Kommunalpolitik im Landkreis Ebersberg:Für immer im Rathaus?

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Endstation Rathaus? Die Freude über das erreichte Wahlziel weicht bisweilen schnell der Ernüchterung. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In der bayerischen Staatsregierung gibt es Pläne, die Altersgrenze für hauptamtliche Bürgermeister aufzuheben. Dies könnte auch im Landkreis Ebersberg Folgen haben.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Aus Vaterstetten gibt es eine politische Anekdote: Als Bürgermeister Robert Niedergesäß vor knapp zehn Jahren zum Landrat gewählt wurde, soll seine CSU geprüft haben, ob man das Amt des Rathauschefs wieder zu einem Ehrenamt machen kann. Hintergrund war, dass der damals erfahrenste Kommunalpolitiker der Christsozialen, der langjährige stellvertretende Bürgermeister Martin Wagner, bereits jenseits der Altersgrenze für einen berufsmäßigen Bürgermeister war. Diese lag damals bei 65, inzwischen ist sie bei 67 Jahren, Stichtag ist der erste Tag der Amtszeit. Nun soll diese Altersgrenze fallen, auch im Landkreis könnte dies Auswirkungen haben.

Von den 21 Kommunen des Landkreises Ebersberg haben 14 einen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin, der oder die berufsmäßig tätig ist. Lediglich in sieben Gemeinden - Baiern, Bruck, Egmating, Emmering, Frauenneuharting, Hohenlinden und Moosach - ist das höchste Amt ein Ehrenamt. Für dieses gibt es schon bisher keine Altersgrenze, was oft damit begründet wird, dass es in kleineren Kommunen - unter 5000 Einwohnern ist Bürgermeister immer ein Ehrenamt - ohnehin schwierig genug sei, jemanden für den Posten zu finden. Zudem falle dort auch weniger Verwaltungsarbeit an, so dass auch ein Ehrenamtler diese erledigen könne.

Um die Altersgrenze auszuhebeln, wurde man in manchen Gemeinden auch schon kreativ

In größeren Kommunen entscheidet der Stadt- oder Gemeinderat darüber, ob der Verwaltungschef hauptamtlich tätig ist. Dies geschieht meist, wenn die Amtsgeschäfte ab einer gewissen Größe der Gemeinde zu umfangreich für einen Teilzeit-Bürgermeister werden. Wobei es auch Beispiele in die andere Richtung gibt: So stellte etwa die Gemeinde Aschheim zur Wahlperiode im Jahr 2008 wieder auf Ehrenamt um, damit Bürgermeister Helmut Englmann (CSU), damals 68 Jahre, für eine fünfte Amtszeit kandidieren konnte - erfolgreich übrigens, erst 2014 ging er in den Ruhestand.

Im Landkreis Ebersberg gab es bislang nur einmal die Rückkehr zum ehrenamtlichen Rathauschef: 1983 beschloss dies der Gemeinderat Zorneding mit Mehrheit der CSU, allerdings nicht aus Gründen der Altersgrenze, sondern damit ihr Bürgermeisterkandidat Erich Sechser im Falle einer Wahl weiter als Oberstaatsanwalt in München arbeiten konnte - eine Änderung, die nicht nötig war, wie sich dann im kommenden Jahr an der Urne zeigte. Der neue Bürgermeister Wolfgang Herold (SPD) ließ 1986 erneut über die Sache abstimmen, seitdem hat Zorneding wieder einen berufsmäßigen Bürgermeister.

Zwei Bürgermeister im Landkreis müssten 2026 nach aktueller Altersgrenze aufhören

Der nach der aktuellen Regelung bei der nächsten Wahl im Frühjahr 2026 von der Altersgrenze betroffen wäre: Bürgermeister Piet Mayr und sein Amts- und Parteikollege Roland Frick aus Pliening sind die beiden Rathauschefs im Landkreis, für die - gälte die Obergrenze weiter - derzeit die letzte Amtszeit liefe. Und für ihn bleibe das auch so, sollte die Altersgrenze aufgehoben werden, sagt Roland Frick. Er werde sich in drei Jahren definitiv nicht für eine dritte Amtszeit bewerben. Schließlich sei er da bereits 72 Jahre alt und seit 30 Jahren in der Kommunalpolitik, davon je zwölf Jahre als Zweiter und als Erster Bürgermeister. "Ich möchte nicht, dass die Leute irgendwann sagen: ,Gut, dass er endlich weg ist.'"

