Das wird vermutlich eine ganz besondere Ausgabe werden: Die "Wasserburger Theatertage" finden dieses Jahr in Gedenken an den Intendanten Uwe Bertram statt. Er hatte das Haus 20 Jahre lang geleitet und es zu einem Fixstern der Szene gemacht, bevor er im November 2022 starb. Er hinterließ eine riesige Lücke - doch ein mutiges, zehnköpfiges Team aus Mitstreiterinnen und Mitstreitern beschloss, diese gemeinsam wieder zu schließen. Und das ist gelungen. Der Spielbetrieb läuft, sogar Premieren durfte das kleine, feine Theater Wasserburg seit seinem schweren Verlust schon wieder erleben, zuletzt "Nachtasyl" von Maxim Gorki.
Nun also die Theatertage. Sie sind seit 17 Jahren stets der Höhepunkt der Spielzeit - ein Schaulaufen, bei dem ausgewählte bayerische Privattheater besondere Produktionen zeigen. "Wir wollen mit diesem Festival das wirklich breite Spektrum der Szene abbilden", erklärt Annett Segerer, die in Wasserburg zum neuen Leitungsteam gehört. Diesmal jedoch habe man sich noch ein weiteres Ziel gesetzt: nämlich "gute alte Bekannte" einzuladen und damit gedanklich anzuknüpfen an die lange, schöne Zeit unter Bertram.
Herausgekommen ist ein zehntägiges Programm, das ein Wiedersehen mit ehemaligen Gefährten, die nun auf neuen Wegen wandeln, bieten wird. Vom Tanztheater bis zum Klassiker, vom Liederabend bis zur Lesung: ein facettenreiches Angebot, das letztendlich auch die Bandbreite der bayerischen Privattheaterszene widerspiegelt. "Ja, so anders als sonst ist es gar nicht geworden", sagt Segerer und lacht. Tatsächlich gibt es nur eine einzige Ausnahme: Die Schauspielerin Svetlana Belesova gehört inzwischen zum Ensemble der Kammerspiele München - kein privates, sondern ein städtisches Theater. In Wasserburg zu erleben am Sonntag, 18. Juni, mit "Internat", einer szenischen Lesung nach dem Roman von Serhij Zhadan.
Für das Team aus Wasserburg war die Akquise für die Theatertage 2023 freilich eine kleine Reise in die Vergangenheit. Mit wem hatte man nicht alles schon zu tun? Wer ist in Erinnerung geblieben? Und was machen diese Kollegen und Kolleginnen eigentlich heute? "Wir haben dabei aber nicht an jeden beliebigen Gastkünstler gedacht, sondern nur an Menschen, die an mindestens einer Produktion in unserem Haus mitgewirkt haben", erklärt Segerer. Während des gesamten Festivals ist zum Beispiel eine Videoinstallation mit dem Titel "Metamorphosen" von Gerhard Höberth zu sehen. Er hatte 2014 das zauberhafte Karussell für den Wasserburger "Woyzeck" entworfen und animiert.
Zur Eröffnung am Freitag, 16. Juni, ist Udo Samel zu Gast, eine Institution, weil er seit Bestehen der Wasserburger Theatertage stets deren ersten Abend bestreitet. Er spielte mit Bertram schon am Residenztheater in München und bei den Salzburger Festspielen. Unter dem Titel "Und ich wandte mich um - Sonette an Orpheus" bringt Samel nun gemeinsam mit Oliver Wille an der Violine und Markus Becker am Klavier eine literarisch-musikalische Collage auf die Bühne.
Am Samstag, 17. Juni, steht die Moreth Company aus Dießen auf dem Programm, und zwar mit "Adams Äpfel" nach einer aberwitzigen dänischen Filmgroteske. Ein alter Bekannter, der Regisseur Konstantin Moreth, hat diese schwarze Komödie über den schmalen Grat zwischen Glauben und Fanatismus hochkarätig - unter anderem mit Michael A. Grimm und Stefan Murr - in Szene gesetzt.
Nach den Kammerspielen folgt dann am Montag, 19. Juni: "Bezahlt wird nicht" von Dario Fo. Es spielt das Theater für die Jugend aus Burghausen unter der Regie von Mario Eick, der den Wasserburgern ebenfalls bestens bekannt ist. Am Dienstag, 20. Juni, lädt der Verband freie Darstellende Künste um 16 Uhr zu einem runden Tisch zum Thema "Nachhaltigkeit am Theater", bevor dann um 20 Uhr das Tanztheater "Alien Reality" zu sehen ist. In Daniela Aue vom Spielwerk Ansbach, die den Abend konzipiert hat, und Lukas Aue sind an diesem Abend gleich zwei alte Bekannte im Haus.
Ein noch junges Ensemble aus Rosenheim entert am Mittwoch, 21. Juni, die Bühne der Theatertage: 20 Stiere zeigt "Medea Stimmen" nach Texten und Motiven von Christa Wolf. Dabei wird es ein Wiedersehen geben mit Oliver Vilzmann, der von 2005 bis 2008 Mitglied des Wasserburger Ensembles war. Die beiden Schauspielerinnen Daniela Nering und Dörte Trauzeddel wiederum sind die alten Bekannten der Vorstellung am Donnerstag, 22. Juni: "Made in West Germany" heißt der Liederabend, den das Sensemle aus Augsburg zu Gehör bringt.
Am Freitag, 23. Juni, folgt dann "Entweder ... oder", eine Farce von Jean-Claude Grumberg. Jörg Schur führt bei dieser Produktion des Theater... und so fort aus München Regie, als alter Bekannter ist Heiko Dietz auf der Bühne zu sehen, der bei den Wasserburger Theatertagen bereits zweimal den Darstellerpreis gewann. Zum ersten Mal zu Gast ist das Hofspielhaus aus München: "Sticks and Stones" heißt die Satire von Vinay Patel, die es am Samstag, 24. Juni, auf die Bühne bringt. In der Rolle des alten Bekannten: der Schauspieler und Filmemacher Daniel Holzberg.
Am letzten Abend, Sonntag, 25. Juni, lädt dann der Gastgeber, das Theater Wasserburg höchstselbst, zu einem "Kessel Buntes" bei freiem Eintritt ein: Zu erleben gibt es, bei schönem Wetter im Biergarten, Lieder aus Musiktheaterproduktionen der vergangenen zehn Jahre, präsentiert vom Ensemble und der Feuerwehrkapelle. Außerdem wird zum Abschluss wieder ein Preis in Höhe von 1500 Euro, gestiftet vom Landkreis Rosenheim, verliehen. Wer ihn bekommen wird, entscheiden die allerbesten alten Bekannten des Wasserburger Theaters: seine Zuschauerinnen und Zuschauer.
17. Wasserburger Theatertage: von Freitag, 16., bis Sonntag, 25. Juni. Vorstellungsbeginn ist jeweils um 20 Uhr, ausgenommen die Eröffnung, sie beginnt um 19.30 Uhr. Tickets und alle Infos unter www.theaterwasserburg.de . Karten sind außerdem im Vorverkauf bei der Tourist-Info und bei Versandprofi Gartner in Wasserburg, bei Foto Flamm in Haag und im Kroiss-Ticket-Zentrum Rosenheim erhältlich.