Tourismus:Allein es fehlen die Gäste

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Die Freude darüber, dass Hotels und Ferienwohnungen wieder gebucht werden dürfen, ist bei den Gastronomen im Landkreis Dachau verhalten, sind die meisten Besucher doch eher Tagesausflügler

Von Jacqueline Lang

Die Pfingstferien nahen und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat unlängst bayerischen Ferienwohnungen und Hotels erlaubt, von dem langen Pfingstwochenende an wieder Gäste zu empfangen. Zahlreiche Urlaubsregionen im Freistaat haben darauf mit Freude reagiert. Im Landkreis Dachau ist man indes eher verhalten. "Wir sind keine Urlaubsregion", fasst es Michael Groß zusammen. Durch die Nähe zu München würden im Landkreis unter normalen Umständen vor allem Geschäftsleute übernachten oder bei größeren Familienfeiern wie etwa einer Kommunion auch mal Verwandte. Der Dehoga-Kreisvorsitzende betreibt selbst sowohl ein Hotel sowie einen Gasthof in Bergkirchen und hat seit vergangenem Sonntag wieder geöffnet und auch vereinzelt Gäste bewirtet, die sich zwischen den Regenschauern kurz hingesetzt haben. Aber, das stellt Groß klar: "Bei uns ist nichts ausgebucht". Das gelte sowohl für sein Hotel, als auch für die übrigen Übernachtungsstätten im Landkreis Dachau.

Und dabei könnten auch die Hoteliers im Landkreis nach den langen Monaten ohne einen einzigen Gast wieder volle Buchungsbücher vertragen: Der Lockdown, der seit vergangenem November angedauert hat, hatte laut Julia Gail, der Geschäftsleiterin von Dachau Agil, erhebliche Auswirkungen auf die Übernachtungs- und Ankunftszahlen im Landkreis Dachau gehabt. Von November bis März habe es bei den Ankünften von Gästen einen Rückgang von knapp 64,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gegeben, so Gail. Bei den Übernachtungen habe zudem ein Rückgang von 52,5 Prozent im gleichen Zeitraum verbucht werden müssen. Zumindest für den Sommer hat Gail aber noch Hoffnung: "2020 zeichnete sich über die Sommermonate ein Aufwärtstrend ab. Wir hoffen auf einen ähnlichen Effekt in diesem Jahr."

Das Hotel Zum Fischer, das Ludwig Rettinger betreibt, hat über Pfingsten noch Platz für Gäste. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das hofft auch Ludwig Rettinger. Er betreibt gemeinsam mit seiner Frau das Hotel "Zum Fischer". Trotz Söders Ankündigung sei der "touristische Schwung" bislang ausgeblieben. Allerdings, so Rettinger, habe er auch nicht damit gerechnet, dass gleich allzu viele Touristen kommen würden. Die Hygienebestimmungen würden, so glaubt er, immer noch viele abschrecken. Zumal, wenn man keinen reinen Erholungsurlaub in einem Spa plane, sondern einen Städtetrip, etwa nach Dachau. Bei den ganzen Einschränkungen gehe schlicht der "Urlaubsfaktor verloren". Zudem fehlen Rettinger aber auch die Geschäftsreisenden, die normalerweise gut 70 Prozent seiner Gäste ausmachen. Ähnlich wie sein Kollege Groß hofft Rettinger deshalb, dass zumindest seine ans Hotel angegliederte Tafelwirtschaft bald wieder ganz regulär Gäste empfangen darf und spätestens im Sommer dann die Übernachtungsgäste folgen werden.

Rettingers Aussagen decken sich mit den Erhebungen des Bayerischen Landesamtes für Statistik: Demnach waren es im Monat Januar 1932 Übernachtungen weniger in Dachau als sonst im selben Zeitraum. Das entspricht einem Minus von 78,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Für die Monate Februar und März haben sich die Zahlen zumindest ein wenig stabilisiert. Für die Monate April und Mai fehlen die Zahlen noch. "Die Richtung stimmt schon mal, das Minus wird deutlich kleiner", gibt sich Monika Webersberger vorsichtig optimistisch.

Der Gasthof Groß in Bergkirchen ist trotz Lockerungen über Pfingsten nicht ausgebucht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Zur aktuellen Buchungslage liegen der Abteilungsleiterin Tourismus derzeit nach eigenen Informationen keine belastbaren Zahlen vor, ebenso wenig kann sie genau sagen, ob vor allem Menschen aus Bayern oder anderen Landkreisen nach Dachau kommen. "Was wir allerdings wissen ist, dass der Auslandsmarkt insgesamt sich nur langsam erholt", sagt Webersberger. Die Mehrheit der Dachauer Übernachtungsgäste komme demnach also wohl aus dem Bundesgebiet und die Mehrheit der Tagesbesucher aus dem Münchner Umland. Das deckt sich mit den Zahlen für den Landkreis: Laut Dachau Agil kamen in den vergangenen Monaten knapp 90 Prozent der Gäste aus Deutschland.

Aus diesem Grund hat sich die Tourist-Information in den vergangenen Monaten auch vor allem auf alles rund um das Thema "Natur erleben" fokussiert. Rundgänge, Spazier- und Radwege würden stark nachgefragt, so Webersberger. "Dazu vernetzte man sich unter anderem in den Arbeitsgruppen "Ammer-AmperRadweg" und "Münchner Umland". "Es zeigt sich, dass wir derzeit als oberbayerische Kleinstadt mit einem reichen Angebot an "Natur" direkt vor und teils auch mitten in der Stadt einen großen Vorteil gegenüber Großstädten mit dem klassischen Städtetourismus haben", so Webersberger.

Der sogenannte Ausflugsticker Oberbayern, eines der Projekte, das Dachau von Anfang an auch für die Stadt genutzt habe, sei gerade erst mit dem ADAC-Tourismuspreis Bayern 2021 ausgezeichnet worden. Hier würden Besucherströme digital gelenkt, erklärt die Abteilungsleiterin. Touristen können sich dort über Ausflugsziele informieren, die nicht jeder kennt und erfahren, wo gerade besonders viel los ist und bekommen dann Alternativen vorgeschlagen - zum Beispiel im Landkreis Dachau. "Digital haben wir im letzten Jahr ohnehin viel bewirkt, allerdings freuen wir uns jetzt auch wieder sehr auf die echte Begegnung vor Ort, sowohl in den Hotels als auch beispielsweise in einer Stadtführung", so Webersberger.

Die Dachauer Tourismusexpertin und viele ihrer Kollegen gehen davon aus, dass sich das Reiseverhalten "grundlegend ändern könnte und Regionalität und Outdoor auch längerfristig eine bedeutende Rolle spielen werden". Aber hier sehe sie die Stadt Dachau "gut aufgestellt", so Webersberger.

Fehlen also nur noch die Besucher.

© SZ vom 21.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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