Grundschulen im Landkreis Freising:Die Maske bleibt

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Eltern von Grundschülern fordern, den Mund-Nasen-Schutz im Unterricht abzuschaffen. Die Rechtslage lässt dem Landrat aber keinen Handlungsspielraum. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Eltern wenden sich an Landrat Helmut Petz mit der Bitte, den Mund-Nasen-Schutz im Unterricht abzuschaffen. Die Rechtslage lässt ihm aber keinen Handlungsspielraum.

Von Petra Schnirch, Freising

Wie es an den Schulen in der Coronakrise weitergeht, verfolgen die Eltern schulpflichtiger Kinder mit Sorge. Trotz steigender Infektionszahlen hält Landrat Helmut Petz (FW) vorerst am Präsenzunterricht fest. Ein Ärgernis ist für viele aber die Maskenpflicht auch für Grundschüler. Hunderte Eingaben hätten ihn dazu erreicht, sagt Petz, von Gegnern und Befürwortern. Deshalb wendet er sich nun in einem offenen Brief an die Eltern. Er habe großes Verständnis für deren Bedenken, schreibt er. Die geltende Rechtslage aber lasse ihm und dem Landratsamt in diesem Punkt keinen Handlungsspielraum.

Petz verweist auf die Siebte Infektionsschutzmaßnahmenverordnung der Staatsregierung. Demnach müssen bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner alle Schüler einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Im Landkreis liegt dieser Wert derzeit bei 131,53. Die generelle Maskenpflicht sei deshalb "zwingend". Ausnahmen seien nur bei einem "klar eingrenzbaren Ausbruchsgeschehen" etwa in einem Heim möglich oder bei gesundheitlichen Problemen. Alles andere wäre rechtswidrig, das habe die Regierung von Oberbayern bestätigt.

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Auch der Elternbeirat der Grundschule Vötting-Pulling verfolgt die Entwicklung bei den Corona-Infektionen mit Besorgnis. Oberste Priorität hat für die Elternvertreter, dass die Schulen für alle offen bleiben und nicht ein Teil der Kinder jeweils zu Hause bleiben muss. "Lieber mit Maske als kein Unterricht", sagt Andrea Hofmann, das sei ganz klar der Tenor an der Grundschule. Natürlich sei dies eine Belastung für die Kinder, gerade in der ersten Klasse erschwere ein Mund-Nasen-Schutz das Kennenlernen. Auch das Lesen- und Schreibenlernen sei deutlich schwieriger, wenn die Schülerinnen und Schüler das Gesicht des Lehrers, seine Mimik nicht sehen könnten. Ein fester Rhythmus, ein Klassenverbund sei für die Kinder jedoch wichtig. "Sonst rutschen viele wieder unten durch."

An der Anton-Vitzthum-Grundschule in Moosburg hätten viele Eltern die Maskenpflicht zunächst sehr skeptisch gesehen, räumt Elternbeiratsvorsitzende Nigar Tiryaki ein. Deshalb wollten sich eigentlich auch die Moosburger mit einem Brief an den Landrat wenden. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen im Landkreis habe man aber davon abgesehen, auch in Moosburg ist die Angst vor einer Rückkehr zum Homeschooling groß. Aus dem Kreis der Eltern kommen aber Forderungen, den Schultag für die Kinder verträglicher zu gestalten: So sollte auf Sportunterricht mit Maske verzichtet werden, heißt es aus dem Kreis der Eltern. Stattdessen sollten die Kinder regelmäßig ohne Mund-Nasen-Schutz nach draußen gehen und diesen zwischendurch während des Lüftens am Platz kurz abnehmen dürfen. Denn die Konzentration nehme mit Maske spätestens in der vierten Stunde ab, das habe eine Lehrerin bestätigt, schildert Nigar Tiryaki. An anderen Schulen beklagen Mütter, dass ihre Kinder unter Kopfschmerzen und Schwindel litten.

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Kerstin Rehm, Kreisvorsitzende des Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV), betont, dass der Landkreis gar keine andere Wahl habe, als auf einer Maskenpflicht zu bestehen, da diese von der Staatsregierung gefordert werde. Die Corona-Pandemie bezeichnet sie als "größte Herausforderung der vergangenen 70 Jahre". Deshalb gehe es jetzt darum, Verantwortung zu zeigen und solidarisch zu sein. Auch die Lehrerinnen und Lehrer müssten geschützt werden. Die Kinder "verhalten sich mustergültig und nehmen das sehr ernst", bescheinigt Rehm. Sie empfiehlt den Eltern, sich nicht über Masken aufzuregen, sondern die Kinder positiv zu stimmen und zu bestärken, achtsam zu sein. Bekomme man die Pandemie nicht in den Griff, würden die Folgen sehr bald sehr viel weitreichender sein. Die Armut würde steigen - betroffen wären dann auch Leute, die bisher gut gesättelt seien. Mutig findet Rehm im Übrigen, dass der Landkreis am Präsenzunterricht für alle bisher festhält.

Ihm sei bewusst, dass die Kritik an einer Maskenpflicht für Grundschüler nicht verstummen werde, schreibt Jurist Petz in seinem offenen Brief an die Eltern weiter. Der vorgezeigte Weg in unserem Rechtsstaat, rechtliche Bedenken gegen eine Verordnung vorzubringen, sei eine Normenkontrollklage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Entsprechende Eilanträge seien bisher aber erfolglos geblieben. Adressatin für politische Entwände sei die Staatsregierung.

Helmut Petz schließt den Brief mit dem Appell, dass alle im Umgang mit der Pandemie zu "vernünftigem, verantwortlichem Handeln aufgerufen sind". Je mehr jeder Einzelne zur Risikominimierung beitrage, "umso eher werden uns die für unser gesellschaftliches, wirtschaftliches und persönliches Wohlbefinden so dramatischen Einschränkungen erspart bleiben". Das gelte auch für die Maskenpflicht in Grundschulen.

Das komplette Schreiben des Landrats ist auf der Homepage des Landratsamts Freising abrufbar.

© SZ vom 03.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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