Cannabis-Legalisierung:Kiffen auf dem Campus

Lesezeit: 4 min

Kiffen ist von Ostermontag an erlaubt - aber nicht überall. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Von Ostermontag an darf Cannabis öffentlich konsumiert werden, wenn keine Einrichtungen für Kinder in der Nähe sind. Damit sind Joints etwa auf dem Gelände der TU in Garching erlaubt oder direkt vor der Grünwalder Polizeiwache. Legal an Gras zu kommen, bleibt allerdings vorerst kompliziert.

Von Celine Imensek und Martin Mühlfenzl, Aschheim

Die entscheidende Frage lautet ja schon lange nicht mehr: "Bubatz wann legal?" Vielmehr dreht sich mittlerweile alles um das Thema: "Bubatz wo legal?" Die von der Ampelregierung befürwortete teilweise Legalisierung von Cannabis hat den Bundesrat passiert, schon von 1. April - dem Ostermontag - an dürfen Erwachsene in Deutschland Gras besitzen, anbauen und konsumieren. Nur wo, das ist vielen nicht ganz klar. Etwa direkt vor der Polizeiinspektion in Grünwald? Oder bei Heimspielen der Spielvereinigung im Hachinger Stadion? Dürfen gar Studentinnen und Studenten auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr in Neubiberg oder der Technischen Universität in Garching auf ihrem jeweiligen Campus kiffen?

Das Gesetz aus dem Hause von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gibt in einigen wesentlichen Punkten sehr klare Antworten: Der Konsum von Cannabis wird etwa in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr untersagt. Überhaupt kein Konsum ist in Sichtweite von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Spielplätzen und öffentlichen Sportplätzen gestattet. Im Gesetzestext heißt es dazu: "Eine Sichtweite ist bei einem Abstand von mehr als 100 Metern von dem Eingangsbereich der genannten Einrichtungen nicht mehr gegeben."

Im Unterhachinger Landschaftspark darf künftig nahezu überall gekifft werden. Im westlich gelegenen Sportstadion der SpVgg hingegen bleibt der Konsum von Cannabis verboten. (Foto: bubatzkarte.de/Screenshot: SZ)

Die Website www.bubatzkarte.de, die Daten des Dienstleisters Open-Street-Map verwendet, versucht; detailliert Antworten zu geben, wo künftig im öffentlichen Raum das Kiffen erlaubt sein wird. Rot markiert sind dabei im Landkreis München Bereiche etwa um Kindertagesstätten, Schulen oder das Unterhachinger Sportstadion, wo nicht zum Joint gegriffen werden darf. Zum Kifferparadies hingegen könnte sich der Unterhachinger Landschaftspark entwickeln, in dem es kaum Beschränkungen für den Konsum von Gras gibt.

Während es in der Stadt Garching kaum Raum für Kiffer gibt, sind auf dem Gelände der Technischen Universität noch viele Freiräume offen, um sich dort einen Joint anzuzünden. (Foto: bubatzkarte.de/Screenshot: SZ)

Selbst in weiten Teilen der Universität der Bundeswehr in Neubiberg besteht ebenso wie auf dem Areal der Technischen Universität in Garching laut der Website die Freiheit zum Konsum. In der Stadt Garching hingegen finden sich aufgrund der vielen Kindertageseinrichtungen und Schulen kaum mehr freie Flecken, um dort zu kiffen. Direkt vor der Grünwalder Polizeiinspektion an der Tölzer Straße hingegen müssten Erwachsene keine Bedenken haben, wenn sie sich dort einen Joint anzünden. Die Macher der Bubatz-Karte weisen aber darauf hin, dass diese unvollständig sein könne und jeder für sein eigenes Handeln verantwortlich sei.

SZ PlusCannabis-Legalisierung
:Ein Spielplatz soll die Kiffer fernhalten

Um einen Cannabis-Anbau-Klub zu verhindern, will die Gemeinde Aschheim in der Nähe schnell noch ein paar Geräte für Kinder aufstellen. Der Betreiber findet das hinterlistig - und droht mit einer Planänderung, die den Kommunalpolitikern gar nicht gefallen dürfte.

Von Anna-Maria Salmen

In Aschheim bereitet sich unterdessen die "Natur Erlebniswelt" von Wenzel Cerveny auf die Cannabis-Teillegalisierung vor. In dem "Hanf-Megastore" bleibe das meiste jedoch wie bisher. Man werde vom kommenden Monat an nur deutlich mehr Aufklärungsevents - zum Beispiel zum Thema "richtiger Anbau" - im Bistro- und Bühnenbereich des Hanf-Marktes anbieten, sagt Cerveny. "Mit der Legalisierung müssen Kunden erstmal lernen, wie sie mit Cannabis überhaupt umgehen müssen", sagt der langjährige Aktivist. Mit dem Fokus auf Aufklärung will Cerveny das Aschheimer Geschäft zum Vorbild für ganz Bayern machen. Seiner Frau gehört der Laden, er selbst ist der Vorsitzende des im selben Gebäude untergebrachten "Chillout Clubs".

