Feine Sahne Fischfilet im Zenith:Haltung zeigen und mal abschalten

Lesezeit: 2 min

Party, Pogo und klare Ansagen: "Feine Sahne Fischfilet" zünden live ein Feuerwerk. (Foto: Maik Seehöfer)

Mit neuer Platte und Besetzung wollen die Politpunkstars "Feine Sahne Fischfilet" auf ihrer ersten Hallentour nach vier Jahren "richtig abreißen" - auch in München.

Von Allegra Knobloch

"Es wäre mir peinlich, wenn ich noch die gleichen Texte wie vor zehn Jahren schreiben würde", erzählt Monchi, Frontmann und Aushängeschild von "Feine Sahne Fischfilet". Man erinnere sich: Damals skandierte er polizeifeindliche Parolen, die 2011 den Verfassungsschutz auf die Politpunk-Band aufmerksam machten. Stattdessen nun also gibt es versöhnliche, wenn auch nicht weniger politische Zeilen auf dem im Mai erschienenen Album. Manch einer findet "Alles glänzt" zu glatt, zu wenig radikal. Radikal wolle Feine Sahne Fischfilet aber gar nicht sein, und in Schubladen passen auch nicht. "Textlich erzählen wir eben immer von Geschichten, die in unserem Leben spielen."

Das heißt bei den Antifaschisten aus Mecklenburg-Vorpommern unter anderem: Bombendrohungen während Konzerten und auf Todeslisten von Neonazis stehen. Als "08/15"-Texte würde Jan "Monchi" Gorkow die Lyrics des neuen Albums nicht bezeichnen. Von seiner Paranoia aufgrund der Bedrohungen singt er eindrücklich in der Punknummer "Angst zu erfrieren". Die Ballade "Wenn wir uns sehen" handelt von Dariush Beigui, einem befreundeten Kapitän, dem wegen der Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlingen eine mehrjährige Gefängnisstrafe droht. Und in "Tut mir leid" reflektiert Hauke Segert, Gitarrist und neues Bandmitglied, seine Anfänge bei "FSF" - mit eigener Gesangseinlage.

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Auf Hauke Segert stieß die Band im Bekanntenkreis, nachdem sie sich im April 2022 offiziell von Christoph Sell und Jacobus North getrennt hatte. Der Bruch der Ursprungsband war nicht der einzige Einschnitt in die eigentlich verdiente Auszeit nach dem Rummel um den Dokumentarfilm über die Politpunkstars von Charly Hübner und Sebastian Schultz, "Wildes Herz", und dem Erfolgsalbum "Sturm & Dreck" und der "Alles auf Rausch"-Tour 2018. Zudem sah sich Monchi während der Lesereise zu seinem Buch über seine verlorenen 65 Kilogramm Körpergewicht mit anonymen Missbrauchsvorwürfen im Netz konfrontiert, die vor Gericht mittlerweile für nichtig erklärt wurden.

"Was wir uns erhalten haben, ist, dass wir es lieben, live zu spielen. Dass wir es lieben, mit den Leuten raus aus dem Internet und rein in die Realität zu gehen", so Monchi über ihre erste Hallentour nach vier Jahren mit neuer Konstellation und neuer Setlist. Bei den anstehenden Konzerten wollen die fünf Freunde von der Ostseeküste "richtig abreißen". Besonders in diesen Zeiten sei es wichtig, dass die Leute mal abschalten können und mit einem Lachen nach Hause gehen.

"Alles glänzt" ist eine Persiflage von Feine Sahne Fischfilet auf das Internet-Blingbling, denn eigentlich sind die Zeiten düster. (Foto: Joulia Hoppen)

Über die heutige Zeit singt Gorkow in "Gib mir mehr": "Frage mich, was noch echt ist; alles glänzt, dass mir schlecht wird." Eine Persiflage auf die Scheinwelt des Internets, die auch den Albumtitel schmückt. Bezeichnend dafür sei Monchi zufolge die Situation nach dem Hamas-Attentat am 7. Oktober: Viele Bands, die sich sonst zu allen Dingen äußern und dafür Applaus abholen würden, hätten ihren Mund nicht aufbekommen. "Feine Sahne Fischfilet" selbst veröffentlichte am Folgetag ein Statement auf Instagram, in dem sie den "räudigen faschistischen bzw. islamistischen Terror" verurteilten.

Auch bei der Releaseparty des Debüt-Livealbums im Kreuzberger Festsaal am 4. Dezember prangerte Monchi Leute an, die auf entsprechenden Demos mitlaufen. "Den Rücken gerade zu machen", scheint die Band, die sich bereits mit verschiedenen Veranstaltungen und Aktionen gegen Rechts engagierte, noch immer auszuzeichnen. Ansonsten das Übliche: Bier fliegt durch die Luft, Menschen auch (Trompeter Max Bobzin springt von einer Empore ins Publikum), alles pogt in alter Punk-Manier.

Die unterschiedlichen Leute, die bei diesen Abenden aufeinandertreffen, würden FSF-Konzerte ausmachen, findet Monchi. Auch wenn die politischen Statements und mancher Text aus vergangener Zeit zunächst nicht danach klingen, plädiert der Sänger für Versöhnung. Wie so oft hat er dazu eine passende Zeile aus dem Album parat: "Lasst uns schauen, was uns verbindet, und nicht, was uns trennt."

"Weil's jeden Tag brennt", Di., 19.12., 19.30 Uhr, Zenith, Lilienthalallee 29, München

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