Freizeit:Erlebnisurlaub in der Halle

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Auf der "langen Insel" Dugi Otok in Kroatien geht es noch ein bisserl beschaulicher zu als auf den großen Tourismusinseln Rab oder Krk. (Foto: Boris Kacan/Free)

Die Freizeitmesse "Free" in München hält Informationen und Inspirationen für alle bereit, die ihren Alltag gerne aktiv gestalten. 750 Anbieter präsentieren Trends zu Reisezielen, Camping und Outdoorsport. Motorradfans sind auf der "Imot" richtig.

Von Michael Zirnstein

Reisen verspricht Erholung, aber Reisen bedeutet für viele erst einmal Stress, bevor es losgeht. Das selbstständige Buchen im Internet hat die Sache nur scheinbar erleichtert. Das Angebot ist schier unüberschaubar, Tricksereien der Anbieter mit Scheinrabatten und Zusatzgepäck (eigentlich inzwischen alles außer der Handtasche unterm Flugzeugsitz) und geschönte Fotos von überlaufenen Instagram-Hotspots führen den Erholungssuchenden weniger zum Ziel als in die Irre oder gar Verzweiflung.

Besser, man weiß genau, wo man hin will. Oder man bekommt Tipps von Leuten, die genau wissen, wo es langgeht. Auf der Münchner Messe Free von Mittwoch bis Sonntag, 22. bis 26. Februar, findet man solche Experten zuhauf: an den Ständen der 750 Aussteller von Reiseanbietern bis zu Fremdenverkehrsämtern und bei Vorträgen im Rahmen- und Bühnenprogramm.

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Natürlich wollen die Fachleute oft nicht nur selbstlos beraten, sondern auch verkaufen. Und genau dafür ist Bayerns größte Freizeit- und Reisemesse auch gedacht, als Marktplatz für den Verbraucher. Das heißt, abenteuer- oder erholungssuchende Gäste können Hotels und Flüge direkt buchen und Produkte vom Reiseführer übers Stand-up-Paddleboard bis zum Mountainbike erwerben. Wie auf der Vorgängermesse "C-B-R" (bis 2008) dreht sich in den sechs Hallen alles um "Caravan, Boot und Reisen", aber längst auch um Fahrräder, Outdoor und Fitness. "F.re.e" steht für Freizeit, Reise und Erholung, und wen das Wandern und Stöbern durch die sechs weiten Messehallen irgendwann zu sehr strapaziert, der kann sich aktiv in der Wasserlandschaft, auf den Fahrrad-Teststrecken und am Kletterturm entspannen oder von Gesundheitsexperten Erholungstipps geben lassen. Ein kurzer Erlebnisurlaub auf der Messe in Riem.

Reisen

Warum nach Indien reisen, wenn man sich auf der Messe in Riem auch ein Henna-Tattoo machen lassen kann? (Foto: Holger Rauner)

Warum in die allzu weite Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah: Partnerland der diesjährigen Free ist Kroatien. Das EU-Land ist schon lange ein beliebtes Urlaubsziel der Deutschen, gerade für die Bayern - von München aus ist man nach 500 Kilometern in nicht mal sieben Autostunden über der Grenze, an der seit dem Eintritt in den Schengen-Raum 2023 auch nicht mehr kontrolliert wird. Kroatien hat seit diesem Jahr auch den Euro, wer noch alte Kuna-Münzen besitzt, kann diese von März an nur noch in Kroatien umtauschen - noch ein Grund zur Rückkehr. Im "Land der 1000 Inseln" sind dann die Möglichkeiten mannigfach: vor allem für Segler, Schnorchler und Badefreunde - an meist kiesigen oder felsigen Adriastränden und in den Bergseen.

Wer sich für Geschichte und historische Architektur interessiert, kann zehn Stätten des Unesco-Welterbes besuchen: etwa den Diokletianpalast von Split, die Altstadt von Trogir und Dubrovnik, in deren pittoresken Mauern auch "Game of Thrones" gedreht wurde. Auch Wanderer und Naturliebhaber werden abgeholt: in acht Nationalparks in drei verschiedenen Klimazonen wie Nord-Velebit, Brijuni, den Kornaten-Inseln oder bei den berühmten Plitvicer Seen. Wo einst Winnetou im Kanu beim Dreh durch den Silbersee paddelte, raftet man heute im Schlauchboot durch die Schluchten.

Stillgestanden! An den Messeständen gibt es oft einen Vorgeschmack auf die Tradition, die Folklore und die Kulinarik der Reiseländer. (Foto: Holger Rauner)

Davon wird das kroatische Tourismusamt auch an seinem zentralen Stand und in Vorträgen auf den Bühnen berichten, es wird einen Vorgeschmack mit Folklore, Essen und Weinen (aus Dalmatien) geben; und auf der Leinwand des Free-Urlaubskinos wird ein Kroatien-Film gezeigt.