Wenzel Cerveny vom Aschheimer Anbauverein "Chillout Club" bedauert die Verzögerungen, die durch das Gesetz entstehen. (Foto: Sebastian Gabriel)

"Als Verein warten wir noch darauf zu erfahren, wie und wo wir unsere Anträge einreichen können", sagt Cerveny. Die sogenannten Cannabis Social Clubs sollen künftig Gras anbauen und monatlich 50 Gramm an jedes Mitglied abgeben dürfen. Für die Vergabe von entsprechenden Lizenzen will Bayern eine zentrale Kontrolleinheit einrichten, um sich "gegen die gefährlichen Cannabis-Pläne der Bundesregierung" zu rüsten, so ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums. Die Kontrolleinheit soll auf die Standorte Oberschleißheim und Erlangen aufgeteilt werden. Da die Clubs erst im Juli an den Start gehen dürfen, sollen Anträge auch erst von diesem Zeitpunkt an eingereicht werden können. Dann schreibt das neue Gesetz eine maximale Bearbeitungsdauer von drei Monaten vor - wenn ein Verein alle Voraussetzungen erfüllt.

Diese Verzögerung hält Cerveny für einen von vielen Fehlern der geplanten Legalisierung: "Wo sollen denn die Samen und Stecklinge für den Eigenanbau herkommen?", fragt sich der Unternehmer. Von 1. April an ist die private Aufzucht von bis zu drei weiblichen Hanfgewächsen legal. Die Abgabe von Setzlingen und Anbausamen für THC-haltige Pflanzen soll in Geschäften wie Cervenys "Natur Erlebniswelt" nicht erlaubt sein, sondern nur über die Anbauvereinigungen ablaufen. Außerdem haben Hobby-Hanfbauern von kommendem Monat an die Möglichkeit, Samen und Stecklinge im EU-Ausland zu kaufen.

Düngemittel hat der Hanf-Store in Aschheim schon im Angebot

Sobald für die Vereine klar ist, unter welchen Bedingungen auch sie die Anzuchtmittel an Nichtmitglieder abgeben dürfen, soll es in Aschheim schnell gehen. Für den Anbau zu Hause bietet der Aschheimer Hanf-Store bereits jetzt Düngemittel und Zuchtzelte an. Den Vorrat habe man nicht aufgestockt, eine schnelle Verfügbarkeit aber mit den Herstellern sichergestellt, so Cerveny.

Nicht nur Vereine und Hanf-Geschäfte sind gespannt, wie es jetzt weitergeht. Vor allem auch für junge Leute stellen sich nun Detailfragen. Diese konnten zum Teil am Montagabend in einem Instagram-Livestream der Jusos München-Land geklärt werden. Stellvertretende Vorsitzende Christine Himmelberg schaltete sich dazu mit Carmen Wegge zusammen. Die SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Starnberg ist Berichterstatterin zur Cannabis-Legalisierung im Innen- und Rechtsausschuss und gab den zeitweise 300 Teilnehmern Einblicke in die anstehenden Vorgänge.

Die Handhabe von Cannabis-Konsum im Straßenverkehr war für die Zugeschalteten ein wichtiges Thema. Eine Expertenkommission hat am Donnerstag eine THC-Obergrenze von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum vorgeschlagen. Um den neuen THC-Grenzwert rechtlich festzuschreiben, ist eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes nötig. Zum Start der Cannabis-Legalisierung am Ostermontag bleibt zunächst weiterhin die Ein-Nanogramm-Schwelle gültig.

Zu der Ansicht, das Gesetz wäre mittlerweile verwaschen, sagte Wegge: "Die Legalisierung in Deutschland ist eine tiefgreifende Änderung. Damit ist der Paradigmenwechsel in Europa nicht mehr aufzuhalten." Die SPD-Politikerin geht davon aus, dass sich deshalb in naher Zukunft auch das diesbezügliche EU-Recht ändern wird.

In einer früheren Version stand in einer Bildunterschrift, das der Cannabis-Konsum auf dem Garnix-Festival erlaubt ist. Das ist allerdings nicht der Fall.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMissbrauch beim TSV Neuried
:Wie konnten die Taten so lange unbemerkt bleiben?

Ein Fußballtrainer hat sich jahrelang sexuell an Jugendlichen vergangen. Auch nach dem Urteil bleiben Fragen: Warum ist der Verein nicht früher eingeschritten? Eine Spurensuche.

Von Annette Jäger und Lisa Marie Wimmer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: