Musikalische Lesung:Mit komödiantischem Ernst

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Bei Lesungen wählt die Schauspielerin Gisela Schneeberger ihre Texte selbst aus - das schätzt sie an dem Format. Und den Kontakt mit dem Publikum. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Gisela Schneeberger gibt in der Pasinger Fabrik Ödön von Horvaths Fräulein Polling. Max Greger jr. begleitet sie am Klavier.

Von Oliver Hochkeppel

Gerade ist Gisela Schneeberger 75 geworden. Man mag das kaum glauben, wirkt sie doch immer noch so alterslos wie einst als Elli, das Gspusi von Helmut Dietls "Monaco Franze". Oder wie viel später als jugendliche WG-Rentnerin in "Wir sind die Neuen". Aber natürlich vor allem wie als Partnerin von Gerhard Polt im immer noch unerreichten Fernsehserien-Ereignis "Fast wia im richtigen Leben", in den gemeinsamen Filmen wie "Man spricht deutsh" und in den Kabarett-Theaterstücken wie "München leuchtet" oder "Diri Dari".

Ein Triumvirat sorgte da für die unter anderem mehrfach mit dem Grimme-Preis bedachten Triumphe. Schneebergers damaliger Ehemann Hanns Christian Müller schneiderte ihr als Co-Autor und Regisseur die Rollen auf den Leib, die sie so sehr zur nicht mehr wegzudenkenden Partnerin für Polt machten wie Evelyn Hamann für Loriot. Meist spielte sie leicht schrille, schnell pikierte Bayerinnen, wobei der gezielte und musikalische Einsatz des bairischen Dialekts sie zur "charakteristischsten Stimme unter den deutschen Schauspielerinnen" machte, wie die SZ gerade in einem Geburtstagsgruß schrieb.

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Die Umsetzung ins Mimische hatte sie gründlich gelernt, in der Schauspiel-Ausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule, gefolgt von einem mehrjährigen Engagement am Berliner Schiller-Theater. Schon da bewies sie, dass sie das ernste Fach ebenso beherrscht wie das komödiantische. Beides verbindet sich nun in Schneebergers Bühnenfassung von "36 Stunden - Die Geschichte des Fräulein Pollinger" nach dem sozialkritisch-satirischen Roman von Ödön von Horváth, die in der Pasinger Fabrik Premiere hat. Böse, tragisch, poetisch und satirisch zugleich wird die beschwerliche Suche einer jungen Frau nach dem kleinen Glück erzählt. Auf ihrem Weg durch ein von der Wirtschaftskrise gezeichnetes München begegnet das arbeitslose Fräulein Pollinger im Sommer 1928 unterschiedlichsten Männern. Eine Illusion nach der anderen zuplatzt in dieser scharfen Gesellschaftsstudie, trotzdem gibt sie nicht auf.

Zum Zwanzigerjahre-Szenario passt perfekt die musikalische Begleitung von Schneebergers Lesung: Die übernimmt Max Greger jr. am Klavier, mit Arrangements des rasanten frühen Swings der Zwanziger- und Dreissigerjahre. Greger ist prädestiniert dafür, folgte er doch stilistisch früh dem Vorbild seines Vaters, einem der "Kings of Swing". Nur dass Greger jr. sich fürs Klavier entschied (und das auch erst mal gründlich klassisch lernte) und nicht fürs Saxofon wie der Vater. Von Ausflügen ins frühe New Orleans, zum Hardbop und in den Hot Jazz abgesehen, sind seine Leitbilder die swingenden Legenden wie Count Basie, Duke Ellington, Oscar Peterson oder Erroll Garner. Wie nur noch wenige beherrscht er deren Stilistik, bis hin zur einzigartigen Virtuosität Garners.

Greger ist dann in der Pasinger Fabrik sozusagen Übernachtungsgast. Schon am Abend zuvor, also am Samstag, 4. November, tritt er mit seinem Trio und der Sängerin Eva Letitia in eigener Sache auf: "Jazz We Can" heißt sein Programm.

Gisela Schneeberger & Max Greger jr., So. 5. Nov., 15 Uhr, Wagenhalle Pasinger Fabrik, August-Exter-Str. 1, www.pasinger-fabrik.de

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