Cannabis-Produkte:In Aschheim eröffnet Deutschlands wohl größter Hanf-Laden

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Der Hanf-Megastore im Münchner Osten ist angeblich das größte Geschäft der Branche in ganz Deutschland. (Foto: Claus Schunk)

Berauschende Produkte finden sich nicht im Sortiment. Doch sobald die Legalisierung durch ist, soll nebenan ein Cannabis-Club entstehen - doch es gibt Widerstand.

Von Celine Imensek, Aschheim

"Wenn Cannabis legalisiert wird, rauche ich meinen ersten Joint!", sagt Wenzel Cerveny am Donnerstag bei der Eröffnung von Deutschlands angeblich größtem Hanfladen in Aschheim. Der langjährige Cannabis-Aktivist hat nach eigener Aussage noch nie gekifft, und Alkohol trinke er äußerst selten. Er betreibt jedoch eine Hanfgeschäft-Kette mit elf Filialen, und seiner Frau Silke gehört nun die "Natur Erlebniswelt": ein 800 Quadratmeter großer Laden, in dem es nur um Hanf geht.

Wie passt das zusammen? "Unsere obersten Prioritäten sind Aufklärung und Prävention", sag Wenzel Cerveny, der auch den "Cannabis Verband Bayern" gegründet hat. Im sogenannten Hanf-Megastore in Aschheim sollen nicht nur Produkte verkauft werden; zukünftig sollen im Café-Bereich regelmäßig Veranstaltungen stattfinden. Gäste können sich mit Hanf-Nudeln und Hanf-Pesto verköstigen lassen, in Strandstühlen in Cannabisblatt-Optik Platz nehmen und den Referenten auf der kleinen Eckbühne lauschen. Ärzte erklären dann Patienten die medizinischen Vorteile von Cannabis, in Workshops will man Interessierten Hanf als Baustoff näherbringen.

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Am Tag der Eröffnung können sich die Kunden jedoch erst einmal umschauen. Dass es hier hauptsächlich um Gras geht, wussten viele nicht. "Ich wollte nur sehen, was aus dem alten Rewe geworden ist. Das hier war dann schon eine Überraschung", sagt Christine Zagel, die auf dem Weg nach Hause kurz vorbeischauen wollte. Sie habe vor Jahren eine Hanf-Creme gegen Schmerzen in den Beinen gekauft, die ihr geholfen habe. Den neuen Laden findet sie "unheimlich interessant", bezweifelt jedoch, dass sich das Geschäft in der Gemeinde halten kann.

Um den dafür nötigen Umsatz zu erbringen, geht im Geschäft von Silke Cerveny kein Rauschmittel über die Theke. Ansonsten finden Kunden so gut wie alles, was man aus Hanf herstellen kann: Tierfutter, Matratzenauflagen, Öle, Kosmetik, Kekse und vieles mehr. Das Herz der Besitzerin hängt vor allem an der Babykleidung. "Als ich über meinen Mann erfahren habe, dass Stoff aus Hanf kühlt, war das die Idee, damit Babys nicht so schwitzen müssen", sagt die Inhaberin.

"Ohne sein Hanf-Segel wäre Kolumbus nicht nach Amerika gekommen", sagt Wenzel Cerveny

Auch die Nachhaltigkeit des Rohstoffs sei ein positiver Aspekt. Nach Bambus ist Hanf die am schnellsten wachsende Pflanze, die dazu wenig Wasser benötigt. "Hanf ist ein echter Tausendsassa und der wichtigste Rohstoff unserer Erde", sagt Wenzel Cerveny. Der Cannabis-Enthusiast spricht von über 50 000 Produkten, die man aus Hanf herstellen könne, und sagt: "Ohne sein Hanf-Segel wäre Kolumbus nicht nach Amerika gekommen."

Schon jetzt gibt es zahlreiche Firmen und Start-ups, die Produkte aus der Pflanze herstellen. Silke Cerveny verkauft in ihrem Geschäft Waren von mehr als 400 Marken. Einige Vertreter sind am Tag der großen Eröffnung in Aschheim. So stellt die Firma Cannabiskaja aus Rosenheim Kekse und Eierlikör mit Hanf her. "Der Clou ist, die beiden Sachen zusammen zu probieren. Die Mischung macht's", sagt Firmeninhaber Michael Werla, während er Umstehenden seine Schokokekse in die Hand drückt.

