Zwischen Welten:Hilfe gegen Hunger

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Emiliia Dieniezhna (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))

Unsere Kolumnistin hat auf einer Messe in München Vereine und Organisationen kennengelernt, die viel dazu beitragen, dass die Menschen in der Ukraine nicht verzweifeln.

Von Emiliia Dieniezhna

Immer am 25. November erinnern sich weltweit Ukrainer an die Hungersnot, unter der unser Volk 1932/1933 leiden musste. Viele Ukrainer teilen diese bitteren Erinnerungen inzwischen auch in den sozialen Medien. Es sind Geschichten von Menschen, die Erde, Gras und Blätter aßen, um zu überleben. Oder von Eltern, die ihr Kind dem Tod überlassen sollten, damit andere Kinder leben können.

Viele, die nicht am Hunger gestorben sind, haben sich aus schierer Verzweiflung selbst das Leben genommen. Millionen Ukrainer sind gestorben. Der Hunger war keine Naturkatastrophe, er war provoziert von der damaligen Sowjetunion. Der Bundestag hat den sogenannten Holodomor, den "Mord durch Hunger", als eine vor 90 Jahren gezielt herbeigeführte Hungersnot, als Völkermord, anerkannt.

Die Geschichte wiederholt sich, denn jetzt nutzt Russland in seinem Angriff gegen die Ukraine den Hunger als Instrument des Krieges. In vielen Gebieten in der Nähe der Front ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln kaum möglich und die Armut groß.

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Umso mehr schätze ich Initiativen und Menschen, die mein Land jetzt unterstützen und mit Lebensmitteln helfen, um Hunger zu vermeiden. Einige solcher Initiativen habe ich am Gedenktag im Alten Rathaus in München getroffen. Dort fand eine Messe der Solidarität und internationalen Zusammenarbeit statt, bei der mehr als 60 Einrichtungen und Initiativen ihre Arbeit vorstellten. Darunter waren Organisationen, die der Ukraine helfen.

Ich traf etwa Volker Schindler von der Bayerischen Ostgesellschaft (BOG), der sich schon seit 20 Jahren ehrenamtlich für die Ukraine und Osteuropa engagiert. Er war früher häufig in Moskau und spricht Russisch, daher stammt auch sein Interesse für diesen Teil der Welt. Die Bayerische Ostgesellschaft unterstützt seit mehreren Jahren Familien und Kinder im Bezirk Peretschin in Transkarpatien. Der Verein hat besonders Kinder im Blick, die in größter Armut leben und ohne Hilfe kaum Zukunftsperspektiven haben.

Dass die Zahl der Familien, die Unterstützung benötigen, seit dem russischen Angriffskrieg stark gewachsen ist, gehört zur traurigen Wahrheit. Allein in Peretschin leben an die 400 Binnengeflüchtete in beengten Gemeinschaftsunterkünften, etwa in Klassenzimmern. Die Bayerische Ostgesellschaft hilft mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Möbeln und Küchengeräten. Berührt hat mich auch das Engagement der Gemeinde Taufkirchen, die kostenlos den Lagerraum für die Güter zur Verfügung stellt, die dann von einer Spedition zu einem vergünstigten Preis in die Ukraine gebracht werden.

Die "Brücke nach Kiew" ist eine weitere Initiative, die sich schon seit 20 Jahren in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Samariter-Bund für die Menschen in Kiew und der Region engagiert. Geboten werden Patenschaften für Einzelpersonen oder Familien, die sich in großen Notsituationen befinden. Die Menschen bekommen Hilfspakete. Weiterhin unterhält der Verein eine Sozialstation sowie eine Unterkunft für Kinder mit schweren seelischen Störungen. Weil der Verein bereits seit vielen Jahren hilft, genießt er auch das Vertrauen der Stadt München, die über die "Brücke nach Kiew" 150 000 Mahlzeiten zur Verfügung gestellt hat.

Das waren nur Beispiele der Hilfsbereitschaft, die mir besonders aufgefallen sind. Nicht unerwähnt lassen möchte ich aber auch die vielen anderen Initiativen und Vereine auf der Messe, die großartige Arbeit leisten, um mein Volk zu unterstützen. Sie alle geben mir das gute Gefühl, dass wir zusammen stark für das Überleben meines Landes sind.

Emiliia Dieniezhna, 35, flüchtete mit ihrer damals vierjährigen Tochter Ewa aus Kiew nach Pullach bei München. Sie arbeitet ehrenamtlich für die Nicht-Regierungs-Organisation NAKO, deren Ziel es ist, Korruption in der Ukraine zu bekämpfen. Außerdem unterrichtet sie ukrainische Flüchtlingskinder in Deutsch. Für die SZ schreibt sie einmal wöchentlich eine Kolumne über ihren Blick von München aus auf die Ereignisse in ihrer Heimat.

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