Haidhausen:Freikaufflächen für den Einzelhandel

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Grünen-Politiker bringen die Idee auf, Geschäfte könnten nach dem Vorbild der Schanigärten ihre Waren auf den Gehwegen anbieten.

Von Patrik Stäbler, Au/Haidhausen

Der Schanigarten stammt begrifflich aus Wien, wo sie den Kellner "Schani" rufen, was sich wiederum vom französischen Vornamen Jean ableiten soll. Im vergangenen Sommer hat das Wort in München eine erstaunliche Karriere hingelegt - wohl auch, weil die offizielle Bezeichnung "Freischankfläche" weit weniger sexy klingt. Nachdem Cafés und Restaurants in der Coronakrise ihre Außenbereiche auf Bürgersteige und auf Parkplätze ausgeweitet und diese Terrassen teils aufwendig geschmückt hatten, war jedenfalls allenthalben von den Münchner Schanigärten die Rede, die vielerorts sehr gut ankamen.

Geht es nach den Grünen im Bezirksausschuss (BA) Au-Haidhausen, dann soll das Konzept der Schanigärten nun auf eine weitere Branche ausgeweitet werden, die ebenso wie die Gastronomie unter der Pandemie leidet - nämlich den Einzelhandel. So wollte die Fraktion das Rathaus per Dringlichkeitsantrag auffordern, Bürgersteige und Parkplätze im Stadtbezirk für die Ausstellung von Waren freizugeben. Dies solle aber bloß Einzelhändlern ermöglicht werden, "die von den Schließungen im Lockdown betroffen waren oder sind", so der Antrag. Sprich: Ein Supermarkt dürfte keine zusätzlichen Wühltische vor den Eingang stellen - wohl aber der Modeladen eine Kleiderstange mit Jacken und Hosen.

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Nach längerer Debatte hat der BA entschieden, den Antrag noch mal in den Unterausschuss Wirtschaft zu verweisen, um ihn dort zu beraten. Den Grünen wäre es indes lieber gewesen, wenn direkt über ihren Vorstoß abgestimmt worden wäre - schließlich dränge die Zeit, wie Martin Wiesbeck darlegte. Ihm zufolge kam der Anstoß für die Idee durch die abermalige Verlängerung des Lockdowns bis zum 18. April. "Und danach ist sicher auch nicht Schluss", sagte Wiesbeck.

Er warb dafür, vor allem den Inhabern kleiner Läden unter die Arme zu greifen, "die vor Verzweiflung in Panik geraten. Da ist bei vielen nichts mehr unter der Matratze", sagte Wiesbeck. Ihnen wolle man es daher ermöglichen, ihre Waren im Freien zu präsentieren und zu verkaufen. "Click and Collect" und "Click and Meet" seien hilfreiche Konzepte. "Aber viele Leute kriegen das nicht mit, weil sie sich nicht in die Läden reintrauen", sagte Wiesbeck. Er betonte, dass die Anmeldung und Errichtung der Außenflächen analog zu den Schanigärten für Bewirtungsbetriebe ablaufen solle - "und unter Achtung der Mindestabstände für Fußgängerinnen und Fußgänger".

Dass der Einzelhandel Unterstützung brauche und verdiene - darin waren sich die BA-Mitglieder einig. Jedoch warnte Andreas Micksch (CSU) davor, "dass in der kompletten Weißenburger Straße der Bürgersteig zugestellt ist. Dann haben wir genau das Gegenteil erreicht, was wir wollen - denn dann ist da kein Platz mehr für Fußgänger". Überdies fürchte er um "das Bild von Haidhausen", sollten vor jedem Geschäft "Wühltische" aufgestellt werden, so Micksch.

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Dagegen plädierte Martin Wiesbeck dafür, "dass wir den Einzelhändlern Vertrauen entgegenbringen". Und er warnte: "Wenn wir nichts tun für die Leute, dann wird sich das Bild von Haidhausen sicher verändern - weil viele Geschäfte nach der Krise nicht mehr da sein werden."

Eher skeptisch auf den Vorstoß reagierte Nina Reitz (SPD). Sie nannte zusätzliche Außenflächen "im Prinzip weitere Lockerungen", die angesichts der aktuellen Pandemie-Entwicklung nicht angebracht seien. Zudem verstehe sie nicht, wieso die Grünen ihre Idee per Dringlichkeitsantrag eingereicht hätten. "Das Problem haben wir ja schon seit vielen Monaten", sagte Reitz. Sie schlug abschließend vor, den Antrag in den zuständigen Unterausschuss zu verweisen, was letztlich gegen die Stimmen der Grünen-Fraktion beschlossen wurde.

© SZ vom 27.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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