499 Reiseanbieter auf der Free haben Europa im Angebot, aber wenn das Fernweh größer ist: 36 vermitteln Reisen nach Afrika, 37 nach Asien, 53 nach Amerika, sechs in die Südsee, vier in die Arktis oder Antarktis, und es gibt auch wieder ein großes Angebot an Hochsee-Kreuzfahrten. Mit VR-Brillen lassen sich fast realistische 360-Grad-Einblicke gewinnen, Fluglinien bauen Abteile zum Probesitzen auf. Es gibt Filme und Multimedia-Vorträge von "Tansania für Selbstfahrer" über "Schimpansen und Gorillas in Uganda" bis "zum Top-Geheimtipp Nicaragua", das das inzwischen überrannte und kostspielige Costa Rica im Rennen um die "Perle Zentralamerikas" ablösen könnte. Am spannendsten aber sind lebendige Eindrücke auf der Messe: Japanische Trommler schlagen ihre Taikos, die Rottaler Mostkönigin stellt ihren Landkreis vor.

Vorträge und Show-Programm

Es braucht nicht viel zum Glück: Andreas Eller hat seine Hündin Lotte in sein zweirädriges Lastenrad gesetzt und ist losgefahren, von der mündungsfernsten Quelle der Donau im Schwarzwald bis zum Donaudurchbruch bei Weltenburg. Was das Gespann auf der 600 Kilometer langen Tour entlang der Donau erlebte, zeigt Eller mit Fotos, Filmen und Musikaufnahmen auf der Fahrradbühne der Free. Die Autorin Jasmin Böhm fand ihre Erfüllung bei einer dreijährigen Radtour von Offenbach quer durch Europa, nach Südspanien und bis Istanbul, mit ihrem anfangs zweijährigen Sohn. Von ihren Abenteuern erzählt die "Bikepacking Mom" im Vortrag "Hallo Glück, dich gibt's ja noch".

Der Bayerische Rundfunk präsentiert sich auf einer eigenen Bühne als Reise- und Wandersender quer durch alle Kanäle. Das "Rucksackradio-Team" interviewt Simon Messner, der nicht nur Sohn des Berge-Bezwingers Reinhold ist, sondern selbst "weniger extrem" und daher ein "Alpinist 2.0". Auf der "Blauen Couch" lässt Moderator Thorsten Otto Christine Thürmer Platz nehmen und erzählen (23.2., 12.40 Uhr), wie viel Energie ihr Schokolade für ihre bisher 60 000 zu Fuß eroberten Kilometer gegeben hat: Die "meistgewanderte Frau der Welt" stellt in ihrem Buch "Auf 25 Wegen um die Welt" Routen für jeder Gelegenheit und jeden Typ vor.

Gesundheitsexperten geben auf der Free Tipps zur Erholung und laden zum Mitmachen ein. (Foto: Holger Rauner)

Live von der Messe sendet "Wir in Bayern" - Michael Sporer interviewt die Wanderexpertin Nina Schlessner und den Allgäuer Koch Alfred Fahr, der schon in Südafrika Nelson Mandela bekochte und auf regionale Bio-Produkte setzt (25.2., 12 Uhr). Michael Düchs präsentiert "Bergauf-Bergab", wohl die dienstälteste Sendung ihrer Art, während der Alpinistinnen-Podcast "Bergfreundinnen" noch sehr frisch, aber schon überaus erfolgreich ist. Aber nicht für alle scheint immer die Sonne: Die Jugendwelle Puls berichtet in ihrem queeren Live-Podcast "Willkommen im Club", welche Anfeindungen die LGBTQ-Community noch immer beim Reisen im konservativen italienischen Hinterland erdulden muss.

Auf den ersten Blick erschließt sich nicht ganz, was die Stars der Bayern-Seifenoper "Dahoam is dahoam" wie Anita Eichhorn und Harry Blank mit Reisen am Hut haben, die am Samstag und Sonntag auf die Messe kommen. Aber ihr Fernsehdorf Lanzing steht im schönen Dachauer Land, und das immerhin stellt die Stadt Dachau mit dem Film "Natur erleben vor den Toren Münchens" vor.

Wassersport

An die Ruder: Auf der großen Seelandschaft können Messebesucher selbst paddeln. (Foto: Markus Brönner)

Es ist wirklich erstaunlich, wie sich die Messehalle A6 zur Free verwandelt: Dann erstreckt sich da eine Seenlandschaft mit Inseln und Büschen, auf der die Besucher in Kajaks und Kanadiern umherpaddeln, angeleitet vom Bayerischen Kanuverband. In einem eigenen Pool werden die neusten Stand-up-Paddleboards und SuP-Yoga ausprobiert; in einem anderen Becken kann man Schnorchelausrüstung testen und Schnuppertauchkurse absolvieren.

