Wirtschaft:Feldkirchen schießt Isar Aerospace auf den Mond

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Isar Aerospace wird ihre Raketen für den Transport von Satelliten nicht in Feldkirchen herstellen. (Foto: Claus Schunk)

Die Gemeinde steigt aus dem Rennen um die Ansiedlung des Raketenbauers aus. Im Rathaus ist man von der Hinhaltetaktik des Unternehmens aus Ottobrunn genervt.

Von Anna-Maria Salmen, Feldkirchen

Feldkirchen steigt aus dem Rennen um die Ansiedlung der Raketenfirma Isar Aerospace aus. Einstimmig hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Donnerstagabend beschlossen, die bisherigen Planungen zu verwerfen. Danach waren mehrere Produktionshallen auf einem Areal nördlich des Bahnhofs und westlich des Naherholungsgebiets Heimstettener See vorgesehen.

Im Frühjahr 2022 hatte das Unternehmen aus Ottobrunn verkündet, dass es einen neuen Standort für die Produktion seiner Raketen suche, und damit ein regelrechtes Buhlen zwischen mehreren Kommunen ausgelöst. Schnell warfen Ottobrunn, Taufkirchen und Haar den Hut in den Ring. Feldkirchen bekundete wenig später Interesse, konkretere Pläne wurden den Bürgern vor rund einem Jahr vorgestellt. Haar erhielt im Dezember schließlich eine Absage von dem Unternehmen, die restlichen Bewerber lässt Isar Aerospace seither in der Luft hängen. Wann eine Entscheidung fallen soll, ist unklar.

Diese Hinhaltetaktik ist den Feldkirchnern inzwischen zu unsicher, zumal der Zeitrahmen für die weiteren Schritte knapp ist: Bereits Anfang 2026 will Isar Aerospace laut Feldkirchens Bauamtsleiter Martin Schmidt-Roschow am neuen Standort mit der Produktion von Raketenteilen beginnen. Um die Hallen rechtzeitig bauen zu können, müsste die Gemeinde innerhalb kürzester Zeit den Flächennutzungsplan ändern und einen Bebauungsplan aufstellen. Das sei kaum zu schaffen, so Schmidt-Roschow - zumindest nicht rechtssicher.

Bürgermeister Andreas Janson (Unabhängige Wählervereinigung) wies auf ein weiteres Dilemma hin: Isar Aerospace fordere für eine Zusage ein bereits vorhandenes Baurecht. "Und wir wollen erst ein Ja, bevor wir Baurecht schaffen." Dieser Widerspruch sei kaum aufzulösen. Zudem könne man sich nicht sicher sein, ob die Raketenfirma tatsächlich komme - auch wenn die Gemeinde alle Voraussetzungen schaffe. Im schlimmsten Fall hätte Feldkirchen laut Janson eine "Riesen-Halle", die für eine andere Verwendung nicht geeignet wäre.

"Isar Aerospace bremst uns in allem, was wir machen, wieder aus", so der Rathauschef. Denn an die Ansiedlung von Isar Aerospace war bislang die Entwicklung eines völlig neuen Quartiers geknüpft. In Feldkirchen sucht man bereits seit rund 15 Jahren nach einer Möglichkeit, das früher für den Kiesabbau genutzte Areal nördlich der Bahnlinie wieder in den Ort einzubinden. Mit dem Raketenbauer glaubte man zuletzt, eine Lösung gefunden zu haben. Rund um die bis zu sechs Fabrikhallen von Isar Aerospace, in denen die Raketen für den Transport von Satelliten gefertigt werden könnten, sollten den Vorstellungen der Planer entsprechend Wohnungen, Erholungsflächen und soziale Einrichtungen entstehen.

Diese Pläne will der Gemeinderat nun nicht mehr vom Gutdünken der Raketenfirma abhängig wissen. Das Quartier mit Wohnungen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Sportflächen und Grünanlagen soll trotzdem entstehen, nur eben ohne die Fabrikhallen. "Isar Aerospace hat immer auf mehrere Pferde gesetzt", sagte Herbert Vanvolsem (CSU). Auf ein klares Signal habe Feldkirchen hingegen bis zuletzt vergeblich gewartet. "Wir sollten jetzt sicherstellen, dass wir die Entwicklung bekommen, die wir auf dem Gelände wollen." Ähnlich sieht es auch Michael Schön (UWV): "Wir haben immer versucht, die Forderungen von Isar Aerospace zu erfüllen." Wenn man jedoch keine verlässlichen Aussagen erhalte, müsse man eben einen Schlussstrich ziehen.

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Bei einem Besuch des schwedischen Botschafters konkretisiert Isar Aerospace seine Pläne für den ersten Raketenstart und unterstreicht, dass die Ottobrunner Firma demnächst umziehen muss. Wohin, will Geschäftsführer Josef Fleischmann dagegen nicht verraten.

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In der SPD-Fraktion macht das niemanden traurig, im Gegenteil: "Ich atme auf", sagte Verena Claudi-Weißig. Die Ansiedlung von Isar Aerospace wäre für sie "der größte Alptraum" gewesen. "Ich bin froh, dass wir uns von niemandem mehr auferlegen lassen, was wir bauen."

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