Ortsjubiläum:1250 Jahre Glonn: "Ohne Vergangenheit keine Zukunft"

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Ein Ort mit langer Tradition - 1250 Jahre werden aktuell gefeiert, aber schon die Kelten waren hier. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Marktgemeinde feiert ihr Jubiläum mit einem abwechslungsreichen Programm. Nächster Höhepunkt ist die Enthüllung von Tafeln zur Ortsgeschichte.

Von Michaela Pelz, Glonn

Mit der Möglichkeit zu spielen, zu naschen und sich überdies überraschen zu lassen, bewarb ein bekannter Süßwarenhersteller eines seiner Produkte. Die Reihenfolge der Events für alle, die mit der Marktgemeinde Glonn deren 1250-jähriges Bestehen feiern möchten, ist zwar eine etwas andere - das Ergebnis aber mit Sicherheit das gleiche.

Man habe, so Bürgermeister Josef Oswald (CSU), "für alle Altersgruppen und Neigungen" etwas anbieten wollen - aus den unterschiedlichsten Themenbereichen. Für eine angemessene optische Klammer des Programms sorgt ein per Wettbewerb ermitteltes Logo.

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Eine große Feierei mit Ehrengästen und der Verleihung der Bürgermedaille gab es bereits. Doch damit ist die Liste der Lustbarkeiten längst nicht beendet: Allein im Juni kann man sich freuen auf ein Kinder- und Jugendfest, ein Orgel-Open-Air in Zinneberg mit Thomas Pfeiffer, das Pfarrfest sowie eine szenische Lesung mit Werken von Lena Christ. Später im Jahr folgen ein Sportfest (Juli), Ausstellungen zu "130 Jahre Bahnverbindung Glonn-Grafing" und von den Fotofreunden (Oktober), ein Konzert des Glonner Kirchenchores (Oktober), das Marktschießen (November) und Theateraufführungen des Trachtenvereins (November).

"Ich wünsche mir, dass jeder etwas findet, das ihm gefällt und ein paar schöne Stunden hat", betont der Bürgermeister, nennt aber gleichzeitig noch einen zweiten Aspekt der Aktivitäten rund um das Jubiläum, der ihm sehr wichtig ist: "Die Glonner sollen daran denken, dass jeder Ort eine Vergangenheit hat. Ohne Vergangenheit keine Zukunft." Den Bürgerinnen und Bürgern solle bewusst werden, wie lange ihr Ortsgebiet schon besiedelt sei, nämlich "viel länger als diese 1250 Jahre!" Schon die Kelten seien da gewesen, selbst aus der Jungsteinzeit habe man Artefakte gefunden, so Oswald.

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So weit zurück gehen jedoch die Tafeln zur Ortsgeschichte nicht, die nun am Marktplatz, an der Klosterschule und sukzessive auch an weiteren bedeutsamen Plätzen und Gebäuden aufgestellt werden. So soll ein lehrreicher Ortsspaziergang möglich werden - "vor allem, da wir per QR-Code auf weitere Informationen verweisen, die sich in unserem neuen Gemeindearchiv befinden", erläutert Barbara Kreutzer, die für dessen Aufbau verantwortlich ist.

Jede Woche sollen weitere Inhalte unterschiedlicher Art dazukommen, die jeweils auf Instagram angekündigt werden. "Mal werden es umfangreiche Scans von Dokumenten sein, mal Bilder oder redaktionelle Texte", schildert die Archivarin die Pläne der Gemeinde. Das Ziel sei ein einfacher Zugang zu den Beständen, damit "das, was dem Datenschutz nicht unterliegt, nicht nur als Verzeichnis sichtbar wird, sondern auch als Dokument. Wer gern in alten Sachen kramt, weiß, wie schön das ist", schwärmt Kreutzer.

