Kleines Theater:Andocken an die Fantasiewelt der Kinder

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Gekonnt lassen Virginia und Stefan Maatz vom Theater Con Cuore ihre Figuren in Haar über die Bühne tanzen. (Foto: Claus Schunk)

Schon beim Auftakt des Lampenfieber-Festivals in Haar entfaltet sich im Stück "Tigerwild" ein spezieller Bühnenzauber. In den kommenden Wochen gibt es noch weitere preisgekrönte Produktionen in ganz Oberbayern zu sehen.

Von Laura Geigenberger, Haar

Der Saal des Kleinen Theaters in Haar ist abgedunkelt, nur die Scheinwerfer beleuchten als einzige Lichtquelle die Bühne, auf der eine kleine Stadt aus liebevoll bemalten Pappboxen aufgebaut ist. Es ist eine sehr ordentliche Stadt, erzählen die Puppenspieler Virginia und Stefan Maatz den rund vierzig gespannt vorgebeugten Kindern und Eltern. Vor gleichförmigen Häusern, Autos, Straßen in gedeckten Farben unterhalten sich Herr Nashorn und Frau Elefant über Herrn Tiger, weil der sich in letzter Zeit komisch, geradezu ungezähmt benimmt. Gekonnt lassen die Künstler ihre Figuren über die Bühne tanzen. Jeder Handgriff sitzt - es scheint, als wären die Puppen zum Leben erwacht.

"Tigerwild" heißt dieses Figurentheater von Virginia und Stefan Maatz, in dem sich Herr Tiger auf die Suche nach Wildheit und Freiheit macht. Das Ehepaar vom Theater Con Cuore aus Schlitz bei Fulda hat damit am Freitag das Lampenfieber-Festival eröffnet, eine Reihe von Kindertheater-Veranstaltungen, die nun an 29 Orten in ganz Oberbayern stattfinden. Es ist die zehnte Auflage des Festivals, das 2001 erstmals realisiert wurde und seither alle zwei Jahre stattfindet.

Das Kleine Theater ist heuer erstmals dabei - als Bühne für den Auftakt. "Das freut uns natürlich sehr", sagt Intendant Matthias Riedel-Rüppel. Er habe sich zur Teilnahme mit seinem Haus entschlossen, um sich in den Bereichen Kinder- und Familientheater weiterzubilden. "Unser Motivator zur Beteiligung war das Netzwerk und der Austausch, wie man solche Programme weiterentwickeln kann - wir wollten neue Impulse bekommen."

Seit rund einem Jahr ist das Kleine Theater deshalb Mitglied im Verein Kinder- und Jugendtheaterveranstalter Bayern, dem Veranstalter des Lampenfieber-Festivals. "Wir sind ein Zusammenschluss aus verschiedenen Bühnen, die Kindertheater nach Oberbayern locken wollen", erklärt erster Vorsitzender Peter Hölzer. Auch Gemeinden wie Ebersberg und Gilching, Initiativen und gar Büchereien gehörten zu Vereinigung, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Kinder ans Theater heranzuführen.

"Gutes Kindertheater setzt immer an der Lebens- und Fantasiewelt der Kinder an, in ihren spielerischen Ansätzen", erklärt Hölzer. Gleichzeitig solle das junge Publikum aber auch erleben können, wie diese Welten auf einer Bühne entstehen. "Sie sollen sehen, wie Theater gemacht wird, wie Figuren geführt werden." Die Illusion würde dadurch nicht zerstört, im Gegenteil. "Die Kinder sehen die Arbeit, die im Theater steckt und dass das Schauspiel ein Eigenleben entwickelt", so Hölzer. Er sei überzeugt, dass dieser allein dem Theater vorbehaltene Zauber deshalb auch noch Erwachsene in seinen Bann ziehen könne. "Kindertheater hat immer zwei Ebenen: Das, was die Kinder sehen und das, was die Erwachsenen sehen. Man kann sich also gemeinsam in eine wunderbare Welt entführen lassen und Geschichten erleben."

Das Stück "Tigerwild" hat 2023 den Hauptpreis der Kinderkulturbörse gewonnen

All diese Kriterien erfülle das Stück "Tigerwild" des Puppenspieler-Ehepaars Virginia und Stefan Maatz vom Theater Con Cuore, weshalb man es auch als Eröffnungsinszenierung ausgewählt habe, sagt Hölzer. In das 2023 mit dem Hauptpreis der Kinderkulturbörse prämierte Stück haben die Künstler spürbar viel Herzblut und Leidenschaft gesteckt. Ihre Charaktere, die - je nach Szene - entweder als kleine Pappaufsteller oder als Hand- und Marionettenpuppen auftreten, sind bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Sitzt man in den vorderen Reihen, kann man erkennen, dass sich sogar ihre Augen bewegen.

Auch wenn sie nur zu weit sind, führen Virginia und Stefan Maatz bis zu sechs Figuren, verleihen jeder von ihnen eine eigene Stimme, ein eigenes Bewegungsmuster, eine eigene Persönlichkeit. Nebenher wechseln sie mit geübten Handgriffen die Bühnenbilder; zuweilen greifen sie in kurzen, slapstickartigen Zwischenhandlungen auch als Erzähler oder Charaktere in ihre Geschichte ein. Ihre Texte sind kindgerecht aber nicht kindisch, die Sehnsucht des Herrn Tiger nach Freiheit und Individualität reißt die Kinder und Eltern im Publikum gleichermaßen mit.

Neben dem Herrn Tiger des Theaters Con Cuore, der unter anderem noch in München, Ebersberg, Oberhaching oder Starnberg wild werden darf, stehen in den kommenden Wochen zahlreiche weitere Stücke aus Figuren-, Schatten- und Tanztheater sowie Aufführungen mit Farbenspielen auf dem Programm. "Da ist bestimmt für jeden etwas dabei", verspricht Hölzer.

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