Naturschutz:Kahlschlag am Mittlere-Isar-Kanal

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Alles abgeholzt worden ist auf dem Damm des zum System des Mittlere-Isar-Kanals gehörenden Zubringerkanals unweit des Teichguts Birkenhof. (Foto: Michael Gaertner)

Ein Hobby-Ornithologe beklagt die radikale Entfernung von Bäumen und Büschen bei Ismaning. Der Kraftwerk-Betreiber Uniper begründet dies damit, dass die Wurzeln die Dämme schädigen. Und nun?

Von Sabine Wejsada, Ismaning

Keine Bäume mehr, keine Büsche und auch keine Sträucher - es sieht derzeit wirklich trostlos aus auf den Dämmen am Mittlere- Isar-Kanal und seinen Zubringern im Münchner Nordosten. Dort, wo Spaziergänger und Hobby-Ornithologen wie Michael Gaertner aus Ismaning bislang am Land und zu Wasser den Vögeln gelauscht und sie beobachtet haben, kreucht und fleucht derzeit kaum noch etwas. Er und seine Frau hätten bei ihrer jüngsten Runde ihren Augen nicht getraut - und seien entsetzt: alles abgeholzt.

Auf der Südseite eines Kanals an der Birkenhofstraße in Ismaning sei von dem einst wilden Bewuchs nichts mehr übrig, sondern nur noch "leerer Boden" zu sehen, beklagt er. Auf Vogelgezwitscher hoffe man dort nun vergebens. Was Gaertner als "Radika(h)lschlag" bezeichnet, ist nach Angaben der Uniper Kraftwerke GmbH das Ergebnis von Arbeiten zur Gehölzpflege, die seit Ende Januar an dem Kanalsystem zwischen Oberföhring und Moosburg im Kreis Freising unternommen wurden.

Hintergrund der Maßnahme ist laut Uniper die Sicherstellung der Verkehrssicherheit auf den Dammwegen. Trockenheit, Stürme, Krankheiten und Schädlinge wie das Eschentriebsterben oder der Borkenkäfer hätten dem Baumbestand "schwer zugesetzt", hieß es in der Ankündigung der Arbeiten. Deshalb hätten bereits im Herbst des vergangenen Jahres nach zwei größeren Stürmen Arbeiter mit schwerem Gerät anrücken müssen, um abgebrochene Äste und kaputte Bäume zu entfernen, so Uniper.

Außerdem war es laut Uniper nötig, stellenweise den Bestand an Bäumen auf den Dämmen und Deichen zu reduzieren, um die Sicherheit der Stauanlagen gewährleisten zu können. Große Wurzelteller von umgestürzten Bäumen könnten den Kanal und seine Einrichtungen empfindlich beschädigen. Alle Bäume in den genannten Abschnitten seien vorab von einem Förster sowie von Biologen begutachtet worden. Das anfallende Holz werde zu Hackschnitzeln verarbeitet und zur Wärmegewinnung verwendet.

Die mit den Naturschutzbehörden und dem Wasserwirtschaftsamt abgestimmten Arbeiten am Damm des zum System des Mittlere- Isar-Kanals gehörenden Zubringerkanals, die Gartner angesprochen hat, sollen spätestens am 30. April abgeschlossen sein, wie Uniper auf Anfrage mitteilt. Auf der rechten Seite südlich des Teichguts Birkenhof hätten laut Uniper auf einer Strecke von rund sechs Kilometern insgesamt 38 sogenannte Habitatbäume weichen müssen. Ihr Wurzelwerk habe die Festigkeit des Damms gefährdet. Auch im Sinne des Hochwasserschutzes müsse der Deich weitgehend gehölzfrei sein, damit er für Kontrollen befahrbar ist.

Statt Vögeln und Fledermäusen sollen künftig Insekten und Reptilien hier leben - aber keine Biber

Im Januar 2023 hat das Unternehmen nach eigenen Angaben noch gedacht, eben diese Bäume, in denen Vögel nisten und in deren Höhlen Fledermäuse Unterschlupf finden, retten zu können. Sie wurden seinerzeit nicht gefällt, nach der Brut- und Überwinterungsperiode wurden die Höhlen verschlossen, sodass ein Wiederbezug durch Vögel oder Fledermäuse nicht möglich war. Als Ausgleich zu den Fällungen wurden Nistkästen im benachbarten Teichgut aufgehängt.

Die zukünftig gehölzfreien Dammböschungen sollen sich laut Uniper trotzdem zu einem ökologisch attraktiven Lebensraum entwickeln: Mittel- bis langfristig könnten sich dort "hochwertige magere Vegetationstypen etablieren, die einen wertvollen Lebensraum für Reptilien und Insekten darstellen und die Biodiversität erhöhen". Der Damm wird außerdem auf einer Länge von zwölf Kilometern mit Biberschutzmatten versehen, damit der Nager keine Schäden anrichtet. Für beide Maßnahmen sind insgesamt mehr als 900 000 Euro veranschlagt.

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