Mitten in der Falle:"Officer Anderson speaking..."

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Neueste Masche: Angebliche Officers von Europol üben Druck aus. Es handelt sich um Betrüger (Symbolfoto). (Foto: Karolin Krämer/dpa)

Vorsicht bei Anrufen von angeblichen Beamten der europäischen Polizeibehörde "Europol". Über ein Telefonat mit einem Mann, der sich "Ronnie Anderson" nennt.

Glosse von Korbinian Eisenberger

Officer Ronnie Anderson meldet sich am Donnerstagfrüh um kurz vor neun Uhr. Eine Zeit, bei der die meisten Menschen wach genug sind, um an ihr Handy zu gehen. Aber vielleicht noch nicht zwingend sämtliche Antennen des Argwohns ausgefahren sind. Als hätte der Officer Ronnie Anderson es geahnt.

Es kommt schon mal vor, dass man als Journalist von einem Polizisten angerufen wird, auch am Handy. Idealerweise, weil ein Beamter Relevantes zu erzählen hat. Weniger willkommen ist das, wenn das Presseschild im Auto nicht überzeugend genug war, um im Parkverbot stehen zu bleiben. Alles schon da gewesen. Nun aber geht es um größere Dimensionen.

Officer Ronnie Anderson erklärt, er arbeite für das europäische Polizeiamt Europol. Wo war noch gleich deren Sitz? Belgien oder eher Holland? Nun, wird schon plausibel sein, dass der Mann Englisch spricht. Während in einer bayerischen Küche Kaffee aus der Maschine in eine Tasse rinnt, sind in einem holländischen Büro - oder war's doch in Belgien? - Hintergrundstimmen und das Tippen auf Tastaturen zu hören. Scheint ganz schön was los zu sein bei Europol.

Das Gespräch dauert mittlerweile knapp sieben Minuten. Officer Andersons Stimme wird jetzt ernst. Er erklärt, dass er nun empfehle, sehr gut zuzuhören. Als Opfer eines Identitätsraubs sei das nun sehr wichtig. Es drohten in solchen Fällen erhebliche Verluste. Das Bankkonto könne schon sehr bald sehr leer sein. Aber, sagt er: Der Kommissar habe eine "hundert Prozent sichere Lösung" parat.

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Der Weg zu dieser Lösung war auffällig ausgeklügelt. Der Anruf kommt von einer unauffällig wirkenden deutschen Handynummer. Wer abhebt, bekommt eine automatische Ansage vorgespielt, die das Wort "Europol" und andere behördlich und europäisch wirkende Elemente enthält. Dann gelangt man in eine Art "Vorzimmer" des Kommissars, zwei Minuten später wird man mit "Officer Anderson speaking" begrüßt.

Auf den Verdacht, dass es sich beim Officer um einen Saubazi handeln könnte, greift Ronnie Anderson zu seiner Geheimwaffe. Er lässt einen die holländische Telefonnummer +31 703025001 bei Google eingeben - was tatsächlich zu Ergebnissen führt, in denen "Europol" auftaucht. Kurz darauf wird man von genau dieser Nummer angerufen. Als Beweis, dass der Officer tatsächlich einer ist. Vielleicht will er ja doch nur Gutes?

Nach gut zehn Minuten bekommen die Antennen des Argwohns endlich das bis dato eindeutigste Signal: Der Officer bittet darum, den Laptop einzuschalten und ein Programm zu installieren, mit dem er sich auf das Gerät schalten kann. Und zwar, jetzt kommt's, um das Geld des seiner Identität Beraubten in Sicherheit zu bringen. Alles klar, Herr Kommissar. Wer sich bei Officer Anderson persönlich über dessen Ermittlungen erkundigen möchte, erreicht ihn unter seiner holländischen Nummer unter +31 85 208 1914.

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