Kommunalwahl in Allach-Untermenzing:Erfahren im Bohren dicker Bretter

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Das alte und das neue Allach: Ein Investor will die ehemaligen Diamalt-Anlagen (links) in Loft-Büros umzuwandeln. (Foto: Alessandra Schellnegger)

In den Jahrzehnten zäher Zentrumsplanung am Oertelplatz haben die Lokalpolitiker einiges gelernt, das nun wichtig sein wird, wenn es um die Umwandlung der großen Industrieflächen Diamalt und Krauss-Maffei Technologies geht

Von Anita Naujokat

Der Umzug soll 2022 beginnen und bereits 2023 abgeschlossen sein. Laut Krauss-Maffei Technologies - nicht zu verwechseln mit dem benachbarten Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann - wird der Domizilwechsel von Allach nach Parsdorf eines der größten Firmen-Umzugsprojekte im Großraum München seit dem Umzug des Flughafens von Riem nach Erding werden. Auf dem 60 Hektar großen Gelände mit dem markanten Industriebau an der Ostseite des Allacher S-Bahnhofs werden keine Bereiche des Maschinenbauers mehr verbleiben. Krauss-Maffei ist nach eigener Aussage Mieter der Gebäude und hat derzeit noch einen laufenden, langjährigen Mietvertrag. Der Weggang des Unternehmens aus Allach ist eines der großen Themen in den kommenden sechs Jahren in Münchens 23. Stadtbezirk, mit dem sich der neue Bezirksausschuss befassen muss.

Was es für den Stadtteil bedeutet, kann auch die amtierende CSU-Stadträtin und Vorsitzende des Allach-Untermenzinger Bezirksausschusses (BA), Heike Kainz, noch nicht absehen. Sie hoffe aber, dass bei jedweder Neuansiedlung die umliegende Wohnbebauung nicht schlechter dastehen werde als bisher.

Das ebenfalls einstige Industriegelände der Diamalt-Werke im Norden auf der westlichen Seite der Bahn schien mit der bereits wachsenden Wohnbebauung nach vielen Jahren Planung bereits in trockenen Tüchern. Doch für die Lokalpolitiker wird es wohl eine neue Baustelle werden. Denn der Investor Isaria AG, der dort mehr als 700 Wohnungen erstellt, hat die verbliebenen denkmalgeschützten historischen Bauten der Suppenwürze-Fabrik und das Werkstättengebäude an die Optima-Aegidius-Firmengruppe veräußert. Diese plant nun, die ehemaligen Backpulver- und Malzanlagen in Loft-Büros umzuwandeln. Hinzukommen sollen auf den erworbenen 7400 Quadratmetern 25 Wohnungen sowie 91 Parkplätze für die Mitarbeiter der künftigen Loft-Mieter. Außerdem sollen neben dem öffentlichen Quartiersplatz auch eine Kindertagesstätte und ein Gemeinschaftsraum für die Nachbarschaft entstehen.

Die Herausforderung für den Bezirksausschuss wird laut Kainz darin bestehen, penibel darauf zu achten, dass alles auch wie zuvor geplant eingehalten wird, sprich, der indirekt davon berührte Quartiersplatz für die Öffentlichkeit auch ein solcher bleiben wird, und Einrichtungen wie Kita, Nachbarschaftstreff und eine belebende Gastronomie auch so kommen werden wie geplant und genehmigt. Denn ihre Erfahrung zeige, sagt Kainz, dass solche Projekte engmaschig begleitet werden müssten, bis sie fertig seien. Denn immer wieder täten sich Schaltstellen auf, die alles umzuwerfen drohten.

(Foto: SZ)

Beispiel Oertelplatz: Auf ihm hat der Stadtbezirk Allach-Untermenzing nach 50 Jahren Planung endlich ein erstes Zentrum. Doch immer wieder habe es geheißen, für eine Volkshochschule sei kein Platz, dann für die Filiale des Alten- und Service-Zentrums (ASZ). Und das sei Usus in jedem größeren Baugebiet, sagt Heike Kainz. "Dicke Bretter bohren" laute die Devise. "Wenn man bei jedem Nein die Flinte ins Korn werfen würde, könnte man gleich aufhören", sagt Kainz.

Doch die größte Herausforderung in den kommenden sechs Jahren wird neben der Schulentwicklung der Verkehr bleiben. Der Stadtbezirk wächst immens: 1600 neue Einwohner auf dem Diamaltgelände, 1200 neue Wohnungen auf dem Kirschgelände, 130 am Oertelplatz, 220 in der Hirmerei, 290 in der Gerberau, das Behr-Gelände soll entwickelt werden. Hinzu kommen jede Menge Nachverdichtungsprojekte privater Art. Wo bis vor Kurzem auf großzügigen Gartengrundstücken noch kleine Häuschen standen, dominieren bis zur Grundstücksgrenze mächtige Drei- und Vierspänner. Und auch an der Stadtgrenze im benachbarten Karlsfeld wurde kräftig gebaut. Mobilitätskonzepte dagegen fehlen seit Jahren. Wohngebiete fühlen sich vom Verkehr überrollt. Um Straßen zu verbreitern, fehlt oftmals der Platz. Zumindest ist jetzt ebenfalls nach vielen Jahren der Planung die Ludwigsfelder Straße als eine der Hauptachsen ausgebaut. Und mit der Expressbuslinie X 36, die erstmals auch die Waldkolonie an das öffentliche Verkehrsnetz anbindet, besteht Anschluss an das Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) und die U-Bahn-Linien U 1 und U 3. Dennoch ist und bleibt die wichtigste Verbindung in die Innenstadt, die S 2, notorisch überlastet.

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Handlungsbedarf sieht Heike Kainz auf allen Ebenen: in der Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs, im Ausbau von Radwegen, einer Verlängerung der Straße über das Junkersgelände bis nach Karlsfeld. Eine Entlastung verspricht sie sich von einer neuen S-Bahn-Pendlerstrecke von Karlsfeld zum BMW-Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) und zum Euro-Industriepark - nicht zu verwechseln mit dem im Gespräch befindlichen Nordring -, die noch vor der zweiten Stammstrecke, nämlich 2025, fertig werden könnte. Auch deshalb sei ein Parkhaus für Autos und Fahrräder am S-Bahnhof Karlsfeld notwendig, sagt Kainz. Profitieren werde der Stadtbezirk auch von der zweiten Stammstrecke, ist sie überzeugt. Diese bringe in einer Parallele Pendler an Allach vorbei in die Innenstadt und entlaste die jetzige S 2. Und Radwege westlich der Würm gebe es bereits: Sie müssten nur besser ausgebaut, Lücken geschlossen und Querverbindungen mit ein paar Brücken zur Eversbuschstraße geschaffen werden. Wiewohl sich der Bezirksausschuss das ganze Radwegenetz anschauen müsse.

Bei allen kommenden Aufgaben an Infrastruktur und Neubauten dürften - auch das ist Heike Kainz wichtig - die Grünverbindungen nicht vergessen werden, müsse noch der Gartenstadt-Charakter des Viertels präsent bleiben.

© SZ vom 14.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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