Bindung an die Gemeinde. Dort werden die Signale dankbar angenommen, Rathaussprecher Simon Hötzl unterstreicht das Miteinander von Verwaltung, Kommunalpolitik und Klub: "Die Spielvereinigung ist für die Gemeinde keine Belastung. Wir drücken alle die Daumen, dass sie rasch wieder aufsteigt."

Für die Kommune macht es auch nach der Pandemie keinen großen Unterschied, ob der Klub in der dritten oder vierten Liga spielt. Die Sicherheit bei den Begegnungen ist in erster Linie Aufgabe der Polizei, auch wenn das Ordnungsamt bei Spielen gegen Vereine, die viele Fans mitbringen wie etwa Dresden, Rostock oder Magdeburg, etwas mehr gefordert war als das vermutlich in der Regionalliga der Fall sein wird. "Aber Probleme mit den Anhängern unserer Gäste hatten wir sowieso nie", sagt Schwabl. "Unser Erfolgsrezept ist, dass wir die gegnerischen Fans stets freundlich im Biergarten begrüßen", so der Präsident, der auch den Einsatzkräften ein Kompliment ausspricht: Diese hätten mit Fingerspitzengefühl Eskalationen stets vermieden.

"Ich kann guten Gewissens sagen, dass der Verein mein Erbe verschlingt."

Auch in Sachen Stadion sei zwischen der Gemeinde und dem Klub alles geklärt: "Der Verkaufsbeschluss steht", sagt Hötzl. Dass die Transaktion noch nicht abgeschlossen ist, liege an rechtlichen und technischen Details. Man müsse "den Verkaufsgegenstand aus der gesamten Liegenschaft Sportpark herausrechnen und das soll sauber passieren, deshalb nehmen wir uns dafür die nötige Zeit", erklärt der Rathaussprecher. Zudem habe das Landratsamt ein paar behördliche Auflagen erteilt, die man vor dem endgültigen Verkauf erfüllen wolle. Für Schwabl steht der Kauf ebenfalls nicht zur Disposition. "Wir stehen zu unseren Absprachen", sagt er. Das 3,3-Millionen-Euro-Geschäft sei "für beide Seiten ein guter Deal".

Das liebe Geld ist bei den Rot-Blauen weiterhin ein großes Thema, auch wenn sich Aufwendungen und Erträge laut dem Präsidenten in der Regionalliga nicht groß verändern im Vergleich zur dritten Liga. Man spare beispielsweise bei Reisekosten, bei Schiedsrichterbetreuung und bei der Bezahlung der Spieler. Dafür fallen allerdings die Fernsehgelder weg. So oder so, ohne Schwabls finanzielles Engagement wäre der Klub wohl kaum überlebensfähig. Erst vor kurzem hatte sein Sohn Markus, Kapitän der Mannschaft, augenzwinkernd die Anstrengungen des Vaters in einem Interview erwähnt: "Ich kann guten Gewissens sagen, dass der Verein mein Erbe verschlingt."

Die Aktie ist durch den sportlichen Sinkflug ebenfalls auf Talfahrt. Deshalb werde die eigentlich schon für 2020 vorgesehene Kapitalerhöhung auch vorerst weiter zurückgestellt, bis wieder bessere Zeiten für den Verein anbrechen. Von den Eignern größerer Anteile habe jedenfalls noch keiner seinen Ausstieg angekündigt, sagt Ex-Profi Manfred Schwabl. Eines stehe für ihn jedenfalls fest, unterstreicht der Präsident: "Wenn wir in die dritte Liga zurückkehren, dann wollen wir finanziell stabil und wirtschaftlich solide sein und uns nicht ständig Sorgen um die Lizenz machen müssen."

Dass der Abstieg für viele Anhänger ein schwerer Schlag ist, zeigte sich am Mittwoch, als etwa drei Dutzend erboste Haching-Fans vor dem Stadion aufkreuzten und ihrem Unmut Luft machten. Schwabl, der den sozialen Medien nicht folgt, weil er den dort oftmals herrschenden Ton verabscheut, will den Anhang künftig mehr ins Boot holen und kündigt einen regelmäßigen Austausch mit Fanvertretern an. Er will dazu eine regelmäßige Videokonferenz mit ihnen einberufen. Dabei soll es neben sportlichen Dingen auch um ein großes Projekt gehen, dass langsam seine Schatten vorauswirft: 2025 feiert der Verein sein hundertjähriges Bestehen. Die Regionalliga wäre vermutlich nicht die richtige Kulisse dafür.

© SZ vom 07.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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