Isarvorstadt/Sendling:Stadtteilkulturzentrum "Luise" erwacht

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Luise ist ein Kulturort zum Mitmachen und Selbergestalten für zwei Stadtbezirke und darüber hinaus. (Foto: TobiasHase/Kulturreferat LHM)

Das neue, fünf Millionen Euro teure Stadtteilkulturzentrum unter Trägerschaft der Glockenbachwerkstatt nimmt seine Arbeit auf - vorerst ohne Besucher

Von Birgit Lotze, Isarvorstadt/Sendling

Als "Habenichtse und Kriegenichtse" hat der inzwischen verstorbene Lokalpolitiker Norbert Zimmer vor 15 Jahren in einem Vortrag vor Kulturschaffenden die Ludwigsstädter und Isarvorstädter bezeichnet. Da hatte man im Viertel bereits 15 Jahre um ein Stadtteilkulturzentrum gerungen. Doch was sich jetzt für Möglichkeiten eröffnen, damit hatte man damals nicht gerechnet: 800 Quadratmeter stehen nun den Menschen im Viertel für Engagement und Kultur zur Verfügung, gemeinsam mit den Sendlingern. Luise ist eines der größten Stadtteilkulturzentren der Stadt und wird gerade bezogen. Die Kisten sind ausgepackt, die Büros fast schon eingerichtet. Situiert ist das neue Kulturzentrum an der Ecke Ruppert- und Tumblingerstraße, dort, wo früher der Südbahnhof stand und später "Olga" ihre Wagenburg aufgebaut hatte.

Wann die Einweihung gefeiert wird, ist völlig offen. Wegen der Pandemie ist noch alles kontaktlos, der Start vorerst digital. An diesem Mittwoch, 17. Februar, findet eine erste Veranstaltung für Kinder statt, der "Erfindermittwoch", ein digitaler Workshop zum Thema 3D-Design und Druck. Leiterin Clara Holzheimer hat erste Programmpunkte und Projekte schon online gestellt. "DanceOn@home" soll ältere Menschen zum Tanzen bewegen, man müsse die digitalen Formen auch nutzen, um diejenigen, die vielleicht sonst keinen Zugang zum Kulturzentrum hätten, zu erreichen, sagt sie. In den vergangenen Tagen hat sie mit ihrer Kollegin Marie Franck 200 "Kreativpäckchen" für die Aktion "Luise pflanzt" gepackt, ein Willkommensgeschenk - Tontopf, Erde, Acrylfarben und Pflanzsamen. Luise funktioniert also schon: "Luise pflanzt" ist ein Gemeinschaftsprojekt mit den Alten- und Service-Zentren Sendling, Thalkirchen und Isarvorstadt und dem Verein Kulturraum, die beide Bezirksausschüsse fördern. Mitmachen kann jeder, der möchte.

Luise-Leiterin Clara Holzheimer (links) und Kulturreferent Anton Biebl. (Foto: Tobias Hase/Kulturreferat LHM)

Kulturreferent Anton Biebl sieht in dem neuen Zentrum die Chance, kulturelle Teilhabe zu stärken und Diversität zu leben: "Die Luise ist ein Kulturzentrum, das die lokale Kunst und Kulturszene ebenso einlädt wie engagierte Bürgerinnen und Bürger. Gemeinsam soll dort ein öffentliches Programm für alle entstehen." Die Resonanz sei bislang enorm, sagt Clara Holzheimer. Schon seit sie die Mail-Adresse eingerichtet habe, bekomme sie viele Anfragen - aus dem Bereich Förderung und ehrenamtliches Engagement und aus allen künstlerischen Sparten, aus dem nahen Umfeld. Es gebe auch eine Reihe von stadtweiten Anfragen - aus dem Laien-, aber auch aus dem hochprofessionellen Bereich. So werde sich das auch künftig im Programm niederschlagen.

