Mitten in Ebersberg:Casanova an der Ampel

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Auch in Zeiten von Tinder und Co. ist das traditionelle Flirten nicht aus der Mode gekommen - wie nun in Ebersberg zu beobachten war.

Glosse von Franziska Langhammer

Der Frühling kündigt sich an, und mit ihm die Schmetterlinge im Bauch. Wer sich verlieben will, der tut das am besten jetzt, wenn die Sonne einen dazu im Gesicht kitzelt und die frische Luft schon vom Sommer erzählt. Das Einmaleins des Flirtens hat sich auch in Zeiten von Tinder und Co. nicht großartig verändert, zumindest nicht in der direkten Begegnung: Eine zugewandte Körperhaltung, wie zufällig eingestreute Komplimente, ein tiefer Blick in die Augen - all das kann nicht schaden, wenn man dem Gegenüber näherkommen möchte.

Vor einigen Wochen nun versuchte sich ein älterer Herr in der Kunst des Flirtens an einer Ebersberger Ampel. Objekt seiner Begierde war eine ältere Frau, die jedoch allem Anschein nach erst mal wenig Interesse an ihm zeigte. Der ältere Herr quatschte über das Wetter, die Sonne, die Kälte - die Ampel zeigte rot. "Wissens', i hobs mim Knia", erzählte der Mann weiter. Immer noch rot. "Sie schaung mia no a bissl frischa aus wia i", setzte er hinzu, "wia oid sans' denn?" Die Frau musterte ihn kurz abschätzig und schnaubte: "67." Das löste bei dem älteren Herren Begeisterungsrufe aus: "Ja wooos, simmasechzge? Na, des glab i ned. Simmafuchzge, koa Jahr eida hätt ich Sie gschätzt." Nun hatte er das Interesse der Angebeteten geweckt, die sich ein stolzes Lächeln nicht verkneifen konnte.

Doch bevor sich der Mann in weitere Lobhudeleien verstricken konnte, schaltete die Ampel auf Grün und die junggebliebene Endsechzigerin setzte sich in Bewegung. "I bin dreiasechzge", rief der Frischverliebte noch und wäre ihr bestimmt hinterher geeilt, wenn es sein Knie erlaubt hätte. So blieb ihm nichts anderes übrig, als über die Straße zu humpeln und kopfschüttelnd vor sich hinzusagen: "Simmasechzge, des glabst ned." Vielleicht hätte Amor die beiden zusammengeführt, wäre die Ampel noch länger auf Rot geblieben. Vielleicht hätte aber auch ein Blick in den altbewährten Flirt-Ratgeber geholfen, der besagt: Weniger ist manchmal mehr.

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