Schauplatz:Der "bayerische Eiffelturm"

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(Foto: BR/Sessner)

Auf dem 146 Meter hohen, hölzernen Ismaninger Sendeturm ruhten die Hoffnungen der Freiheitsaktion

Von Jakob Wetzel

Der 15. März 1983 ist ein trauriger Tag gewesen, nicht nur für die Ismaninger. An jenem Tag musste der Bayerische Rundfunk den "bayerischen Eiffelturm" sprengen lassen, aus Sicherheitsgründen. Das Holz, aus dem der Sendeturm im Nordosten von Ismaning bestand, war nach etwa einem halben Jahrhundert morsch geworden, eine Sanierung war zu teuer. Zuvor hatte der Turm eine gewisse Berühmtheit erlangt.

Als "letzter europäischer Holzsendeturm", so der BR damals, war er ein Industriedenkmal. Um ihn zu bauen, hatte man Pechkiefernholz in Südamerika geschlagen und in Gestalt von Flößen über den Atlantik gezogen. Und der Turm war eine Sehenswürdigkeit, ähnelte er doch in seiner Bauart dem Pariser Eiffelturm, auch wenn er mit 156 Metern nur rund halb so hoch war wie dieser, und auch wenn er von Besuchern nicht betreten werden durfte.

Doch er war ein Turm mit Geschichte: Im April 1945 ruhten auf ihm zumindest für ein paar Stunden die Hoffnungen der "Freiheitsaktion Bayern". Am Morgen des 28. April verbreiteten die Aufständischen um Rupprecht Gerngroß ihren Aufruf zur "Fasanenjagd", also zum Widerstand gegen die Nationalsozialisten, über den Sender Ismaning. Der 1934 dort aufgestellte Sendeturm hatte eine größere Reichweite als die Sendeanlagen in Freimann, die die Widerständler zuvor unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Von Ismaning aus konnten sie den Großteil des südlichen Bayern erreichen. Halten konnten sie den Sendeturm allerdings nicht.

Der "bayerische Eiffelturm" wurde wenige Tage später von der US-Armee besetzt. 1949 übernahm ihn der BR, der ihn bis 1969 nutzte. Seine letzten 14 Jahre war der Turm nur noch das Wahrzeichen des Senders Ismaning.

© SZ vom 28.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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