"Die Mischung macht's": Michael Werla mit seinem Eierlikör aus Hanf. (Foto: Claus Schunk)

Bei dem Gebäck kommt neben dem Kakaogeschmack eine nussige Note durch. Der grünliche, mild schmeckende Eierlikör bildet eine angenehme Ergänzung. Zwar sind Gebäck und Alkohol nicht die gesündesten Lebensmittel, Hanfsamen an sich sind jedoch schon länger in der Fitness-Szene als Superfood bekannt. Die Nutzung von Hanf in der Kosmetik, in Lebensmitteln oder Kleidung ist zwar erlaubt, doch der schlechte Ruf hält sich aufgrund der berauschenden Wirkung der Cannabis-Blüten hartnäckig. "Manche Leute haben mich schon gefragt, ob sie high werden, wenn sie auf einer Bettauflage aus Hanf schlafen", so Cerveny. Er hoffe, dass mit der geplanten Legalisierung von Cannabis auch alle anderen Hanf-Produkte in ein besseres Licht gerückt werden.

Die Bundesregierung möchte den Anbau und Besitz von Cannabis in gewissen Mengen vom 1. April an erlauben. Außerdem sollen sogenannte Cannabis Social Clubs legalisiert werden, in denen Mitglieder 50 Gramm des Rauschmittels im Monat erwerben können. Auch Wenzel Cerveny plant so einen Verein, der maximal 500 Mitglieder führen darf und ebenfalls in dem ehemaligen Rewe- Markt untergebracht werden soll. 270 Personen haben sich bereits vorregistriert. Der "Chill Out Club" und das Geschäft seiner Frau sollen jedoch streng getrennt bleiben. So wollen die Cervenys Probleme mit der Gemeinde vermeiden.

Deswegen dürfen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre auch nur in Begleitung ihrer Eltern in die "Natur Erlebniswelt" kommen, Mitglieder im Canabis-Club müssen - anders als im Gesetzesentwurf geplant - nicht 21, sondern 25 Jahre alt sein. Im Hanf-Megastore soll es zudem keinen Verkauf von Rauschmitteln geben. Trotz dieser Vorkehrungen gibt es Vorbehalte. Einige Gemeinderäte überlegen, an das Gelände des Hanfgeschäfts angrenzend einen Spielplatz zu errichten. Damit wäre der Cannabis-Club nicht mehr zulässig, da er die vorgeschriebenen 200 Meter Entfernung zu Einrichtungen für Kinder nicht mehr einhält. "Wir können die Sorge der Eltern natürlich nachvollziehen, dass ihre Kinder leichter an Gras kommen könnten", sagt Silke Cerveny. "Aber dann sollte man einfach mit uns sprechen und nicht zu solchen Maßnahmen greifen."

"Hanf ist ein echter Tausendsassa", sagt Firmenchef Wenzel Cerveny. (Foto: Claus Schunk)

Zur Eröffnung kam dann tatsächlich die Freie-Wähler-Gemeinderätin Sabine Freser-Specht. Den Betrieb von innen gesehen hat sie nicht, vor der Fensterfront des Geschäfts jedoch von Kameras begleitet mit Wenzel Cerveny diskutiert. "Mit dem Hanf-Laden haben wir kein Problem, sondern mit dem geplanten Cannabis-Club", sagt die Kommunalpolitikerin. "So wird der Bezug von Gras erleichtert und erhält Einzug in Schulen und auf Spielplätzen."

Wenzel Cerveny wehrt sich mit der Anmerkung, dass mit dem geplanten Gesetz neben den Vereinen auch der Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen legal wird. "Wie wollen Sie kontrollieren, dass in Aschheim niemand das Cannabis von sich zu Hause an Kinder weitergibt?", fragt der Unternehmer. Cerveny gibt außerdem an, dass über die Hälfte seiner Club-Mitglieder schon jetzt aus medizinischen Gründen Cannabis aus der Apotheke beziehen. "Die werden sicher nicht draußen auf der Straße Gras verteilen."

An diesem Freitag stimmt der Bundestag über den Entwurf des Cannabis-Gesetzes ab; kommenden Dienstag ist Wenzel Cerveny zu einem Gespräch mit Vertretern des Gemeinderats geladen. Worum es genau gehen soll, weiß er nach eigener Aussage noch nicht.

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