Das Allerbeste am Kulturzentrum sei eigentlich der große Veranstaltungsraum, sagt Beate Bidjanbeg, die als Vorsitzende des Unterausschusses Kultur, Jugend, Soziales im BA 2 das Projekt maßgeblich vorwärts gebracht hat. Einen Raum für 200 Menschen gab es weder in Sendling noch in der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. So etwas bietet bislang nur die Gastwirtschaft "Zunfthaus" am Glockenbach an, doch diesen Saal betreibt die Metzgerinnung - Mietpreise privater Anbieter gelten für Kulturschaffende als kaum bezahlbar. Beate Bidjanbeg freut sich auf die neuen Möglichkeiten und die intensivere kulturelle Zusammenarbeit der beiden Stadtbezirke. Sie seien zwar durch die Bahnlinie getrennt, aber durch den Bauch von München, die Großmarkthalle und den Vieh- und Schlachthof, miteinander verbunden.

Korbinian Werner hat die lange Vorgeschichte gar nicht miterlebt, er ist noch neu im Sendlinger BA und noch neuer als Vorsitzender des Kulturausschusses. Er freue sich, dass alle die Kultur machten und umsetzten, jetzt eine "Andock-Möglichkeit" haben, einen zentralen Ansprechpartner und "Fachexpertise". Und auch er freut sich über die Räume, die für Lesungen, Kunstausstellungen, Konzerte und für den Unterricht genutzt werden könnten. Neben dem 250-Quadratmeter-Saal mit Bühne stehen vier weitere Räume mit einer Größe von 27 bis 70 Quadratmetern zur Verfügung. Eine Preisliste gibt es nicht. Das richte sich danach, was für eine Art Veranstaltung geplant sei, sagt Clara Holzheimer. Ein Verein, der kein Eintrittsgeld verlange, zahle eine andere Summe als private oder gewerbliche Nutzer. Die Räume würden leer vergeben, doch man könne sie auch mit Tischen und Stühlen ausgestattet mieten.

Thomas Filser ist Geschäftsführer der Glockenbachwerkstatt, die ihren Stammsitz, das Bürgerhaus an der Blumenstraße, ganz nah an der Stadtviertelgrenze hat. Er freut sich einfach darüber, dass der Glockenbachwerkstatt die Trägerschaft über das Kulturzentrum übertragen wurde. Die Lage zwischen Volkstheater und Bahnwärter Thiel sei toll, überhaupt das ganze Projekt "eine tolle Sache". Er will Clara Holzheimer vor allem "den Rücken freihalten", sie von Verwaltungsarbeit entlasten und Ansprechpartner für die Politiker sein. Die Glockenbachwerkstatt startete vor gut 40 Jahren - mit Kneipe und vielen Konzerten. Ein paar Jahre später richtete sie sich eine kleine Kinderbetreuung ein. Inzwischen betreibt der Verein 15 Kindertagesstätten überwiegend im Innenstadtbereich mit tausend Kindern. Auch als Plattform im Kulturbereich hat die Werkstatt kräftig ausgebaut: Sie ist auch Trägerin des Atelierhauses Baumstraße, des Quellenbunkers und der Schallhalle.

Noch kommt hier fast niemand hinein. Die neuen Räume des Stadtteilkulturzentrums sind dem Neubau der Berufsschule angegliedert. (Foto: Tobias Hase/Kulturreferat LHM)

Rund fünf Millionen Euro hat die Stadt für den Bau des Stadtteilkulturzentrums ausgegeben. Das entspricht sechs Prozent der genehmigten Gesamtbaukosten des Berufsschulzentrums für Erziehungsberufe, an das Luise architektonisch angegliedert ist. Mehr als 400 000 Euro jährlich will die Stadt an den Trägerverein überweisen, ein gutes Drittel davon ist für die Mietkosten vorgesehen, der Rest ist für Programm und Personal geplant. Clara Holzheimer hat eine Vollzeitstelle. Sie arbeitete vorher im Stadtteilkulturzentrum in Hadern, im Sommer organisierte sie dann mit der Glockenbachwerkstatt das viel beachtete "Kunst im Quadrat" auf der Theresienwiese - coronabedingt kontaktlos.

© SZ vom 16.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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