Autobahn A99:Halbzeit beim Mammutprojekt

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Linksverkehr: Noch fahren alle Autos zwischen Aschheim/Ismaning und Kirchheim auf jeweils drei Spuren der A99 links vom Mittelstreifen - dieses Phänomen wird in den nächsten drei Wochen auf rechts gedreht. (Foto: Sebastian Gabriel)

Der 3,5 Kilometer lange zweite Ausbauabschnitt des Autobahnrings zwischen Aschheim/Ismaning und Kirchheim ist in südlicher Richtung fertiggestellt. Bis Herbst 2024 soll die Straße auch nach Norden breit genug sein, um den Verkehr achtspurig rollen zu lassen.

Von Stefan Galler, Kirchheim/Aschheim

Der Blick von einer Autobahnbrücke hinunter auf die rasenden Fahrzeuge ist immer beeindruckend. Schaut man an jener Stelle in der Nähe des Aschheimer Gewerbegebiets Südost, wo die Erdinger Straße als neue Überführung die A99 überquert, in Richtung Süden, dann bietet sich ein kurioses Bild: Die Autos fahren nur links von der Mitte, je drei Spuren dichtgedrängt in südlicher und nördlicher Richtung. Rechts ist die Autobahn fast völlig leer, nur sehr vereinzelt rollen Baustellenfahrzeuge über den Asphalt. Doch genau das wird sich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch grundlegend ändern, dann nämlich wird der Bauabschnitt in Richtung Salzburg auf der 3,5 Kilometer langen Strecke zwischen den Anschlussstellen Aschheim/Ismaning und Kirchheim in Betrieb genommen.

Allerdings ist damit erst die Hälfte des Ausbaus geschafft. Ziel ist schließlich, die täglich von bis zu 165 000 Fahrzeugen genutzte A99 wie schon zwischen dem Kreuz Nord und Aschheim/Ismaning auch in diesem Bereich achtspurig auszubauen. Als nächstes ist der Teil in nördlicher Richtung an der Reihe. Dazu wird parallel mit Anpassungs- und Restarbeiten in den nächsten drei bis vier Wochen schrittweise die Verkehrsführung durch die Baustelle umgebaut, im Zuge dessen erfolgt dann die Umleitung der aktuell sechs Fahrspuren auf die neue Fahrbahn. Dann wird in Richtung Nürnberg gebaut - bis Ende 2024 soll die Fahrbahn in beiden Richtungen fertig sein und der Verkehr achtspurig rollen. Und das mit der Option, in Stoßzeiten jeweils auch noch den Seitenstreifen zu öffnen. "Unser Ziel ist es, in etwa bis zum Oktoberfest 2024 fertig zu werden", sagt Daniel Käufl, der für die Autobahn GmbH des Bundes das Gesamtprojekt leitet.

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Die Zahlen zu diesem Mammut-Umbau sind schon jetzt beeindruckend: 200 000 Tonnen Asphalt wurden eingebaut und 200 000 Kubikmeter Erde bewegt. Dazu wurden drei Bauwerke errichtet: Abgesehen von der Überführungsbrücke Erdinger Straße musste auch die Querung an der Staatsstraße 2082 direkt an der Anschlussstelle Kirchheim erneuert werden; ebenso die Autobahnbrücke über die Weidachstraße/Am Abfanggraben. Vor allem die fehlende Brücke an der Erdinger Straße machte den Anwohnern zu schaffen. Fast ein Jahr lang fehlte eine Hauptverbindung zwischen den Gemeinden Kirchheim und Aschheim. "Da waren die Wege schwierig", sagt Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU), der sich den Ortstermin an der Autobahn nicht entgehen lässt, schließlich ist er als Landtagskandidat mitten im Wahlkampf. Die Kommunikation zwischen den Nachbarkommunen habe aber trotz dieser Unwägbarkeiten nicht gelitten, beeilt sich der Rathauschef zu betonen. Zumindest Schüler und andere nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer sind hin und zurück gekommen, es wurde eigens eine Behelfsbrücke für Radfahrer und Fußgänger errichtet.

Kirchheims Bürgermeister und CSU-Landtagskandidat Maximilian Böltl macht sich selbst ein Bild von dem Fortschritt der Arbeiten, die seine Gemeinde beeinträchtigen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Doch nicht nur mächtige Hochbauten gehören zu so einem umfangreichen Projekt. Zunächst einmal muss gegraben werden. Also begann man bereits 2020 damit, den Boden in der unmittelbaren Umgebung abzusuchen nach Kampfmitteln und archäologischen Reliquien. Und wurde prompt fündig: Unmittelbar neben der Anschlussstelle Kirchheim schlummerte eine 250-Kilogramm-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg in der Erde, ein paar Hundert Meter weiter gruben die Sachverständigen fast 1000 Gegenstände aus, die daran erinnern, dass hier im ersten Jahrhundert nach Christus eine Römerstraße verlief.

"Für den gesamten zweiten Bauabschnitt sind 100 Millionen Euro veranschlagt - diese Kosten werden eingehalten."

Dass die Baumaßnahmen in diesem zweiten Abschnitt der A99-Verbreiterung zur Hälfte erledigt sind, sei keine Selbstverständlichkeit, findet Gesamtprojektleiter Käufl. Immerhin habe in den vergangenen Jahren nicht nur Corona für Verzögerungen gesorgt, auch die Gründung der Autobahn GmbH habe ein paar bürokratische Hürden bereitgehalten. Doch trotz aller Hemmnisse, auch was Fachkräftemangel und gestörte Lieferketten angeht, kann Stephan Geuder, der Leiter der für den Ausbau zuständigen Außenstelle München-Maisach der Autobahn GmbH, nicht ohne Stolz verkünden: "Für den gesamten zweiten Bauabschnitt sind 100 Millionen Euro veranschlagt - diese Kosten werden eingehalten." Man liege auch bislang exakt im Plan, 50 Millionen seien bis dato ausgegeben worden.

Und zwar nicht nur für die Brücken und Straßen, sondern auch für den Lärmschutz, wobei sich hier die Gemeinde Kirchheim mit eingebracht hat, wie Bürgermeister Böltl unterstreicht: Um nicht nur die gesetzlich vorgeschriebenen fünf Meter hohen Seitenwände zu bekommen, investierte die Kommune 600 000 Euro - weshalb der Wall nun auf Höhe der Wohnbebauung sieben Meter hoch ist. Im weiteren Verlauf sollen eigens aufgeschüttete Hügel und eine dichte Aufforstung für natürliche Lärmminderung sorgen.

Apropos Natur: Auch wenn man es beim achtspurigen Ausbau einer Autobahn kaum glauben mag, spielt die Nachhaltigkeit eine Rolle - nicht nur, was die Wiederverwendung von Beton und Brückenteilen angeht. Auch ein Fledermaus-Kollisionsschutz-Zaun soll in der nächsten Bauphase errichtet werden.

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