In einem eigenen Becken können die Gäste Tauchausrüstung testen oder in Schnupperkursen versinken. (Foto: Holger Rauner)

Wen es dann mit den ausgestellten Sport- und Segelbooten (gibt es zu "Messepreisen") in die Ferne zieht, der findet in Vorträgen Inspiration. Und altgediente Segler geben Freizeit-Skippern eine kostenlose Törnberatung für Exkursionen in die Karibik, um die Seychellen, in die Nordsee, um die äolischen Inseln - eigentlich auf allen Meeren der Welt.

Caravan und Camping

Die große Freiheit unter dem Messedach: Zahlreiche Hersteller bieten ihre Reisemobile auf der Free zum Probeliegen oder Kaufen an. (Foto: Holger Rauner)

Hotels waren geschlossen, Flüge abgesagt - Corona ließ daher die Nachfrage nach Wohnwagen und Reisemobilen explodieren. Selbst gebrauchte - und nicht nur die hippen T2-VW-Bullis - Fahrzeuge wurde nahezu unerschwinglich. Alle wollten auf einmal "1000-Sterne-Urlaub" unterm Himmels- und anderen Zelten machen - flexibel und Lockdown-sicher. So ein ausgebauter Minibus kann auf der Free schon mal 70 000, 80 000 Euro kosten, große Offroad-Luxus-Camper das doppelte und mehr - ob sich das lohnt, kann jeder beim Probeliegen selbst herausfinden. Aber hier finden sich auch Faltanhänger fürs Auto, Familien- und Wurfzelte, Campingboxen für den Kofferraum und Dach-Zelte, mit denen sich selbst der Familienkombi zum Safari-Wagen hochrüsten lässt.

Fahrrad-Trends

BMX- und Mountainbike-Profis zeigen in Shows, was sie können. (Foto: Holger Rauner)

Auch Fahrräder waren, während Maskenpflicht in den U-Bahnen herrschte, teure Mangelware, die Wartelisten für E-Bikes lang. Inzwischen haben die Händler ihre Lager gefüllt, auch mit neuen Modellen wie E-Bikes mit größerer Reichweite oder noch leichteren Rennrädern, die Hersteller wie Cube, KTM, Specialized, Kalkhoff, Kettler, Hercules aber auch Rad-Manufakturen auf der Free präsentieren. Vor dem Kauf - und erst recht, wenn man sich auf eine organisierte Radreisen begeben will - können die Räder ausgiebig getestet werden: Es gibt eine große Radstrecke für E-Bikes, Citybikes, Lasten- und Spezialräder, auf der man seinen Radtyp ermitteln und Sattel, Schaltung und Stoßdämpfer vergleichen kann.

Ja, mir san zum Radeln da: Die aktuellen Geräte vieler Hersteller stehen auf der Free zum Testen bereit. (Foto: Holger Rauner)

Der ADFC (Verband der deutschen Radfahrer) bietet ein Fahrtechniktraining an, eine offene Werkstatt gibt Reparaturtipps. Mountainbikes kann man in einem eigenen Hindernis-Parcours auf ihre Belastbarkeit und ihr Handling überprüfen, hier zeigen auch Profis des Olympiateams jeden Tag BMX-und MTB-Shows und laden zu Trainingseinheiten ein. Beliebt gerade bei jüngeren Free-Gästen sind auch die wilde Runden und Sprünge - auch für Roller und Skateboards - über die Pump-Track und auf dem Gorilla-Playground.

Auf der Pumptrack kann man sich mit Rädern und Rollern in die Kurven legen. (Foto: Holger Rauner)

Motorradmesse

Bike-Freunde sind auf der Imot richtig: Hier eine "Moto Guzzi". (Foto: Alessandra Schellnegger)

Auch die 30. Imot zieht Bike-Freunde an, allerdings eher die von motorisierten Zweirädern. Wenngleich auch hier ein Trend zu elektrisch-betriebenen Maschinen zu erkennen ist. Streng genommen ist die "größte Zweiradmesse Süddeutschlands" eine eigene Messe, aber Ticketbesitzer der Free können sie kostenlos in den Hallen C5 und C6 besuchen (und umgekehrt). Zu sehen sind "topaktuelle Motorrad- und Rollermodelle" sowie Zubehör und Bekleidung, es geht aber auch um Motorradreisen, Customizing und Tuning. Die Imot hat ein eigenes Bühnen- und Showprogramm (Freitag bis Sonntag, 24.-26. Februar).

Free, Reise- und Freizeitmesse, München Riem, Mi.-So., 22.-26. Feb., 10-18 Uhr, messe-muenchen.de/de/veranstaltungen/free-2023.php

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