Arbeitswelt:Ausbildungs-Offensive in Mangelberufen

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Viele Eltern im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sind auf die Betreuung ihrer Kinder durch Tagespflegekräfte angewiesen. Fällt eine Tagespflegemutter aus, muss es laut Gesetz eine Ersatzbetreuung geben. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Der Landkreis München steckt mindestens 73 Millionen Euro in seine Berufsschule. Die Einrichtung muss modernisiert werden. Es geht aber auch um mehr Personal für die Betreuung von Kindern und Senioren.

Von Stefan Galler, Landkreis München

Dass die Staatliche Berufsschule München Land in Riem erweitert und auf den neuesten Stand gebracht werden muss, ist seit mehr als sechs Jahren bekannt. Nun konkretisieren sich die Planungen, und auch ein Datum für die Wiedereröffnung der Bildungsanstalt wurde zuletzt vom Ausschuss des Landkreises für Bauen und Schulen abgesegnet: Zum Start des Schuljahres 2026/27 soll die ausgebaute Berufsschule in Betrieb genommen werden. "Bei der Schule besteht dringender Modernisierungsbedarf", sagt Landrat Christoph Göbel (CSU) auf SZ-Nachfrage.

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Und auch eine deutliche Erweiterung des Hauses ist notwendig, wie Göbel ausführt: Einerseits hat das damit zu tun, dass sich in den vergangenen Jahren die Schülerzahlen in den Bereichen Haus- und Landwirtschaft nicht nur stabilisiert, sondern sogar wieder nach oben bewegt haben. Andererseits wird schlichtweg mehr Platz benötigt, weil als neuer Zweig der Berufsschule die Ausbildung von Fachkräften in der Kindertagespflege aufgebaut wird. Es werden neue Wohnungen für die Auszubildenden geschaffen, eine Einfachturnhalle plus Gymnastik- und Kraftraum und eine Maschinenhalle.

Genügend Platz für die Vergrößerung ist vorhanden, da der Landkreis bereits vor einigen Jahren das angrenzende Grundstück für 12,5 Millionen Euro gekauft habe, wie Göbel sagt. Zu diesen Ausgaben kommen die anvisierten Kosten für Erweiterung und Sanierung, die sich seit einer ersten Vorplanung 2018 fast verdoppelt haben: Laut einer aktuellen Grobschätzung schlägt das gesamte Projekt mit 73,4 Millionen Euro zu Buche, allerdings rechnet man im Landratsamt nach den jüngsten Erfahrungen mit einer jährlichen Steigerung um etwa acht Prozent pro Jahr, womit man bis 2025 schon bei 90,9 Millionen wäre. Zusätzlich ist eine Risikoreserve von 15 Prozent eingeplant - macht 104,6 Millionen Euro.

Landrat Christoph Göbel betont die Bedeutung von Investitionen in die Bildung. (Foto: Claus Schunk)

Für Landrat Göbel sind diese Dimensionen nicht überraschend: "Damit muss man heute rechnen, allerdings ist wegen der steigenden Zinsen auch nicht auszuschließen, dass die Baukosten in den nächsten Jahren wieder sinken." 40 bis 50 Prozent Preissteigerung innerhalb weniger Jahre seien jedenfalls aktuell ein ganz normaler Vorgang, so Göbel: "Die 34 Millionen Euro, mit denen wir 2018 für die Berufsschule geplant haben, sind weniger als die aktuell veranschlagten 74 Millionen." Generell steht er weiterhin voll hinter dem Kurs, die Bildungseinrichtungen im Kreis auf Vordermann zu bringen: "Wir wollen die Spielräume, die wir jetzt haben, unbedingt nutzen. Das wird sich später auszahlen."

Hauswirtschaftliche Dienstleistungen werden wichtiger

Die anderen politischen Kreisvertreter gehen den Kurs des Landrats vorbehaltlos mit, vom Ausschuss wurde die Vorplanung jedenfalls ohne Gegenstimme gebilligt. "Unsere Investitionen in die Gymnasien liegen doch auch bei 100 Millionen aufwärts", sagt SPD-Fraktionschef Florian Schardt der SZ. "Es ist absolut richtig, für Berufsschüler etwas zu tun, denn auch die Handwerksberufe und Dienstleistungen verdienen Wertschätzung. Wir brauchen gut ausgebildete Leute an allen Ecken und Enden", so der Sozialdemokrat weiter. Und der Landrat ergänzt, dass sich vor allem im Bereich Hauswirtschaft das Berufsbild in jüngster Zeit deutlich verändert hat: "In einer immer älter werdenden Gesellschaft spielen hauswirtschaftliche Dienstleistungen auch für die Pflege zu Hause eine größere Rolle."

Florian Schardt betont die Bedeutung des Handwerks. (Foto: Claus Schunk)

Es soll jedenfalls nicht am falschen Ende gespart werden: Für den Erweiterungsbau ist eine Holzhybridbauweise vorgesehen, die den Preis aktuell laut Göbel um fünf bis sechs Millionen gegenüber einem Stahlbeton-Bau nach oben treibt, die aber eben auch energetisch vorteilhaft ist und die Realisierung des Baus beschleunigt. Auf eine Tiefgarage für die Schule wiederum wird verzichtet, die erforderlichen rund 60 Stellplätze werden oberirdisch errichtet und möglichst versiegelungsarm ausgeführt. Sie sollen wechselweise mit dem benachbarten Pferderennverein Riem genutzt werden. Dafür bleibt die Schaffung von Wohnraum für Referendare, junge Lehrkräfte und volljährige Auszubildende weiterhin Teil des Projekts - und das trotz der Skepsis der Planer wegen der schwierigen verkehrlichen Erschließung und der Nähe der Wohnungen zur Schule. Göbel argumentiert, dass die Möglichkeit einer Unterbringung angesichts hoher Mieten die Berufsschule für Lehrer und Schüler von außerhalb der Region attraktiver mache.

Um nicht in wenigen Jahren wieder an die Belastungsgrenze zu stoßen, soll das Untergeschoss des Gebäudes so ausgebaut werden, dass dort problemlos weitere sechs bis sieben Klassenzimmer und zusätzliche Fachräume entstehen können. "Der Vorteil ist, dass diese Räumlichkeiten unterirdisch sind und deshalb nicht auf die Geschossfläche angerechnet werden", sagt Göbel.

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