Plienings Bürgermeister Roland Frick wurde von den wütenden Eltern zum Teil persönlich angegriffen. "Da hört der Spaß auf", sagt er. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sehr ähnlich klingt das beim Bürgermeisterkollegen Mayr in Zorneding, für ihn begänne 2026 sogar schon die vierte Amtszeit, sein 36. Jahr im Dienste der Gemeinde Zorneding und sein 70. Lebensjahr. In dem Alter, so Mayr, sei es dann auch mal gut mit der Politik. Einerseits, "weil ich auch noch was vom Rest meines Lebens haben will". Seine Bürgermeister-Arbeitswochen hätten im Schnitt 50 bis 60 Stunden, vielleicht nicht ideal für einen, der am Ende einer vierten Amtszeit 75 Jahre alt wäre. "Bis jetzt bin ich noch gut beinander", sagt Mayr, das soll auch im Alter so bleiben.

Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU), hier bei einer Gemeinderatssitzung vor drei Jahren, ist seit 2008 im Amt, davor war er Geschäftsführer im Rathaus. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Aber Mayr nennt noch einen anderen Grund dafür, 2026 nicht erneut anzutreten, auch wenn er es dürfte: "Es sollen auch mal die Jungen nachkommen." Es gebe immer neue Probleme und immer neue Lösungen dafür - wenn die Amtsinhaber zu lange blieben, würden sie irgendwann auch ein bisschen betriebsblind. Bei der Frage, ob es dafür eine fixe Altersgrenze braucht, "bin ich ein bisschen zwiespältig", sagt Mayr. Denn ob jemand mit 67 oder vielleicht erst mit 69 in den Ruhestand geht, das solle im Einzelfall entschieden werden. Frick - der übrigens bei der vergangenen Wahl nur wegen der kurz zuvor um zwei Jahre angehobenen Altersgrenze erneut antreten konnte - sieht dies ebenfalls in der Verantwortung der jeweiligen Rathauschefs: "Die Bürgermeister sollen selber entscheiden, wann sie aufhören - und die Wähler."

Bei der Wahl 2020 durften im Landkreis Ebersberg vier Amtsinhaber wegen ihres Alters nicht mehr antreten

Bei der Wahl vor drei Jahren hatte die Altersgrenze übrigens zu einigen Amtswechseln geführt: Anzings Bürgermeister Franz Finauer (UBA), sein Ebersberger Amtskollege Walter Brilmayer (CSU), Markt Schwabens Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) und Vaterstettens Rathauschef Georg Reitsberger (FW) hatten zum Stichtag 2. Mai 2020 schon ihren 67. Geburtstag gefeiert. Interessant ist, dass es dadurch nicht nur zu einem Wechsel der Personen kam, sondern in drei der vier Kommunen seit 2020 auch eine andere Partei den Chefsessel im Rathaus gewann: Nur Michael Stolze, der in Markt Schwaben auf zwei SPD-Bürgermeister folgte, wurde ebenfalls von SPD und Freien Wählern nominiert, allerdings gehört er selbst keiner Partei an. In Anzing übernahm Kathrin Alte von der CSU das Amt, in Ebersberg der parteilose aber von der SPD nominierte Ulrich Proske und in Vaterstetten Leonhard Spitzauer von der CSU.

Will nicht 40 Jahre lang Bürgermeister sein: Vaterstettens Rathauschef Leonhard Spitzauer (CSU). (Foto: Christian Endt)

Letzterer ist übrigens der jüngste Bürgermeister im Landkreis, im Frühling feiert er seinen 38. Geburtstag. Auf die Frage, was er von der Aufhebung der Altersgrenze hält, antwortet Spitzauer, dass er sich damit eigentlich noch nicht tiefergehend beschäftigt habe. Ganz grundsätzlich sei er aber der Meinung, "dass man politische Ämter nicht auf ewig machen muss". Ob es dazu nun eine starre Altersgrenze brauche - die es ja auch nur bei den hauptamtlichen Bürgermeistern gibt - dazu könne man unterschiedlicher Meinung sein. Sich selbst, so Spitzauer, sehe er auf jeden Fall in 40 Jahren nicht mehr als Bürgermeister von Vaterstetten - ein Amt, welches übrigens weiterhin hauptberuflich ausgeführt wird.

Die Umwidmung des Vaterstettener Verwaltungschefs zu einem Ehrenamt blieb 2013 nämlich ein reines Gedankenspiel, was an einer anderen Regelung der Bayerischen Gemeindeordnung liegt. Diese ist da sehr eindeutig: In Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern müssen Bürgermeister hauptamtlich sein - aber vielleicht bald ohne Altersgrenze.

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