In akuter Lebensgefahr schwebte am Montag weiterhin ein 32 Jahre alter Bauarbeiter aus Rumänien, der am Sonntagabend im Germeringer See untergegangen war und nach etwa einer halben Stunde unter Wasser reanimiert werden konnte. Nach Angaben der Polizei hatte er sich zunächst mit mehreren Arbeitskollegen am Ufer gesonnt. Vom Steg der Wasserwacht soll er dann gegen 19 Uhr ins Wasser gesprungen und nach hektischen Schwimmversuchen kurze Zeit später untergegangen sein. Gegen 19.30 Uhr konnte ein Taucher der Münchner Berufsfeuerwehr den Mann in gut vier Meter Tiefe finden und ans Ufer bringen. Dort gelang die Wiederbelebung. Der Verunglückte wurde ins Klinikum Fürstenfeldbruck gebracht und im Schockraum weiterbehandelt. Am Montag schwebte er laut Polizei weiter in akuter Lebensgefahr. Das Klinikum wollte sich aus Datenschutzgründen nicht zum Gesundheitszustand äußern.

Florian Schuler spricht im SZ-Interview über die Erfolgsaussichten einer Reanimation nach einer halben Stunde unter Wasser und über das richtige Verhalten möglicher Augenzeugen solcher Unfälle. Schuler, 39 , ist bei der Wasserwacht des Bayerischen Roten Kreuzes Leiter der Germeringer Schnelleinsatzgruppe. Am Sonntagabend traf er gleich nach der Feuerwehr als erstes Wasserwachtmitglied mit der Qualifikation zur Einsatzleitung an der Unglücksstelle am Germeringer See ein und übernahm dort die Leitung.

SZ: 30 Minuten unter Wasser - wie kann man das überleben?
Florian Schuler: Das überlebt man nur unter wirklich idealen Bedingungen, wenn das Wasser möglichst kalt ist und man jung und körperlich leistungsfähig ist. Ich habe von einer Frau gehört, die in Norwegen eine halbe Stunde unter dem Eis überlebt hat, und das anscheinend ohne bleibende Schäden. Aber wie gesagt, so etwas sind Ausnahmen.
Mussten Sie am Germeringer See nach einem Badeunfall schon reanimieren?
Nein, ich bin jetzt seit 1993 bei der Wasserwacht, hatte aber persönlich noch keinen solchen Fall in Germering. Überhaupt war das an unserem See der erste gravierende Badeunfall seit Jahren. In anderen Seen sind allerdings, auch in Folge der Fluchtbewegungen von 2015, leider Menschen ertrunken. Hier kam es zu Einsätzen, bei denen Personen, welche schlecht oder nicht schwimmen konnten, die örtlichen Gegebenheiten unterschätzt haben.
Wie läuft eine Wiederbelebung ab?
Der Verunglückte muss natürlich möglichst schnell aus dem Wasser. Mit dem Beatmungsbeutel wird fünf Mal initial beatmet. Die professionelle Beatmung geschieht unter Zuführung von Sauerstoff. Dann versucht man im Zuge der Reanimation per Herzdruckmassage, einen Kreislauf zu erzeugen, der den Sauerstoff zu den Organen, dabei vor allem zum Gehirn, transportiert. Bei der Laienreanimation ohne Hilfsmittel steht natürlich im Regelfall kein zusätzlicher Sauerstoff zur Verfügung. Aber auch hier gilt es, so schnell wie möglich mit einer Wiederbelebung zu beginnen. Am besten natürlich, wenn man das in einem Ersthelferkurs zuvor bereits geübt hat.

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Wie sollte man sich als Augenzeuge verhalten?
Sofort den Notruf 112 wählen. Und vor allem die Stelle merken, an der die Person untergegangen ist. Das gelingt am besten, indem man von zwei Stellen, die man sich merkt, aus einen Punkt am anderen Ufer sucht, der in einer Linie mit dem Ort des Untergehens ist. Das ist besonders wichtig, wenn es schon etwas dunkel und das Wasser trüb ist, so wie im Germeringer See. Am Sonntag hat das gut funktioniert. Die vier Taucher konnten sich auf eine relativ kleine Suchfläche konzentrieren. Sofern jemand noch nicht untergegangen ist, können Augenzeugen natürlich versuchen, einen Rettungsring zuzuwerfen. Nur wer es sich zutraut und ein wirklich sehr guter Schwimmer ist, kann versuchen, zu einem Untergegangenen zu tauchen und ihn herauszuziehen. Auch deshalb, weil man sich dadurch selbst in Gefahr bringt, wenn jemand in Panik beispielsweise klammert.

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Wäre es für die ehrenamtliche Wasserwacht überhaupt machbar, am Germeringer See noch mehr präsent zu sein?
Wir sind an Feiertagen und an Wochenenden bei Badewetter vor Ort. Am Sonntag waren wir nicht da, weil wegen des kühlen Wetters kaum Badebetrieb war. Ohnehin lag der Unfallzeitpunkt außerhalb der Wachzeit, die bei Badebetrieb stattgefunden hätte. Die Wasserwacht ist aber auch dann immer erreichbar. Sie wird nach Auslösen eines Notrufs von der Integrierten Leitstelle alarmiert. Das funktioniert generell sehr gut. Auch bei der Ausrüstung gibt es ständig Verbesserungen, hier können wir bei der Suche nach vermissten Personen mittlerweile sogar auf eine Drohne zurückgreifen. Teilweise sind damit die Umrisse einer Person im Wasser zu erkennen. Am Sonntag hatten wir Hilfe von einem Rettungshubschrauber, um aus der Luft ein Bild der Lage zu bekommen.
Ausgerückt sind zu dem Einsatz am Sonntagabend Wasserretter und Rettungstaucher der BRK-Wasserwacht-Schnelleinsatzgruppen Germering und Fürstenfeldbruck, Taucher der Berufsfeuerwehr München, der Rettungshubschrauber Christoph Murnau sowie Helfer vor Ort aus Gilching, die Freiwillige Feuerwehr Unterpfaffenhofen und je ein Rettungswagen des Roten Kreuzes aus Aubing und Gilching.