Amtsgericht Ebersberg:"Das ist wie in einem schlechten Film"

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Pfefferspray (Symbolfoto). (Foto: dpa)

Ein über Jahre andauernder Familienstreit gipfelt darin, dass eine 58-jährige Frau ihre ungeliebte Verwandtschaft mit Pfefferspray angreift. Dafür steht sie nun vor Gericht.

Aus dem Gericht von Andreas Junkmann, Ebersberg

Dass Opfer ihren Peinigern vor Gericht nicht mehr unter die Augen treten wollen, kommt durchaus häufiger vor. Dass aber die Täterin unter Tränen eine Richterin anfleht, die von ihr Geschädigten nicht mehr sehen zu müssen, ist eher selten. "Wenn die kommen, will ich raus hier", sagte die 58-Jährige auf der Anklagebank des Ebersberger Amtsgerichts. Gemeint waren der Sohn ihres verstorbenen Mannes, dessen Frau sowie ein Nachbar. Alle drei hatte die Frau mit einem Pfefferspray attackiert, weshalb sie sich nun wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten musste.

Es war der unschöne Höhepunkt eines jahrelang andauernden Familienstreits, der die 58-Jährige aus dem mittleren Landkreis Ebersberg nun auf die Anklagebank brachte. Der Staatsanwaltschaft zufolge hatten sich die drei Geschädigten Anfang Oktober 2020 gerade im Hausflur unterhalten, als die Angeklagte ihre Wohnungstür öffnete und eine Ladung Tierabwehrspray in Richtung der Gruppe sprühte. Bei den Opfern habe das zu Würgereizen, Übelkeit sowie zu Nasen- und Halsschmerzen geführt.

Die Verwandten wollten die Frau angeblich aus dem Haus ekeln

Dass dieser Vorfall tatsächlich so passiert ist, ließ die Angeklagte durch ihre Verteidigerin auch gleich einräumen. Allerdings versuchte die Juristin den Fall in ein etwas anderes Licht zu rücken. Sie begleite den Streit in der Familie schon seit längerer Zeit, "das ist wie in einem schlechten Film", sagte die Anwältin. Nach dem Tod des Ehemannes im Jahr 2018 habe ihre Mandantin in dem Zweifamilienhaus lebenslanges Wohnrecht zugesprochen bekommen. Dagegen aber wehrten sich der Sohn des Verstorbenen und dessen Ehefrau, die im selben Haus leben, offenbar mit teils fragwürdigen Methoden. "Sie wollten meine Mandantin aus dem Haus treiben", sagte die Verteidigerin.

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Aus dem Gericht von Andreas Junkmann

Mehrmals habe das Ehepaar der Juristin zufolge dabei deutlich über die Strenge geschlagen. Es habe viele Bedrohungen gegeben, bis hin zu dem Plan, einen Schläger zu bezahlen, der sie verprügeln solle, wie die Angeklagte selbst vor Gericht zu Protokoll gab. Sie lebe bis heute in ständiger Angst. "Es ist eine jahrelang andauernde Tragödie", ergänzte ihre Anwältin. An jenem Oktobertag 2020 eskalierte der Streit schließlich mit besagter Pfefferspray-Attacke. Es sei klar, dass das keine klassische Notwehr-Situation war, dennoch müsse man die Vorgeschichte beachten, argumentierte die Verteidigerin. Auch habe ihre Mandantin einen Täter-Opfer-Ausgleich leisten wollen, dieser aber sei von der Familie abgelehnt worden.

Der 58-Jährigen droht nun ein Schmerzensgeld-Verfahren

Stattdessen dürfte auf die 58-Jährige noch ein Schmerzensgeld-Verfahren vor dem Zivilgericht zukommen. Ein solches wolle er einleiten, kündigte der angegriffene Sohn vor Gericht in forschem Tonfall an. Als Zeuge mussten die drei Geschädigten wegen des Geständnisses der Angeklagten allerdings nicht aussagen, sehr zur Erleichterung der Angeklagten: "Ich möchte mit diesen Menschen nichts mehr zu tun haben."

Dass die Frau unter einer ziemlichen Belastung leiden musste, räumte auch der Staatsanwalt in seinem Plädoyer ein. "Die Angeklagte hat das Ganze enorm mitgenommen", sagte er und forderte deshalb eine Strafe an der absoluten Untergrenze. Dem schlossen sich auch die Verteidigerin und Richterin Vera Hörauf an, die die 58-Jährige zu einer Geldstrafe über insgesamt 2700 Euro verurteilte. Die Angeklagte nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an.

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