"Der Weg in die Moderne", Band zwei der Schriften zur Ortsgeschichte, beschreibt vor allem die Zeit zwischen 1945 und 2000. (Foto: Gemeindearchiv / Barbara Kreutzer)

Sie ist es auch, die hauptsächlich verantwortlich zeichnet für die Publikation "Der Weg in die Moderne. Ein Streifzug durch die jüngere Vergangenheit in Dokumenten und Bildern". Diese 136 Seiten starke Jubiläumsschrift konzentriert sich - nach einem ersten Teil zur "Traditio Ratpoti" mit Ausführungen von Stephan Ametsbichler über die "Schenkungsurkunden" von 774 und 821 und ihre Folgen - auf die Zeitspanne zwischen 1945 und 2000.

Warum ihr gerade diese jüngere Vergangenheit ein großes Anliegen ist, erklärt Kreutzer, selbst seit 34 Jahren in Glonn ansässig, so: "Wenn es um die Nachkriegszeit bis zu den 60ern, 70ern geht, sagen die meisten: 'Das ist doch bloß meine Kindheit und hat nichts mit Geschichte zu tun.' Dabei verkennen sie, dass auch diese Ereignisse langsam verloren gehen, wenn man sie nicht aufschreibt."

Ganz besonders gelte dies für konkrete Probleme eines einzelnen Ortes, für die Entwicklungen, die er durchlaufen habe, oder für die Entscheidungen, die getroffen werden mussten, sagt Kreutzer. Geschichte lebe nicht nur von den dokumentierten Großereignissen an Orten wie Berlin und München, sondern werde oft erst bei einem Blick auf den Alltag anschaulich.

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In ihrer Schrift nennt Kreutzer folgendes Beispiel: "Die Zahl von über zwei Millionen vertriebenen Menschen, die zwischen 1945 und 1947 nach Bayern kamen und untergebracht werden mussten, bleibt sehr abstrakt. Wenn uns aber ein Leihschein für Kochtöpfe klarmacht, was es bedeutet, mit ,nichts' an einem fremden Ort anzukommen, dann werden Zahlen anschaulich, es entsteht Interesse und Verständnis." Zudem könnten die Bilder und Texte darstellen, "was später wahrscheinlich nicht in den Geschichtsbüchern stehen wird."

Dazu gehören etwa die gescheiterten Pläne für einen Flughafen im Hofoldinger Forst oder die Entstehung der Verwaltungsgemeinschaft - womit man wieder am Marktplatz angelangt wäre. Denn während sich die meisten Gebäude kaum verändert haben, wird es manchen Bürgerinnen und Bürgern vielleicht neu sein, dass das Rathaus erst seit 1978 komplett als solches genutzt wird. "Vorher waren darin Wohnungen, die Hebammenstation und ein Zahnarzt untergebracht", ist von Kreutzer zu erfahren.

Im Glonner Rathaus ging es früher auch mal um Schwangerschaften und kaputte Zähne. (Foto: Christian Endt)

Doch wo bleibt nun, neben diesen überraschenden Informationen und den Gelegenheiten für Spiel und Spaß während der Festivitäten, die angekündigte Verbindung zum Essen? Ganz einfach: Bereits seit Sommer 2020 werden im örtlichen Mitteilungsblatt Rezepte von Glonner Bürgern abgedruckt. Und Ende dieses Jahres soll eine Broschüre mit einer Auswahl davon erscheinen. Zu den Gerichten, von bayerischen bis international, gehören laut Oswald unter anderem das Gebäck Baniza aus Bulgarien, Fensternudeln, Bratapfelkuchen oder Walnuss-Spinatknödel mit Bergkäse.

Eine appetitanregende Lektüre also. Und bis diese fertig ist, lässt man es sich am besten erst einmal mit einem Jubiläumsbier gut gehen, zum Beispiel bei der Enthüllung der ersten historischen Tafeln am Donnerstag, 16. Mai, um 19 Uhr, am Marktplatz Glonn.

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