Campus in Freising:Parallelwelt mit Potenzial

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Der Campus soll für alle Bürger der Stadt da sein. Wie das gelingen könnte, dazu erarbeiten Studierende des Bachelor-Studiengangs Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung derzeit Vorschläge.

Von Petra Schnirch, Freising

Vor allem die Anwohner schätzen das Campus-Gelände für Spaziergänge mit und ohne Hund, die Kinder fahren im Winter Schlitten. Für nicht wenige Freisinger ist das riesige Areal aber ein blinder Fleck, sie haben wenig Berührungspunkte. Das soll sich möglichst ändern. Vorschläge, wie dies gelingen könnte, erarbeiten derzeit Studierende des Bachelor-Studiengangs Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung - einige ihrer Ideen könnten in einen Masterplan für die Freiflächen einfließen. Ganz wichtig ist Udo Weilacher, Professor für Landschaftsarchitektur und industrielle Landschaft an der TU München (TUM), auch die Nachbarn in den Prozess einzubeziehen.

Wie aber erreicht man diese in einem Corona-Winter? Eine erste Postkartenaktion fand nicht die gewünschte Resonanz und war offenkundig nicht breit genug gestreut, eine weitere soll nun folgen. Eine Online-Umfrage wird gerade ausgewertet. Um in Kontakt zu kommen, luden Udo Weilacher und eine Gruppe Studierender am Dienstag zu einem "Lagerfeuergespräch" in den Garten des Instituts für Landespflege und Botanik ein. Trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt harrten die meisten mehr als zwei Stunden aus, verfolgten die Präsentationen der Studierenden - ebenfalls im Freien - und teilten erste Wünsche mit. Weitere Ideen sind willkommen.

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Für mehr Leben soll der neue Gastrobetrieb neben dem "Rang" sorgen

Die Ausgangslage ist gut. "Es ist ein wahnsinnig schönes Gelände", sagte beispielsweise eine Anwohnerin. Das Allerwichtigste sei, dass es möglichst grün bleibe und "nicht zugepflastert" werde. Eine weitere Vöttingerin fand ebenfalls, dass der Campus "großes Potenzial" habe. Das Verkehrsaufkommen allerdings sei gerade für Kinder auf dem Weg zur Schule oder in die Stadt ein Problem. Eine Studentin sprach sich dafür aus, die Freiflächen möglichst nachhaltig zu gestalten - für Mensch und Tier. Eine weitere Studentin, die in einem nahegelegenen Wohnheim lebt, zeigte sich überrascht, dass die Freisinger den Freizeitwert des Campus so schätzen. Für sie und ihre Kommilitonen sei es dort abends und an den Wochenenden unattraktiv, weil überhaupt nichts los sei.

Für etwas mehr Leben soll demnächst der neue Gastronomiebetrieb neben dem "Rang" sorgen, der auch abends und an den Wochenenden geöffnet sein wird. Das aber wird nicht reichen. Studierende wie Anwohner wünschen sich mehr Veranstaltungen wie das "Kino am Rang". Dort gelingt bereits, was Udo Weilacher für die weitere Entwicklung anmahnt: Der Campus dürfe keine Parallelwelt sein, sondern müsse die Freisinger Bevölkerung einbeziehen.

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Einladender und offener durch ansprechende zentrale Verbindungsachsen

In ihren Präsentationen skizzierten die Studierenden ihre Ideen, die sie in den kommenden Wochen noch ausarbeiten werden. Einige der Vorschläge: Der bisher eher isolierte und zerklüftete Campus solle einladender und offener werden durch optisch ansprechend gestaltete zentrale Verbindungsachsen. Die Konzepte sehen mehr Plätze für Freizeit und Sport sowie für kulturelle Angebote und Events vor. Wichtig ist den Studierenden aber auch, die vorhandenen Biotope zu verbinden. Einige können sich vorstellen, Wohnraum nicht nur für Studierende zu schaffen, außerdem Co-Working-Spaces oder ein Parkhaus am Fuß des Weihenstephaner Bergs, um die vielen Parkflächen künftig anders nutzen zu können. Einige Teams empfehlen eine Nachverdichtung, um nicht weiter hinaus in die Fläche zu expandieren.

Die Anregung, dass sich die Studierenden mit einer nachhaltigen Entwicklung des Geländes in einem Studienprojekt auseinandersetzen, kam von Astrid Lux-Endrich, sie ist stellvertretende Standortleiterin der Immobilien-Abteilung an der TUM. Sie kennt den Campus seit vielen Jahren sehr gut. Da das Staatliche Bauamt einen Masterplan für die Gebäude erstellt, "haben wir gesagt, es wäre schön, wenn es so etwas auch für die Freiflächen gäbe", erklärt Lux-Endrich. Auf dem Campus sei viel Expertise vorhanden. Auch die Stadt soll eingebunden werden. Die Federführung soll beim Staatlichen Bauamt liegen - einige der Vorschläge der Studierenden werden sich in der künftigen Planung dann womöglich wiederfinden. Aktuell läuft gerade eine Bestandserhebung auf dem Gelände. Einen Masterplan befürwortet auch die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt.

Arbeitsplätze mit Wlan, Strom, Tischen, Stühlen und Sonnenschutz

Aber nicht nur Landschaftsarchitekten machen sich Gedanken über den Campus. Zu den Gewinnerinnen des Ideenwettbewerbs Academicus 2021 zählen Nicole Stöger und Felizitas Piller, beiden studieren in Weihenstephan Ernährungswissenschaften. Ihre Vorschläge: ein Outdoor-Hörsaal, also ein Ort, der für Lehrveranstaltungen unter freiem Himmel entsprechend ausgestattet ist, sowie "TUM goes outside" - Arbeitsplätze mit Wlan, Strom, Tischen, Stühlen und Sonnenschutz. Wie dies umgesetzt werden könnte, darüber wird an der TUM bereits diskutiert.

© SZ vom 10.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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