Umweltschutz:Münchner Flughafen an umstrittenem Bauprojekt in Albanien beteiligt

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Gabriel Schwaderer (links) von Euronatur und Richard Mergner vom Bund Naturschutz setzen sich gegen den Flughafenbau in albanischem Schutzgebiet ein. (Foto: Bund Naturschutz)

Der Fluss Vjosa und die Narta-Lagune stehen unter Naturschutz. Für den Bau eines Flughafens hat die albanische Regierung die Grenzen des Schutzgebiets verlegt. Naturschützer fordern das Ende der Zusammenarbeit.

Von Andreas Schubert

Das Vjosa-Narta-Schutzgebiet in Albanien ist ein Naturparadies, wie es in Europa selten geworden ist. Dort, an der Adria, 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Tirana, liegen wichtige Rast- und Brutplätze für mehr als 60 Vogelarten, insbesondere Flamingos oder seltene Krauskopfpelikane. Und ausgerechnet hier baut Albaniens Regierung seit November 2021 den internationalen Flughafen Vlora, der das Ende der Vogelpopulationen bedeuten könnte. Für die Stiftung Euronatur und den Bund Naturschutz (BN) Bayern ist dies Skandal und Irrsinn gleichermaßen, wie sie am Mittwoch in einer Presserunde deutlich machten. Besonders brisant ist aus ihrer Sicht die Beteiligung der Münchner Flughafengesellschaft FMG, die über ihre Tochterfirma Munich Airport International (MAI) als Beraterin fungiert.

Diese Tätigkeit, so fordern es die Naturschützer, solle die FMG sofort einstellen. "Es kann nicht angehen, dass sich ein staatliches und städtisches Unternehmen an einer der größten Naturzerstörungen beteiligt", sagt Bayerns BN-Vorsitzender Richard Mergner. Gesellschafter des Münchner Flughafens sind zu 51 Prozent der Freistaat, zu 26 Prozent der Bund und zu 23 Prozent die Stadt München.

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Die Münchner treten seit vielen Jahren als Berater in Sachen Flughafenbetrieb auf. Mehr als 50 Flughäfen in aller Welt zählten schon zu den Kunden. Die Beteiligung eines sonst international angesehenen Münchner Unternehmens liefere der albanischen Regierung nun das Argument, dass beim Bau des Flughafens Vlora alles mit rechten Dingen zugeht, glaubt Mergner. Dabei betrachten die hiesigen wie auch die albanischen Naturschutzorganisationen das Projekt als höchstwahrscheinlich illegal. Es laufen bereits Klagen örtlicher Naturschützer gegen den Flughafenbau, auch die Europäische Kommission und das EU-Parlament fordern einen Baustopp. Das Projekt verstoße gegen nationale Gesetze und internationale Vereinbarungen wie die Berner Konvention für europäischen Artenschutz.

Das Gebiet zwischen dem Fluss Vjosa und der Narta-Lagune steht seit 2004 unter Naturschutz. Für den Bau des Flughafens hat die Regierung aber kurzerhand die Grenzen des Schutzgebiets verlegt. Die Vjosa ist einer der letzten großen und unverbauten Wildflüsse Europas. Sie mündet hier an einem weitgehend unberührten Küstenstreifen in die Adria. Das 42 Quadratkilometer große Feuchtgebiet spielt eine zentrale Rolle für den Vogelzug entlang der Adriaküste.

Kollisionen mit großen Vögeln könnten auch für Flugzeuge ein Risiko sein

Laut Euronatur-Geschäftsführer Gabriel Schwaderer ist nicht nur die Trockenlegung von mindestens 400 Hektar Feuchtbiotop ein Problem, sondern vor allem der Betrieb des Flughafens. Denn die Flugbahnen von Vögeln und Flugzeugen würden sich auf gefährliche Weise kreuzen, mögliche Kollisionen mit großen Vögeln seien nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Maschinen ein Risiko.

Bauherrin, wohl auch künftige Betreiberin des Vlora-Airports und Kundin der FMG ist die Mabetex-Gruppe mit Sitz im schweizerischen Lugano. Die FMG erklärt, sie habe keinerlei Einfluss auf die Planung und Standortwahl des neuen Flughafens. Es bestünden auch keine Verträge mit der albanischen Regierung. Dies teilt auch das bayerische Finanzministerium mit, dessen Chef Albert Füracker dem FMG-Aufsichtsrat vorsitzt. Bei nachweislichen Rechtsverstößen in Zusammenhang mit der Genehmigung des Flughafens Vlora habe sich der FMG-Konzern "entsprechende Reaktionsmöglichkeiten" vorbehalten, teilt das Ministerium mit.

Die Grünen im Münchner Stadtrat haben am Mittwoch dennoch beantragt, die Zusammenarbeit zu beenden. Euronatur und BN indes hoffen noch auf einen Baustopp, etwa indem die EU diesen zur Voraussetzung zum EU-Beitritt Albaniens erklärt.

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