Gaststättengewerbe:Der Kampf um humane Preise für einen Schweinsbraten

Lesezeit: 4 Min.

Es sei wichtig, die Speisen zu "humanen Preisen" anzubieten, sagt Max Schmidramsl vom Hotel Gasthof Neuwirt. Der Wirt aus Ismaning hat sich freilich wie viele Kollegen dazu gezwungen gesehen, die Preise um zwölf Prozent anzuheben. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie zu Beginn dieses Jahres führt dazu, dass die Wirte vielerorts mehr verlangen. Sie und die Branchenvertreter hoffen darauf, dass Essengehen kein Luxus wird. Ein Blick in die Speisekarten im Landkreis München.

Von Carla Augustin, Landkreis München

Der Frust bei Wirten über die Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie von sieben zurück auf 19 Prozent lässt nicht nach. Im Gegenteil, am 1. Januar trat die Regelung in Kraft und die Auswirkungen beginnen sich jetzt in der Wirklichkeit zu konkretisieren. Aber nicht alle Gastwirte im Landkreis München geben die Kosten an ihre Gäste weiter.

"Wir legen das nicht um", sagt Holger Müller, Wirt der Waldeslust in Unterhaching. "Wir schauen erst einmal, wie sich das entwickelt." Bis Ostern wolle er voraussichtlich abwarten, wie die Lage weiter voranschreitet. Nachjustieren könne man schließlich immer. Aber bis jetzt erhöhe er weder die Preise, noch stelle er seine Speisekarte um. Denn die Einkaufspreise hätten sich wieder stabilisiert und seien nach der Corona-Pandemie zurückgegangen. Große Sorge, dass die Gäste wegbleiben, habe er nicht, aber er schränkt ein: "Das ist in den Köpfen der Leute drin." Auch wenn er die Preise nun nicht anhebe, in den vergangenen Jahren mit der Corona-Pandemie sowie den steigenden Energiekosten seien sie im Vergleich zu den Jahren davor natürlich schon angestiegen. Die abgebräunten Breznknödel auf Steinpilzragout und Salat kosten nun aber nach wie vor 17,50 Euro, das Cordon bleu mit Pommes und Salat 22,80 Euro.

Holger Müller, hier vor seinem Wirtshaus "Die Waldeslust" in Unterhaching, verzichtet erst mal auf eine Verteuerung der Speisen. (Foto: Claus Schunk)

"Die zwölf Prozent schlagen sich krass zu Buche", bewertet Petra Otto vom Gasthof Bauer in Feldkirchen die Lage etwas dramatischer. Sie hat die Erhöhung weitergegeben. Der Kostenpunkt sei so hoch, dass es nicht anders ginge. Und Abstriche an der Qualität der Lebensmittel, die zum Großteil regional und Bio seien, kommen für Otto nicht infrage. Sie wolle ihrer Philosophie treu bleiben. Wie sich die Preissteigerung auf die Kunden auswirkt, könne sie aber noch nicht sagen. Gerade im ersten Quartal seien die Gäste ohnehin sparsamer und zurückhaltender beim Essengehen. Den Schweinebraten hat sie allerdings als einziges Gericht preislich nicht erhöht. Der liegt weiterhin bei 18,80 Euro: "Der darf nicht über 20 Euro kosten!" Alle anderen Speisepreise aber habe sie anheben müssen. Die Käsespätzle mit Salat kosten nun 18,80 Euro statt vormals 16,80 Euro. Hochpreisige Gerichte, deren Preis sich jetzt auf mehr als 40 Euro belaufen würden, lässt Otto auslaufen und nimmt sie von der Karte. Sie hoffe, dass "die Regierung aufwacht" und nicht nur den Landwirten Zugeständnisse macht, sondern auch diese "absolut unrichtige" Entscheidung doch noch rückgängig macht.

Hat die Preise angehoben, aber der Schweinsbraten kostet noch unter 20 Euro: Geschäftsführerin Petra Otto im Restaurant Bauer in Feldkirchen. (Foto: privat)

