Amtsgericht Ebersberg:Verflixtes Erbe

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Ein 31-Jähriger steht vor dem Ebersberger Amtsgericht, weil ihm sein Stiefopa eine Waffe vermacht hat.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Ein altes Familienerbstück ist eigentlich eine schöne Sache, lebt doch ein Teil der längst verstorbenen Vorfahren in gewisser Weise dadurch weiter. Einem Mann aus dem nördlichen Landkreis Ebersberg wäre ein solches Vermächtnis nun aber fast teuer zu stehen gekommen - handelte es sich bei der Hinterlassenschaft nicht etwa um Schmuck oder ein imposantes Ölgemälde, sondern um eine Pistole. Deshalb, und weil die Polizei zudem einige Gramm Marihuana bei ihm zu Hause fand, musste sich der 31-Jährige nun vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten.

Die Anklage: Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln und einer Schusswaffe. Bei letzterer ging es um jenes Erbstück, das der Stiefopa des Angeklagten seiner Familie hinterlassen hatte. Wobei der Revolver gar kein richtiger war, sondern vielmehr eine Schreckschusspistole. Dennoch fehlte - wohl aufgrund ihres Alters - das für den Besitz nötige Prüfzeichen, weswegen der 31-Jährige laut Staatsanwaltschaft keine Berechtigung hatte, die Waffe daheim aufzubewahren.

Der Fund war reiner Zufall

Dass die Polizei diese überhaupt finden konnte, war eher dem Zufall zu verdanken. Die Beamten waren im Juli vergangenen Jahres wegen einer anderen Angelegenheit zur Wohnungsdurchsuchung beim Stiefvater des Beschuldigten angerückt. Dort hauste vorübergehend auch der 31-Jährige. In dessen vermeintlichem Schlafzimmer fanden die Beamten schließlich 45 Gramm Marihuana-Tabakgemisch und eben jene Schreckschusswaffe.

Dass er von deren Existenz wusste, ließ der Angeklagte vor Gericht über seinen Anwalt auch sogleich einräumen. Allerdings habe sich sein Mandant nicht weiter um den Revolver gekümmert. "Er interessiert sich nicht für Waffen", sagte sein Verteidiger. Außerdem sei die Pistole "ein uraltes Teil, das schon lange in Familienbesitz ist". Zu den gefundenen Rauschmitteln wollte sich der Beschuldigte dagegen nicht äußern. Dessen Verteidiger aber legte ein Gutachten über eine Urinuntersuchung vor, das zeigen sollte, dass sein Mandant "mit Drogen nichts zu tun hat", wie der Jurist sagte.

Wem die Drogen gehörten, bleibt unklar

Ob das der Wahrheit entsprach, ließ sich nicht mit letzter Sicherheit klären. Zumindest aber gab es keine eindeutigen Beweise dafür, dass die gefundenen Rauschmittel tatsächlich dem Beschuldigten gehörten. Auch ein Polizist, der bei der Wohnungsdurchsuchung vor Ort war, wollte sich nicht auf den 31-Jährigen als Täter festlegen.

Blieb noch die Sache mit der Schreckschusswaffe, bei der der Verteidiger des Angeklagten auf eine Änderung des Waffenrechts aus dem Jahr 2020 verwies: Demnach sei der Besitz einer solchen Pistole hierzulande inzwischen erlaubt, wenn man sie in einem anderen EU-Land legal kaufen könne. Ob das allerdings auf die nun gefundene Waffe zutraf, konnte in der Verhandlung nicht geklärt werden. Auf einen kompletten Freispruch wollte sich die Staatsanwältin deshalb nicht einlassen. Die Beteiligten einigten sich schließlich aber darauf, das Verfahren gegen eine Zahlung von 250 Euro an die Staatskasse einzustellen - und sich dadurch ein aufwändiges Rechtsgutachten des Erbstücks zu ersparen.

Dieses jedoch durfte der Angeklagte nun trotzdem nicht mehr mit nach Hause nehmen. Es lagert jetzt in der Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft.

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