Volksfest-Alternative:"Der letzte Funken Hoffnung"

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Endlich wieder Riesenrad fahren: Darauf freuen sich wohl schon viele Volksfestgänger nach der Pandemiepause. (Foto: Toni Heigl)

Auch 2021 wird es kein Dachauer Volksfest geben. Die Stadträte müssen es wie im schon im vergangenen Jahren wegen der Pandemie erneut absagen. Jetzt ruhen alle Hoffnungen auf einer coronakonformen Alternative.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

In Zeiten der Seuche hilft manchmal nur noch Galgenhumor. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) erteilt Stadtrat Robert Gasteiger (Freie Wähler Dachau), seines Zeichens Volksfestreferent, am Mittwochnachmittag das Wort und sagt: "Unser Referent für Ersatz-Volksfest." Gasteiger korrigiert den OB und nennt sich selbst: "Referent ohne Volksfest." Es ist das einzige Mal in dieser historischen Sitzung, dass die Stadträte unter ihren Masken Lacher ausstoßen. Ansonsten gleicht das ganze eher einer Beerdigung.

Obgsagt is. Endgültig. Auch 2021 wird ein Jahr ohne das Dachauer Volksfest sein. Die Stadträte haben im Kulturausschuss mit großer Mehrheit beschlossen, das Volksfest auf 2022 zu verschieben. Angesichts der aktuellen und voraussichtlichen Pandemie-Lage, die keine Großveranstaltungen und schon gar kein Volksfest mit Bierzelt und tausenden Besuchern erlaubt, blieb ihnen kaum etwas anderes übrig. Damit fällt das Volksfest zum zweiten Mal hintereinander aus. Im vergangenen, ersten Pandemie-Sommer musste es die Stadt bereits absagen. 2020 und 2021 gehen auch vor diesem Hintergrund in die Dachauer Stadtgeschichte ein. Von 1946 bis 2019 fand jedes Jahr ein Volksfest auf der Thoma-Wiese statt. Schon Ende Februar beschäftigten sich die Stadträte im Ferienausschuss mit einer möglichen Absage. Jetzt mussten sie final entscheiden, da andernfalls die Planungen für ein reguläres Volksfest weitergelaufen wären und die Stadt erheblich finanziell in Vorleistung hätte gehen müssen. Nach Angaben der Verwaltung hätten sich zwar einige Volksfestwirte gewünscht, noch die Pfingstferien abzuwarten und dann zu entscheiden. Angesichts der aktuell wieder steigenden Infektionszahlen - der Bundestag beschloss am Mittwoch die bundesweite Notbremse - wäre das aber ein zu viel hohes Risiko gewesen, das niemand eingehen will. Zumal die Stadt ohnehin durch die Coronakrise finanziell stark gebeutelt ist.

Die Hoffnungen ruhen stattdessen auf einer coronakonformen Volksfest-Alternative. Die Mitglieder des Kulturausschusses beschlossen, dass das Kulturamt die Planungen für einen "Sommer auf der Thoma-Wiese" vorantreiben soll. Vorgesehen ist ein temporärer Freizeitpark auf der Thoma-Wiese mit Kinder- und Familienfahrgeschäften, Spiel und Schießbuden, Süßwaren-, Imbiss- und sonstigen Verkaufsständen. Zudem soll es einen Biergartenbereich geben. Dabei sollen strenge Hygiene- und Schutzvorschriften ein Infektionsrisiko minimieren. Um das Gelände zu entzerren und Wartebereiche mit Abstand zu ermöglichen, können maximal 40 Betriebe Stände oder Fahrgeschäfte aufstellen. Das ist ungefähr die Hälfte eines regulären Volksfestes. In Abstimmung mit dem Bayerischen Landesverband der Marktkaufleute und Schausteller sowie dem Schaustellersprecher des Dachauer Volksfestes sollen nur Betriebe ein Angebot von der Stadt erhalten, die seit mehr als acht Jahren auf dem Dachauer Volksfest vertreten sind. So will die Stadt auch die regionalen Schausteller ein wenig unterstützen, die in der Krise finanziell ums Überleben kämpfen. Auch die übliche Standgebühr wird halbiert. Der "Sommer auf der Thoma-Wiese" soll vom 31. Juli bis 16. August stattfinden.

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Ersatz-Volksfestreferent Gasteiger, sprach von einer "guten Alternative". Man setze damit ein "klares Signal", sowohl an Schausteller als auch an die Bürger, sagte er. "Die Bürger warten schon, dass sie wenigstens in den Biergarten gehen können." Auch Kulturamtsleiter Tobias Schneider sagte: "Wir machen damit etwas, womit wir den Bürgern eine Perspektive geben und eine riesige Freude bereiten."

Im Kulturausschuss stimmte nur Jürgen Seidl (FDP) gegen den "Sommer auf der Thoma-Wiese". Er habe Bedenken, ob sich alle Gäste im Biergartenbereich an die Hygienevorschriften halten würden, sagte er. Doch sein "größtes Problem" seien die Kosten. Das Kulturamt rechnet aktuell mit einem Defizit von circa 70 000 Euro. Auch das reguläre Volksfest ist immer ein Minus-Geschäft für die Stadt. Seidl meinte, es sei den Leuten nicht zu vermitteln, wenn die Stadt zum Beispiel beim Sport die Mittel streiche, aber dafür für ein alternatives Volksfest so viel Geld ausgebe. Zudem sei es keine kommunale Aufgabe, die Schausteller zu unterstützen. Alle anderen Stadträte sahen das anders und sprachen sich für den "Sommer in der Stadt" aus. Jürgen Henritzi (AfD) meinte, die Stadt habe hier eine "moralische Aufgabe".

Ob die Volksfest-Alternative aber wirklich über die Bühne gehen kann, ist derzeit noch unklar. Blieben die Infektionszahlen auf dem derzeitigen Niveau, dürfte die Stadt den "Sommer auf der Thoma-Wiese" wohl nicht stattfinden lassen. OB Hartmann betonte, nur weil man das heute beschließe, heiße das nicht, dass es auch stattfinden werde. "Wenn aber was geht, dann am ehesten das." Es handle sich um den "letzen Funken Hoffnung".

© SZ vom 23.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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