Geburtstagsprojekt:Rückkehr des Kampfkünstlers

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Trompeter Johannes Faber hat lange ein typisches Jazzer-Leben mit starken Ausschlägen geführt. (Foto: Ssirus Pakzad)

Zu seinem 70. bringt sich der Jazz-Trompeter Johannes Faber wieder in Erinnerung.

Von Oliver Hochkeppel

Es ist noch nicht so lange her, da gehörte Johannes Faber in München zur Prominenz, als Musiker wie als Veranstalter und Moderator. Bis er vor zehn Jahren nach Italien zog. Jetzt aber, zu seinem 70. Geburtstag, den er am 7. November begeht, bringt sich der Mann mit dem markantem Trompeten-Ton, der nicht minder markanten Stimme und dem noch markanteren, von keinerlei Haaren verdeckten Gesicht in seiner alten Heimat wieder in Erinnerung. Ein ambitioniertes Projekt hat er sich zum Geburtstag geschrieben und heuer in München aufgenommen: Das Album "Blue Micol" mit 16 Titeln für ein Doppel-Quartett, die Hälfte in der klassischen Jazz-Besetzung, die andere mit Streichern. Dreimal wird er das im November auch live präsentieren.

Gleich mehrere Kreise schließen sich mit "Blue Micol". Alte Jazz-Vorlieben verbinden sich mit italienischen und klassischen Einflüssen, "denn ich habe dort in den vergangenen Jahren vermehrt für klassische Klangkörper geschrieben," berichtet Faber. Und es ist nicht nur eine Heimkehr nach München, sondern auch das Wiederaufleben seines Quartetts mit Jan Eschke am Klavier, Thomas Stabenow am Bass und Matthias Gmelin am Schlagzeug. Faber ist ja gebürtiger Münchner, und hat hier früh zur Musik gefunden: "Mein Vater Joachim war Komponist, ich habe die Musik also quasi mit der Vatermilch eingeträufelt bekommen." Er begann mit Blockflöte und Klavier - das er ebenfalls ausgezeichnet beherrscht, manchmal bei Auftritten spielt und an dem er auch komponiert -, entscheidend aber wurde seine Begeisterung für die Blaskapellen im Englischen Garten. Vor allem die Trompeten faszinierten ihn so, dass er sich die ersten Hörner mit Schläuchen, Trichtern und Mundstücken vom Flohmarkt selber baute. Folgerichtig nahm er am Münchner Richard-Strauss-Konservatorium ein klassisches Trompetenstudium auf. Um zum für ihn spannenderen Jazz wechseln zu können, ging er erst nach Graz, dann ans Berklee College of Music in Boston.

Die Jahre mit der NDR Bigband waren seine Blütezeit als Musiker

Zurückgekehrt spielte er bald mit den Größen der Szene von Mal Waldron bis Dusko Goykovich. Eine enge Partnerschaft entwickelte sich mit Thomas Stabenow, auf dessen Label er mehrere Alben veröffentlichte. Aber auch für Konstantin Wecker spielte er später, vielseitig wie er ist. Und doch ging er seiner Heimatstadt schnell wieder verloren, schon 1980. Da zog er als Solist und Komponist in Erwin Lehns Südfunk-Tanzorchester nach Stuttgart. Zehn Jahre blieb er, um sich danach für sechs Jahre der NDR Bigband anzuschließen, verbunden mit einer Professur an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Diese Bigband-Jahre waren seine Blütezeit als Musiker. Er spielte mit internationalen Stars wie Chaka Khan, Anthony Jackson oder Dado Moroni, in Wolfgang Dauners europäischer Supergroup United Jazz & Rock Ensemble und bei Peter Herbolzheimers Rhythm Combination and Brass. Auch mit einer eigenen Band war er erfolgreich, seinem Consortium, herausragend besetzt mit Billy Cobham, David King, Christof Lauer und Jörg Reiter.

Ein Schädelbruch bedeutete dann eine Zäsur. "Ich war zwei Jahre aus dem Verkehr, zog mich in eine Dachmansarde zurück und spielte nur noch Klavier," erzählt er. Für eine unerwartete, eine Münchner Wendung seiner Karriere sorgte dann im weitesten Sinn die Familie. Sein Schwager, der österreichische Schauspieler Kurt Weinzierl, beschäftigte sich seit Jahren mit dem Wilderer-Stoff des bayerischen Hiasls und gewann Fabers Mutter - eine Schriftstellerin, die auch Kinderbücher verfasst hatte -, dafür, den Text für sein Stück zu schreiben. Und Faber selbst für die Musik. Mehr noch, am Ende ließ Weinzierl nicht locker, bis er Faber überredet hatte, auch die Hauptrolle zu übernehmen. Also debütierte Faber 1998 als Schauspieler am Gärtnerplatztheater, gleich in der Haupt- und Titelrolle des "Hias". In der Spielzeit darauf schloss sich die Rolle des Sarastro in Mozarts Zauberflöte an. "Ich habe diese Zeit auch genutzt, um sehr häufig ins benachbarte Voglers zu gehen, dort einzusteigen und wieder anzufangen, auf der Trompete zu leben."

Mit 70 und in seiner Wahl-Heimat Italien hat Johannes Faber mehr Ruhe gefunden. (Foto: Hans Visser)

Der damalige Gärtnerplatz-Intendant Klaus Schulz fügte schließlich Fabers Talente zusammen und beauftragte ihn mit einer Konzert-Reihe "Jazz im Gärtnerplatz". Faber eröffnete sie am 11. Januar 2000 mit seinem neu aufgelegten Consortium, 65 Abende mit Stars wie Toots Thielemanns, Herbie Hancock, Regina Carter oder Lynne Arriale, aber auch mit vielen Nachwuchstalenten schlossen sich in den folgenden zwölf Jahren an. Stets führte Faber in die Konzerte ein, moderierte und spielte am Ende ein, zwei Nummern mit. In den ersten Jahren stets ausverkauft, entwickelte die Reihe Kultstatus, bis die Begeisterung - auch weil andere Klassiktempel nachzogen - nach und nach abebbte. 2012, kurz bevor das Haus ohnehin für Jahre wegen Renovierung geschlossen wurde, war Schluss. Wie gerufen kam da eine Professur am Conservatorio Nicolo Paganini in Genua, in Italien hat Faber zu mehr Muße gefunden. Doch jetzt zum 70. kommt der "alte Kampfkünstler", wie er sich nennt, noch einmal zurück.

Johannes Faber & Mesconia Quartett, Di., 15, Nov., 20 Uhr, TamS , Haimhauserstr. 13a; Johannes Faber & Das Quartet, Do., 17. Nov., 20.30 Uhr, Birdland , Neuburg an der Donau; Fr., 18. Nov., 20 Uhr, Pelkovenschlössl , St.-Martins-Platz 2

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