Max Schmidramsl vom Neuwirt in Ismaning hat die zwölf Prozentpunkte der Mehrwertsteuer, die jetzt wieder dazu kommen, ebenfalls auf das Essen umgelegt - und im Einzelfall auch ein bisschen mehr. Somit kostet das Mittagsmenü nun 14,20 Euro statt vormals 12,20 Euro. Auch der Schweinebraten sei nun zwei Euro teurer als noch im Dezember, er kostet jetzt 15,40 Euro. Schmidramsl sei es wichtig, Speisen zu "humanen Preise" anzubieten. Die Preissteigerung sei den Gästen zwar aufgefallen, aber sie sei auch akzeptiert worden. Man müsse die Preisentwicklung selbstverständlich im Blick behalten, erklärt Schmidramsl. Erfahrungsgemäß werden die Zutaten wie Obst und Gemüse im Frühjahr jedoch etwas billiger. Dafür stünden aber noch die Umlagen der CO₂-Steuer aus. Er gehe davon aus, dass die Lieferanten diese und auch die Maut umlegen werden. Was der Wirt gar nicht versteht: wieso die Lieferservice-Unternehmen, Metzgereien oder auch Supermärkte, die Essen an Bistrotischen oder zum Mitnehmen anbieten, nach wie vor bei den sieben Prozent der Mehrwertsteuer bleiben dürfen. "Das ist ungerecht und ungleich", so Schmidramsl.

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Die Wirte des La Molisana in Neuried wollen lieber erst einmal abwarten. Wahrscheinlich sei es aber, dass man circa zehn Prozent aufschlagen müsse. "Das wären ungefähr 50 bis 80 Cent pro Gericht", erklärt Mario Montalto, einer der Wirte. Damit einhergehen würde dann auch der Druck einer neuen Speisekarte, bei der ebenfalls Kosten anfallen. Man müsse zudem die Kasse umprogrammieren und die Internetseite umstellen, erklärt Montalto, alles ein zusätzlicher Zeitaufwand. Die Produkte, zum Beispiel Mehl und Nudeln, seien mittlerweile mehr als doppelt so teuer, wie sie es einmal waren. Eine Pizza Prosciutto kostet derzeit 7,50 Euro, das Schweineschnitzel Wiener Art liegt bei 13 Euro.

"Das ist alles relativ knapp kalkuliert", erklärt Jens Heupgen, Wirt des Gut Keferloh in Grasbrunn, die Umlage der Mehrwertsteuer auf seine Gerichte. Noch mehr aufgeschlagen habe auch er aber nicht, nur die zwölf Prozentpunkte. Das Schnitzel kostet hier jetzt 28,70 Euro, rund drei Euro mehr als davor. Damit sieht er sich nach wie vor im "humanen" Preissegment. Sorge vor weiteren Preissteigerungen habe er aber erst einmal nicht, auch nicht durch die Lieferanten. Auf die einzelnen Produkte herunter gerechnet würden sich potenzielle Mehrkosten durch die CO₂-Steuer oder Ähnliches lediglich auf ein paar Cent belaufen. An Gästen habe er bisher nicht verloren, und: "Wir stoßen auf Verständnis bei den Gästen, die Essen gehen", sagt Heupgen in Bezug auf die erhöhten Preise.

Der Branchenverband geht davon aus, dass die große Masse der Wirte die Preise erhöht

Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, geht nach aktuellen Befragungen der Dehoga davon aus, dass die große Masse der Gastwirte die Erhöhung der Mehrwertsteuer an die Gäste weitergeben wird. Es gäbe in der Gastronomie "einfach wenig Puffer" um die Preissteigerung abzuwenden. Jeder Wirt müsse aber natürlich individuell kalkulieren und schauen, ob man beispielsweise in der Rezeptur noch sparen kann. Die Dehoga hatte im Dezember für den Landkreis München 57 Lokalschließungen prophezeit. Geppert versichert, dass der Verband alles dafür tun werde, genau das zu verhindern. Zudem sagt er: "Wir werden auch alles dafür tun, dass Essengehen kein Luxusgut wird." Es geht ihm auch darum, eine steuerliche Gleichbehandlung zwischen Essen im Stehen und im Sitzen herzustellen.

Dies sei seiner Ansicht nach das Hauptargument, dem in dem Diskurs keine Bedeutung geschenkt werde. Hier zu unterscheiden, sei ein deutsches Phänomen, 23 der EU-Staaten würden hier nicht differenzieren. Die Hoffnung, dass die Ampel-Regierung die "fatale Fehlentscheidung" zurücknimmt, hat er noch nicht aufgegeben. Die Dehoga stehe an der Seite der Bauern bei den aktuellen Großdemonstrationen und stehe für die Mittelschicht ein. Der Bund solle lieber sparen, anstatt zu versuchen, mit der Mehrwertsteuererhöhung Einnahmen zu generieren. Ansonsten hofft Geppert vor allem, dass die Gäste "weiterhin kommen und genießen."

In einer früheren Fassung war irrtümlich zu lesen, dass das Mittagsmenü im Ismaninger Neuwirt nur um die zwölf Prozent Mehrwertsteuer teurer geworden sei; tatsächlich handelt es sich bei der Anhebung von 12,20 auf 14,20 Euro aber um eine 16-prozentige Preisanhebung.

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