Landtagswahl in Bayern:So reagieren Kommunalpolitiker anderer Parteien auf Söders Rede

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Beim Politischen Dienstag der CSU sitzen auch Kommunalpolitiker anderer Parteien im Festzelt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der bayerische Ministerpräsident spricht beim Politischen Volksfestdienstag im Großen Festzelt. Für seinen Auftritt bekommt er viel Applaus, doch seine Aussagen verfangen längst nicht bei allen Zuhörinnen und Zuhörern. Eine Umfrage.

Von Gregor Schiegl und Anna Schwarz, Dachau

Beim Politischen Volksfestdienstag in Dachau feiert die CSU ihren Ministerpräsidenten Markus Söder. Doch den Wahlkampfauftritt verfolgen auch Politikerinnen und Politiker anderer Parteien, die sich noch so leicht begeistern lassen wie die eigene Gefolgschaft.

"Söder kann Bierzelt und Populismus perfekt"

Sabine Geissler hätte sich vom Ministerpräsidenten mehr konkrete Vorschläge etwa im Bereich erneuerbaren Energien gewünscht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Sabine Geißler, Stadträtin (Bündnis für Dachau):

"Man hat gemerkt: Söder kann Bierzelt und Populismus perfekt - für mich war die Rede zu hundert Prozent vorhersehbar, vor allem dieses ständige Eindreschen auf die Ampel in Berlin und die Grünen. Er hat zum Beispiel so getan, als ob jeder jetzt eine Wärmepumpe für 100 000 Euro einbauen muss oder dass Süßigkeiten nun komplett verboten werden - aber das ist natürlich völliger Quatsch. Außerdem kam nichts Neues von ihm: Söder hat nur immer wieder betont, dass Bayern so toll ist und auch so bleiben soll. Wie wir das hinkriegen, hat er aber nicht gesagt. Unter anderem hat er gemeint, dass wir bei der Wasserkraft gut dastehen, aber kein Wort darüber verloren, wie es in anderen Bereichen der erneuerbaren Energien weitergehen kann. Da könnten wir aber schon viel weiter sein."

"Man merkt, dass Wahlkampf ist"

Markus Erhorn ist froh, dass sich Söder so klar gegen die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen hat. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Markus Erhorn, Stadtrat (Freie Wähler Dachau):

"Söder war schon mitreißend, ich war überrascht, es war eine echt gute Rede. Ich hatte ihn in dieser Rolle zuvor noch nie live erlebt. Er war unterhaltsam, die Stimmung hat gepasst. Ich glaube, Söder hat den Nerv der Zuhörer getroffen. Es waren natürlich einige knackige Aussagen dabei, man merkt, dass Wahlkampf ist. Ich bin froh, dass er sich so klar gegen die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen hat und dass er dagegen kämpfen wird. In der Rede hat er uns Freie Wähler totgeschwiegen, aber das ist immer noch besser, als angegriffen zu werden wie die Grünen. Ich hoffe, dass er uns Freie Wähler nach der Landtagswahl wieder braucht und die Bayern-Koalition erneut zustande kommt. Dann können wir ihn ein bisschen unterstützen, damit er auf dem richtigen Weg bleibt."

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"Ermüdende Aussagen zur Atomkraft"

Hubert Böck sieht in Markus Söder eher einen starken Kabarettisten, als einen starken Ministerpräsidenten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Hubert Böck, Landtagskandidat (SPD):

"War es eine starke Rede eines starken Ministerpräsidenten? Ich fand, es war eine starke Rede eines starken Kabarettisten. Der beste Spruch war, dass man keine Chips-Fabriken fördern möchte, aber dass Bayern zum Mond fliegen will. Von einigen Organisationen wurden wir gefragt, ob wir im Nachgang eine gemeinsame Demo organisieren möchten, um gegen Söders Polemik zu demonstrieren; nach seinem Auftritt in Erding zum Heizungsgesetz hatten manche in Dachau etwas Ähnliches befürchtet. Aber so schlimm war es jetzt gar nicht. Seine Aussagen zur Atomkraft waren eher ermüdend: Es würde Monate, wenn nicht Jahre dauern, die Atomkraftwerke ans Netz zu bekommen, und das weiß auch Söder. Diese Forderung ist einfach hirnrissig. Was ich gut fand, war seine Klarstellung zur AfD."

