Im Furtnerbräu in Freising hat die Freisinger Linke am Donnerstagabend ihren Bundestagswahlkampf gestartet. Die 16 Anwesenden bekamen nicht nur den hiesigen Direktkandidaten, Nicolas-Pano Graßy, gleichzeitig Kreisvorsitzender der Linken und Freisinger Stadtrat, zu sehen und hören, sondern auch eine flammende und entsprechend beklatschte Rede der Linken-Bundestagsabgeordneten Nicole Gohlke.
"Die zentrale Frage des Wahlkampfes wird noch gar nicht ausgesprochen", stieg Gohlke ein, die seit 2009 ihren Wahlkreis München im Bundestag vertritt. Und diese Frage sei die, wie Tausende Geringverdiener, Ladeninhaber, Gastronomen, Künstler und Solo-Selbständige durch die Corona-Krise gekommen seien. "Einer Minderheit geht es gut, die hat sogar von der Krise profitiert, aber viele Tausende haben jetzt Schulden und wissen nicht, wie es weitergeht", betonte Gohlke. Deshalb frage sie sich immer, wer wohl gemeint sei, wenn konservative Politiker davon sprächen, dass "wir" gut durch die Krise gekommen seien.
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Bei der sozialen Ungleichheit folge Deutschland gleich hinter den USA und China, heißt es
Die von Gohlke zitierten Zahlen sehen anders aus: Mehr als 15 Millionen Deutsche leben in Armut, in Bayern sind fast 20 Prozent der Rentner von Armut bedroht, die Mieten steigen ins Unermessliche. Was die soziale Ungleichheit anbelange, so Gohlke, sei Deutschland weltweit ganz vorne, "vor Deutschland liegen nur noch die USA und China".
Hier will die Linke entgegen halten, zum Beispiel mit einem bundesweiten Mietendeckel, einem solidarischen Gesundheitssystem, in das alle einzahlen, einem Mindestlohn von 13 Euro, einer einmaligen Vermögensabgabe, die laut Gohlke nur 0,7 Prozent der Deutschen beträfe, und einer Vermögenssteuer ab einem bestimmten Einkommen. Alle, die bis 80 000 Euro im Jahr verdienen, würden aber entlastet, versprach sie und erinnerte: "Auch Besserverdienende profitieren von sinkenden Mieten und guten Schulen."
Kandidat für die Bundestagswahl:Mensch statt Kapital
Der Freisinger Kreisvorsitzende Nicolas Graßy soll für die Linke in den Bundestagswahlkampf ziehen. Sein Ziel ist es, die Politik seiner Partei in die Öffentlichkeit zu tragen, gegen Profitgier und für den Frieden einzutreten.
60 Prozent der Exporteinnahmen im Landkreis aus Rüstungsexporten
Wie sich Bundesthemen auf kommunaler Ebene spiegeln, zeigte Direktkandidat Nicolas Graßy auf. Bei den Rüstungsexporten etwa sei der Landkreis gut dabei, von den 1,4 Milliarden Euro, die hier aus Exporten erwirtschaftet würden, entfielen knapp 60 Prozent auf Rüstungsexporte, etwa durch die Firmen Eurojet oder Panavia Aircraft. Auch die soziale Ungleichheit ist hier zu sehen. 2003 habe es in Freising noch 1700 Sozialwohnungen gegeben, 2020 waren es noch 739. Und die Kaufkraft liege zwar über dem Bundesdurchschnitt, dafür "ist Freising bundesweit auf Platz 15 der teuersten Städte".
Für den ökologischen und klimagerechten Umbau der Wirtschaft ist auch die Linke, im Gegensatz zu anderen Parteien, betonte Graßy, sage sie auch klar, wie sie das finanzieren wolle. Die angesetzten 20 Milliarden Hilfsgelder im Jahr sollen unter anderem durch einen Fonds gedeckt werden, in den Unternehmen einzahlen. Auf diese legt die Linke auch den Fokus beim ökologischen Umbau. Denn der CO₂-Fußabdruck sei ähnlich ungleich verteilt wie die Vermögen. "100 Unternehmen stoßen 70 Prozent der weltweiten Emissionen aus, das hört man selten", so Graßy.