Bahnstreik:"Die Leidtragenden sind die zahlenden Fahrgäste"

Lesezeit: 2 min

Wie behält man als Pendler in diesen Tagen die Nerven? Indem man sich beschwert, sagt Bahnhofspate Josef Mittl. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Gegen bessere Arbeitsbedingungen hat "Bahnhofspate" Josef Mittl eigentlich nichts einzuwenden. Für den aktuellen Streik der Gewerkschaft der Lokführer hat er aber wenig Verständnis.

Interview von Lisa Nguyen, Dachau

Drei volle Tage ohne ICEs, Regionalzüge und S-Bahnen: Der laufende Arbeitskampf der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) zehrt an den Nerven vieler Bahnfahrer. Der Petershausener Josef Mittl kennt den Frust der Fahrgäste nur allzu gut. Der ehrenamtliche Bahnhofspate und Mitglied des Fahrgastverbands Pro Bahn fuhr fast täglich in die Münchner Innenstadt. Mittlerweile pendelt Mittl nicht mehr so viel wie früher. Für die Belange der Fahrgäste setzt er sich trotzdem noch ein.

Herr Mittl, haben Sie Verständnis für die streikenden Lokführer?

Ich kann verstehen, dass die Forderung der GDL mit einer Lohnerhöhung und der 35-Stunden-Woche den Lokführer-Beruf attraktiver machen will. Bei dem aktuellen Arbeitskampf hat die Gewerkschaft aber relativ früh die Urabstimmung einberufen. Zudem wurden alle Angebote, die die Deutsche Bahn bisher gemacht hat, recht schnell geblockt. Wenn man die Tarifverhandlungen der früheren Jahre betrachtet, wurden zumindest Gespräche geführt, bevor man dicht gemacht hat. In meinen Augen ist Herr Weselsky ( Claus Weselsky, Vorsitzender der GDL, Anm. d. Red.) mit eigentlich unerfüllbaren Vorgaben in die Tarifverhandlungen reingegangen. Dadurch erweckt es den Eindruck, dass er bei seinen letzten Verhandlungen zeigen will, wozu die GDL fähig ist. Die Leidtragenden sind dann die zahlenden Fahrgäste.

Sind Sie aber grundsätzlich mit höheren Löhnen für Lokführer einverstanden? Selbst wenn die Fahrpreise dadurch steigen könnten?

Auch wenn ich den aktuellen Streik für unverhältnismäßig halte, finde ich, dass die Lokführer das Recht haben, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Teurere Fahrpreise wären nachvollziehbar, wenn sich die höheren Löhne der Lokführer eins zu eins in eine bessere Lage auf den Schienen übersetzen würden.

Was sind im Landkreis Dachau aktuell die größten Stellschrauben im Nahverkehr?

Es gibt attraktive Angebote im Landkreis, die aber nicht synchronisiert sind. Seit fast zwei Jahren fährt beispielsweise die Buslinie 771 zwischen Petershausen und Lohhof. Die Verbindung ist gut, allerdings ist die Linie nicht mit den Abfahrtszeiten der Regionalbahn abgestimmt, sodass man immer mit längeren Wartezeiten rechnen muss.

Sie sind fast täglich gependelt, haben etliche Zugausfälle, Bahnstreiks und Verspätungen erlebt. Was haben Sie gemacht, um die Nerven zu bewahren?

Mich Beschweren. Die unpünktlichen Züge rauben viel Lebensqualität, besonders wenn man an diesen Tagen bei der Kälte am Bahnsteig steht. Wenn man aber erst einmal den Frust schluckt und sich bei der Bahn meldet, kann man durchaus auf offene Türen stoßen. Ein anderer Weg ist, sich direkt an die Politik zu wenden. Wenn diese neue Autoverbindungen schafft, so ist es auch ihre Aufgabe für einen zuverlässigen Nahverkehr mit angemessenen Preisen zu sorgen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBad im Winter
:Der Mann im Eis

Frieren, Atmen, Meditieren: Ralph Damrau schwört aufs Eisbaden. Der Trainer der Wim-Hof-Methode taucht in Seen und Eiswürfelbottiche - und berichtet, wie das sein Leben verändert hat.

Von Jessica Schober, Niels P. Jørgensen und Robert Haas

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: