Klar, wer per Track ein Genre definieren möchte, der muss auch etwas auffahren. Und so darf man Chris Liebings 1999 veröffentlichte Bergbau-Bollernummer "The Real Schranz" denn auch als Absichtserklärung auffassen, den sogenannten Schranz in seiner ganzen kathartischen Schockwellenhaftigkeit abzubilden. Was als wesentlicher Miterfinder dieser Musik auch sein gutes Recht ist. Geht das lautmalerische "Schranzen", das ein sprachinnovativer Bekannter Chris Liebings mal als Synonym für "Schreddern" in die Welt setzte, doch auf jene Zeit zurück, in der Liebing oftmals in Sven Väths Frankfurter Club Omen hinter den Decks stand. Er verkörperte dort die härteste aller Techno-Gangarten.
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Regelmäßig lud man in den mittleren und späten Neunzigerjahren im Omen mit Flyern zum fröhlichen "Birthday Schranz". So richtig zum Schwingen brachte Liebing seine massiven Techno-Bretter jedoch erst im Konkurrenzclub U60311, wo er immer wieder freitags sämtliche böse Geister rausschranzen durfte.
Dabei kann er es ja längst auch ganz anders, und das nicht nur als DJ, sondern auch als Produzent. Auf "Burn Slow", seinem 2018 erschienenen Debüt für das altehrwürdige britische Plattenlabel "Mute" ( Depeche Mode, New Order, Nick Cave), entfaltet er zusammen mit dem Filmmusikspezialisten Ralf Hildenbeutel einen sinister glimmenden Sound. Hier wird seine überbordende Kraftmeierei auf geradezu ideale Weise eingehegt und in neue Sphären der Eleganz überführt.
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Das Ergebnis sind feinste Suspense-Nummern wie "Novembergrey", das als Symbiose von Energie und Anmut auch im Winter keinen Deut von seinem düsteren Zauber einbüßt.
Chris Liebing, Samstag, 9. Dezember, Einlass 23 Uhr, Blitz Club, Museumsinsel 1, www.blitz.club