Odeonsplatz-Open-Air:Wehmut und Dankbarkeit

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Konzert in beeindruckender Kulisse: Klassik am Odeonsplatz. (Foto: Marcus Schlaf)

Mit dem Konzert auf dem Odeonsplatz nimmt Heinrich Braun Abschied vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks - der Kontrabassist geht nach mehr als 40 Jahren in den Ruhestand.

Von Egbert Tholl

Wenn das nicht mal ein Abschied ist: Diesen Sonntag spielt das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BRSO) mit Simon Rattle auf dem Odeonsplatz Filmmusik, Maria Furtwängler moderiert (am Samstag spielen die Münchner Philharmoniker). Während Tausende zuhören, wird Heinrich Braun zum letzten Mal mit dem Orchester spielen. Der Solokontrabassist geht in den Ruhestand. Nach mehr als 40 Jahren beim BRSO.

Als Heinrich Braun zum BRSO kam, war der Posten des Chefdirigenten gerade verwaist, weil Kyrill Kondraschin, der dafür vorgesehen war, überraschend verstorben war. Der neue Chef - es war dann Sir Colin Davis - trat am 1. September 1983 sein Amt an. Gleichzeitig wurde Heinrich Braun Solokontrabassist. Also derjenige, der die Kontrabässe anführt, sie zu einer gemeinsam atmenden Truppe zusammenschwört, der sich um die Ordnung kümmert, wenn der Dirigent gerade mit anderen Sachen beschäftigt ist. Es ist ein aufreibender Job, nicht ganz so anstrengend wie der des Konzertmeisters, aber "man muss es im Blut haben". Die Sicherheit, sagt Braun in der Probenpause beim Treffen im Hofgarten, sei im Laufe der Jahre gekommen.

Heinrich Braun (m.) führt die Kontrabassisten des BRSO zu einer atmenden Gruppe zusammen. (Foto: Astrid Ackermann)

Am 1. Januar 1982 fing Heinrich Braun im Orchester an, ein Jahr später gewann er das Vorspielen für die Solo-Stelle. Als er schon wusste, dass er es in die zweite Runde bei seinem ersten Vorspiel, dem für die Tutti-Position, geschafft hatte, schlich er sich in eine Probe, Bernard Haitink und Bruckners Siebte. Und Heinrich Braun war überwältigt von dem Klang, wusste, "ich muss in dieses Orchester". Hat geklappt. Ein halbes Jahr vorher hatte er sich schon einmal eingeschlichen, in Würzburg - offenbar war der junge Heinrich findig in solchen Unternehmungen. Er hörte Alfred Brendel, hörte Kubelik und ein Mozart-Klavierkonzert. Danach fragte er einen der Musiker, ob er ihm vorspielen dürfe. Der kam auf seine Studentenbude, hörte sich Braun an und meinte, wenn er beim Vorspiel so spiele, dann habe er die Stelle.

Mehr als 40 Jahre und nur drei Chefs. Auf Davis - "da war es noch gemütlicher" - folgte Lorin Maazel und eine "explosive Erweiterung des Repertoires". Nach diesem kam Mariss Jansons, und wenn man Heinrich Braun mit ihm erlebt hat, dann weiß man, dass ein Orchestermusiker seinen Chefdirigenten lieben kann. Damals war Braun im Orchestervorstand; nach jedem Konzert auf Tournee kam er zu ihm in die Garderobe, sagte ihm, wie er das Konzert empfunden habe. Wäre er einmal nicht gekommen, Jansons wäre irritiert, sogar beleidigt gewesen. Und: Jansons hörte auf das, was Braun sagte. Etwa als dieser ihn einmal aufforderte, seinen Perfektionismus ein bisschen abzulegen und einfach zu vertrauen.

Auf Youtube gibt es ein Video, worin Braun und Hansjörg Profanter, Soloposaunist und noch einen Tick länger im Orchester, vor einem Konzert in Paris ein Interview geben. Es ist ihr letztes Konzert auf Tournee mit dem BRSO. Zwei strahlende Fast-Ruheständler, voller Dankbarkeit und ein bisschen Wehmut. Letzte Frage an Braun, den alle Heiner nennen, niemand Heinrich: Kommt der Saal fürs BRSO? Antwort: "Ja."

Klassik am Oeonsplatz, Sa., 9. Juli, So., 10 Juli, 20 Uhr, www.klassik-am-odeonsplatz.de

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