Ganz am Schluss merkt man Christoph Göbel dann doch noch an, dass er zumindest ein wenig verstimmt ist über das Abstimmungsverhalten der Grünen. Nachdem der Kreistag den Haushalt des Landkreises München für das laufende Jahr "gegen 18 Stimmen", wie der Landrat notiert, verabschiedet hat, melden sich zunächst die Grünen noch einmal zu Wort und insistieren, dass eigentlich 19 Kreisräte dem Budget widersprochen hätten; jedoch sei Markus Büchler, der virtuell zugeschaltet ist, offensichtlich während der Abstimmung gerade nicht am Platz gewesen. "Wenn er nicht da ist, kann er auch nicht gezählt werden, auch nicht, wenn er von den Grünen ist", blafft Göbel da.
Es war das endgültige Schlusswort einer mehr als vier Monate dauernden Prozedur. In der ersten Finanzausschusssitzung Anfang November hatte Göbel mit seinen Kämmerern den Kreisräten ein 50-Millionen-Euro-Loch im Etat und die Aussicht auf eine Erhöhung der Kreisumlage von 48,0 auf 49,9 Prozentpunkte präsentiert. Am Montagnachmittag bei der Plenarsitzung in Garching wurden nun ein ausgeglichener Haushalt und eine Umlage von 48,8 Prozentpunkten verabschiedet.
Auch wenn die Vertreter aller Fraktionen mahnten, die aktuellen konjunkturellen Warnhinweise nicht zu ignorieren und weiterhin mit Weitblick zu wirtschaften, war ihnen die Erleichterung darüber, dass der Landkreis wirtschaftlich handlungsfähig bleibt, deutlich anzumerken. Und so stimmten CSU, SPD, Freie Wähler, FDP, ÖDP und AfD für das Zahlenwerk. Wie zuvor schon im Finanz- und im Kreisausschuss verweigerten allein die Grünen die Zustimmung. Ihr Fraktionsvorsitzender Christoph Nadler betonte, man habe viele Einsparungen "mit großem Bauchkribbeln mitgemacht", etwa die "Nullrunde" beim Stellenplan oder die sechsmonatige Pause bei der Besetzung offener Stellen im Landratsamt. Aber dass die Mobilitätskonzepte um ein Drittel gekürzt und der Klimaschutz halbiert werde, könne man nicht mehr mittragen. "Was ist das in dieser Zeit für ein Zeichen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und auch gegenüber den Mitarbeitern im Landratsamt, die sich seit Jahren um die Projekte kümmern!", rief Nadler aus.
Seine Parteifreundin Claudia Köhler kritisierte die anderen Fraktionen und auch Göbel: "Es ist ein bisschen schade, dass die unsachlichen, persönlichen und von den Bürgermeistern getriebenen Angriffe auf den Landrat leider Wirkung gezeigt haben." Zumal viele der gestrichenen grünen Projekte zuvor mit großen Mehrheiten beschlossen worden seien. "Da wünsche ich mir, dass alle ehrlicher sind und die ein oder andere Idee schon ablehnen, wenn abgestimmt wird, und sie nicht erst beim Haushalt mit einem Federstrich gekippt werden."
Die SPD hält die Streichungen bei der Energiewende für nicht entscheidend
Der Landrat war dagegen bemüht, die positiven Aspekte des "bemerkenswerten Haushalts" herauszuarbeiten: Es gebe eine "Rekordumlagekraft" von 1,46 Milliarden Euro und ein stolzes Finanzvolumen von 1,4 Milliarden Euro in Vermögens- und Verwaltungshaushalt. "Wir schreiben eine schwarze Null mit solider Seitwärtsbewegung. Die Entwicklung im Landkreis ist gut", so Göbel, der noch einmal betonte, dass der Etat noch immer etliche Aspekte beinhalte, die dem Klimaschutz zugutekämen, alleine schon die Rekordinvestitionen in den öffentlichen Nahverkehr.
Zuspruch dafür gab es von Annabella Wünsche (CSU), Michael Ritz (FDP), Jolanta Wrobel (ÖDP) und Otto Bußjäger (Freie Wähler), der sagte, das Glas im Landkreis sei "nicht halbleer, sondern fast voll. Es geht aber nicht mehr über." Deshalb sei es richtig, die Kreisumlage nur moderat zu steigern und "so viel Geld wie möglich bei den Bürgern zu lassen". Florian Schardt (SPD) ergänzte, dass es gelungen sei, "Luft aus dem Haushalt" zu nehmen, und bezeichnete die Kürzungen bei der Energiewende als nicht entscheidend: "Da passiert nichts Schlimmes, wenn man das Unternehmensnetzwerk beim Klimaschutz nicht mehr fördert oder die Klimakonferenzen nicht mehr regelmäßig veranstaltet." Eines aber, so Schardt, habe er als "unglücklich" empfunden: Die beiden großen Fraktionen - gemeint sind CSU und Grüne - hätten sich "zu lange darauf verlassen, sich zu einigen". Künftig wäre anzuraten, dass alle Fraktionen früher anfangen, sich miteinander auszutauschen.