Windkraft im Wald:Achtung! Ablenkung!

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Kann man Billardkugeln stapeln? Die Frage ist so sinnvoll, wie jene nach der Zahl der Windräder im Forst. (Foto: Johannes Simon)

Wie viele Windräder sollen künftig in den Staatsforsten entstehen? Wer versucht, diese Frage zu beantworten, tappt in die Wahlkampf-Falle.

Kommentar von Wieland Bögel

Um die medizinisch-psychologische Untersuchung, die etwa nach einer Autofahrt im Vollsuff zur Wiedererlangung des Führerscheins zu absolvieren ist, rankt sich so manche Legende. Eine davon ist die von den drei Billardkugeln. Diese aufeinander zu stapeln sei eine der Aufgaben - und ein Trick: Wer die Kugeln überhaupt nur anfasst, fällt durch den Test, denn wer bei klarem Verstand ist, weiß, dass das Stapeln von Kugeln unmöglich ist. Ein bisschen wie mit der Frage nach der Errichtung von Billardkugeltürmchen verhält es sich mit jener nach der Errichtung von Windrädern in den bayerischen Staatsforsten. Wie viele Rotoren werden sich denn einmal in den Wäldern des Landkreises drehen? Wer versucht, das ernsthaft zu beantworten, hat schon verloren, denn auch dies ist ein Trick.

Eigentlich sind es sogar deren zwei. Einer richtet sich an das Wirtschaftsministerium in Berlin. Von dort kam vor einigen Monaten die Aufforderung an das Land Bayern, mehr für den Ausbau der erneuerbaren Energien und ganz besonders der Windkraft zu tun. Deren Ausbau ist bekanntlich, seit Horst Seehofer die berüchtigte 10-H-Regel durchsetzte, nahezu zum Erliegen gekommen. Der Bund könnte diese Regel, die ein Landesgesetz ist, nun nach dem Prinzip "Ober sticht Unter" einfach außer Kraft setzen, was wohl auch politisch möglich wäre: Keiner der drei Koalitionspartner im Bund hat besonders viele Sympathien für den bayerischen Sonderweg bei der Windkraft. Allerdings wollte man in Berlin wohl nicht den offenen Bruch mit München riskieren, weshalb statt einer Abschaffung der 10-H-Regel das Zwei-Prozent-Ziel festgelegt wurde: Zwei Prozent der Landesfläche sollen der Windkraft gehören - und die verortet Bayern eben in den staatlichen Wäldern.

Ob sich Berlin darauf einlässt, ist offen - aber für die Strategie der Staatsregierung auch unerheblich. Denn dadurch gewinnt man in Bayern Zeit für Trick Nummer zwei, und der richtet sich an die Gruppe der Windradgegner, die man bei der CSU als systemrelevant betrachtet - zumindest an der Wahlurne. Die wird bekanntlich im übernächsten Herbst wieder aufgestellt und bis dahin wollen die Christsozialen an der 10-H-Regel festhalten - mit kleinen Ausnahmen eben für die Staatsforsten.

Auch der Erfolg dieses Tricks muss sich noch zeigen, zumal auch den meisten Windradgegnern klar sein dürfte, dass ihre Lobby im bayerischen Landtag schwindet. Schon heute verhindert nur die Koalitionsdisziplin, dass 10H abgeschafft wird, die Freien Wähler lassen aber niemanden darüber im Unklaren, dass sie die Abstandsregel für Unfug halten. Nach der Landtagswahl wird die CSU voraussichtlich die FDP zusätzlich ins Regierungsboot holen müssen, da auch die Liberalen keine Freunde von 10H sind, wird das Abstandsgebot für Windräder wohl Ende kommenden Jahres fallen. Für die Frage nach Windkraft in den Wäldern des Landkreises heißt das, dass sich diese möglicherweise nicht stellt.

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