Amtsgericht Dachau:Postzusteller entsorgen Briefe im Container

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Zunächst bestreitet das Paar die Tat vor Gericht, schließlich zeigen sich beide geständig. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Vor dem Dachauer Amtsgericht wird das angeklagte Ehepaar zu einer Geldstrafe verurteilt. Richter Stefan Lorenz sieht durch das Verhalten das Vertrauen in die Post gefährdet, er weiß aber auch um die Überforderung der Postboten.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Richter Stefan Lorenz geht es bei der Verurteilung eines Ehepaares aus Altomünster nicht um ein paar weggeworfene Werbesendungen, die vermutlich ohnehin früher oder später im Müll gelandet wären. Es geht ihm um das Vertrauen der Bevölkerung in die Post, das durch ein solches Handeln nachhaltig "beschädigt" werde. Menschen würden sich, so Lorenz, schließlich darauf verlassen, dass Briefe bei ihnen ankommen, nicht umsonst lautet der Tatbestand Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses. Das Paar, eine 41-Jährige und einen 43-Jährigen, verurteilt Richter Lorenz deshalb vor dem Dachauer Amtsgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt 550 Euro.

Obwohl an einer Verurteilung letztlich kein Weg vorbeiführt, äußert Richter Lorenz auch Verständnis für das Verhalten der beiden ehemaligen Postangestellten. Es sei, so Richter Lorenz, klar erkennbar, dass sie aus einer "Überforderungssituation" heraus gehandelt hätten. Eine Überforderung, die laut Richter Lorenz kein Einzelfall ist: Immer wieder landen Fälle von maßlos überforderten Paketzustellern und Postbotinnen vor Gericht, auch vor dem Dachauer Amtsgericht. Das Arbeitspensum sei hoch, die Menge an Lieferungen oft nur schwer zu schaffen. Im schlimmsten Fall führt das, wie im Fall der zwei Verurteilten dazu, dass Sendungen einfach entsorgt, statt zugestellt werden.

Vor Gericht bestreitet das Ehepaar die Taten zunächst. Weder will der 43-Jährige im vergangenen Jahr am 26. April 24 Postsendungen in einem Altpapiercontainer in Unterweikertshofen entsorgt haben, noch will seine 41-jährige Ehefrau nur wenige Tage später, am 3. Mai, 202 Postsendungen in denselben Container geschmissen haben. Sie hätten ihre Arbeit stets gerne gemacht, niemals wären sie, so beteuern sie zu Beginn der Verhandlung, auf die Idee gekommen, Sendungen wegzuschmeißen. Postintern sei aber durchaus bekannt gewesen, dass so etwas vorkomme.

"Was ich überhaupt nicht leiden kann, ist, wenn mich jemand verarscht"

Der Anklagte gibt vor, nicht mehr zu wissen, ob er am Tag der Tat überhaupt Dienst gehabt habe. Seine Frau wiederum erklärt, sie habe sich am Tattag verletzt und sei schon kurz nachdem eine Anwohnerin sie am Altpapiercontainer gesehen haben will, in der vier Kilometer entfernten Postfiliale in Erdweg gewesen - und an zwei Orten gleichzeitig könne sie ja schlecht gewesen sein.

Richter Lorenz hält die Ausführungen der beiden für wenig glaubwürdig: "Was ich überhaupt nicht leiden kann, ist, wenn mich jemand verarscht." Sollten sie die Taten so wie beschrieben doch begangen haben, rät er dem Ehepaar zu einem Geständnis. Wenn die Gründe - wie etwa Überforderung - nachvollziehbar seien, werde sich dies auch strafmildernd auswirken, versichert er.

Nachdem der erste Zeuge, ein Mann, der in unmittelbarer Nähe der Container wohnt, sehr detailliert beschrieben hat, was er beobachtet und wie viele Postsendungen er an beiden Tagen gemeinsam mit einer weiteren Anwohnerin aus dem Altpapier gefischt hat, bittet der Verteidiger des 43-Jährigen um eine kurze Unterbrechung. Als die Angeklagten kurz darauf in den Sitzungssaal zurückkehren, lassen sie über ihre beiden Anwälte Geständnisse übermitteln, weitere Angaben wolle man nicht mehr machen. Vor allem der 43-Jährige ist sichtbar mitgenommen, Richter Lorenz wird später noch sagen, dass man ihm merklich ansehe, dass er sein Verhalten bereue.

Grundsätzlich, da sind sich Staatsanwaltschaft sowie die beiden Verteidiger und auch Richter Lorenz einig, muss man dem Ehepaar zugute halten, dass es sich bis auf zwei Ausnahmen nicht um Privatpost sondern lediglich um Werbungen gehandelt habe. Gleichwohl hätten sie insgesamt knapp 300 Postsendungen entsorgt.

Mit Berücksichtigung der schwierigen finanziellen Situation des Paares - sie ist derzeit arbeitslos, er ist bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt und verdient lediglich 800 Euro, zusammen haben sie außerdem drei Kinder zu versorgen - verurteilt sie Richter Stefan Lorenz schließlich zu je 40 beziehungsweise 70 Tagessätzen à fünf Euro. Denn auch wenn sie sich bislang noch nie etwas zuschulden hätten kommen lassen, meint Richter Lorenz, müsse doch klar sein: Sie hätten die Briefe nicht einfach entsorgen dürfen, so ein Fehlverhalten einzelner Zusteller falle auf die Post insgesamt zurück.

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