Niemand konnte Giacomo Puccinis brisante Opern-Mischungen aus enormer Emotion, raffinierter Orchestermacht und vital erotischem Gesang so unwiderstehlich dirigieren wie Lorin Maazel. Es war in den frühen siebziger Jahren, als er noch Chef der Deutschen Oper Berlin und zugleich des Radio-Symphonie-Orchesters Berlin war. Da kippten auch Puccini-Verächter plötzlich gleichsam um und ließen sich hinreißen von der Delikatesse, Präzision und der bestechenden Überlegenheit, mit der Maazel den großen Opernapparat beherrschte und souverän seine Vorstellungen im Sinne Puccinis umsetzte.
Eine andere unlöschbare Erinnerung an diesen immer schlanken, elastischen, manchmal sich selbst virtuos ausstellenden, aber immer auf Perfektion und Unmissverständlichkeit in seiner Schlagtechnik ausgerichteten Dirigenten bleibt Gustav Mahlers gewaltige tragische 6. Symphonie in der Berliner Philharmonie, auch in den siebziger Jahren. Maazel dirigierte sein Radiosymphonieorchester mit geradezu erschreckender Genauigkeit und fordernder Unmittelbarkeit. Mahlers Eruptionen der Verzweiflung setzte das Orchester in dieser Aufführung fast brutal in der Heftigkeit und Ausdruckswut um, die Maazel da auslöste.
Genauso führte er die Musiker zu einem Aussingen Mahlerscher Kantilenen, dass deren Schmerzlichkeit und Untröstlichkeit, ihre Grellheit wie ihre Fahlheit niemanden kalt lassen konnte. Und als dann die Hammerschläge im Finale herabsausten, duckten sich die Zuhörer unwillkürlich so, als ob ein Riesenhammer auch sie zu zerschmettern drohte.
Leichtfüßig und geschmeidig agierte er, gab die Einsätze unfehlbar und akkurat
Lorin Maazel, dessen unvergleichliche Karriere schon im Knabenalter begann, als der große Leopold Stokowski den Neunjährigen einlud, das Los Angeles Philharmonic Orchestra zu dirigieren, stammte aus einer amerikanischen Musikerfamilie, der Vater Sänger, die Mutter Pianistin. Geboren wurde er am 6. März 1930 in Paris, wuchs in Los Angeles auf und lernte früh Klavier und Geige, ein Instrument, dass er noch in späten Jahren ausgezeichnet spielte und da noch CDs als Violinvirtuose aufnahm.
Aber das Dirigieren war sein Hauptinteresse. Nach Stokowski war es kein Geringerer als Arturo Toscanini, der den nun Elfjährigen 1941 vor sein NBC-Symphony Orchestra ließ. Was muss das für ein Talent gewesen, das solche Pultheroen überzeugen konnte! Victor de Sabata, auch ein weltberühmter und gefürchteter Maestro, hat diesen außergewöhnlichen Jungen, als "wunderbare Mischung aus Musikalität, Phantasie und Gedächtnis" beschrieben.