"Das will man in Bayern einfach hören"

Wolfgang Moll hätte erwartet, dass die Stimmung im Festzelt noch euphorischer wird. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wolfgang Moll, Stadtrat (WIR):

"Seine Entertainment-Qualitäten kann man Söder wirklich nicht absprechen, aber man hat bei seiner Rede auch gemerkt, dass gerade Wahlkampf ist: Er hat die eigenen Vorzüge der CSU sehr hervorgehoben und ganz genau auf die Fehler der anderen Parteien geschaut. Das ist eben gewohntes Wahlkampfgezeter. Gleichzeitig haben wir einen seriösen Ministerpräsidenten gehört. Das heißt: Er hat auch eigene Fehler eingeräumt und ist auf Befindlichkeiten und Sorgen eingegangen, die die Menschen einfach bewegen, zum Beispiel die Familienpolitik oder die Abschaffung der Erbschaftssteuer - das will man in Bayern einfach hören. Die Stimmung im Zelt fand ich euphorisch, aber nicht über-euphorisch. Da hätte ich eigentlich mehr erwartet, wenn der erste Mann des Freistaats nach Dachau kommt."

"Hätte mehr Seitenhiebe nach Berlin erwartet"

Horst Ullmann war überrascht von der Bierzelt-Rede Markus Söders. (Foto: Anna Schwarz)

Horst Ullmann, Stadtrat (Bürger für Dachau):

"Ich war überrascht und hätte erwartet, dass Söder noch mehr auf die Ampel-Regierung draufhaut. Diese Seitenhiebe nach Berlin sind ja das Salz in der Suppe in so einer Rede und das mag auch die Bevölkerung hören. Ich fand es aber gut, dass er Themen angesprochen hat, die der Bevölkerung auf der Seele brennen, wie die Energiefrage und die Atomkraftwerke, die man einfach abgeschaltet hat. Auch bei der Einwanderungspolitik gehe ich mit ihm konform, dass es so nicht weitergehen kann. Außerdem hat er auf Missstände in der Bevölkerung hingewiesen, das sehe ich auch bei der Dachauer Tafel: Da kommen immer mehr Leute, das macht mir Sorge, da muss man helfen. Insgesamt aufgefallen ist mir, dass sich Söder teilweise als Löwenmann, also sehr groß dargestellt hat, aber ansonsten war er überzeugend."

"Abgrenzung zur AfD war zu schwach"

Volker C. Koch fand Söders Umgang mit dem Dachauer CSU-Ortsvorsitzenden unangebracht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Volker C. Koch, Stadtrat (SPD):

"Söder ist ein bisschen im Comedy-Stil aufgetreten und hatte die Lacher oft auf seiner Seite. Insgesamt hat er sehr viel darüber gesprochen, was er nicht will - aber gleichzeitig nicht gesagt, was er stattdessen in den nächsten fünf Jahren machen möchte. Außerdem fand ich es sehr schwach, wie er mit seinem Dachauer CSU-Ortsvorsitzenden umgegangen ist und über seinen Körper gelästert hat, das gehört sich einfach nicht. Natürlich hat Söder auch viel Ampel-Bashing betrieben, aber das war zu erwarten. Seine Abgrenzung zur AfD fand ich zu schwach: Söder hat gemeint, dass er die Partei ablehnt, weil sie aus der Nato und EU austreten will. Eine echte Abgrenzung eines Demokraten wäre es gewesen, wenn er gesagt hätte, dass mit der AfD Faschisten an die Macht kommen würden."

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