Fünf für München:Provinz, Pumpenforschung, Poetry-Slam

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Anna Aicher. (Foto: Helena Kalleitner)

Brandon Miller hat beim Bundeswettbewerb für Musical einen Preis gewonnen, Anna Aichers Fotoband "Like Father, Like Son" wurde ausgezeichnet und Philipp Potthast hat seinen Titel bei der Münchner Poetry-Slam-Meisterschaft verteidigt - unsere Münchnerinnen und Münchner der Woche.

Von Stefanie Witterauf

Provinz

Beim Deutschen Fotobuchpreis ist Anna Aicher in der Kategorie "Selfpublishing" mit Gold ausgezeichnet worden. Ihr Band "Like Father, Like Son" ist durch eine Einzelausstellung in ihrer Heimatstadt Traunstein entstanden. Nach dem Abitur ist sie nach Berlin gezogen, heute lebt sie in München und Salzburg. Mit zehn Jahren Abstand hat sie dort fotografiert, wo sie aufgewachsen ist. "Ich habe mich auf Jugendliche, die im ländlichen Raum mit alten Traditionen aufwachsen sind, konzentriert", sagt Aicher. Die Fotos zeigen etwa Mädchen an einem Bach, der früher eine Mühle betrieb und Jungs in Partyhütten am Waldrand.

Parade-Rolle

Brandon Miller. (Foto: Christian Hartmann)

Brandon Miller hat beim Bundeswettbewerb für Musical und Chanson in Berlin den zweiten Förderpreis gewonnen, dotiert mit 3000 Euro. Der 26-Jährige studiert seit 2022 an der Theaterakademie August Everding in München Musical. Aufgewachsen ist Miller in einem Dorf in der Nähe von Frankfurt. Dort besuchte er mit seiner Mutter und Schwester eine Aufführung von "Alice im Wunderland", was seine Leidenschaft für Musicals entfachte. "Ich merkte, dass es mehr als reines Schauspiel ist." Damals war er sechs Jahre alt. Seine ganze Familie hat sich daraufhin bei einem Theaterverein im benachbarten Dorf angemeldet, der ein Stück probte und an Weihnachten aufführte. "Doch dann ist erst meine Schwester ausgetreten, danach auch noch meine Mutter. Ich bin übrig geblieben", sagt Miller. Er spielte in der Jugendgruppe im Staatstheater Wiesbaden, bewarb sich nach seinem Abitur 2016 an mehreren staatlichen Schulen und arbeitete als Flugbegleiter.

Sechs Jahre flog er zwischen den USA, Südamerika und Europa, bis er im Jahr 2021 einen von sieben Plätzen an der renommierten Theaterakademie August Everding in München ergattern konnte. "An Musical gefällt mir die Kombination von Tanz, Gesang und Schauspiel", sagt Miller. "Sie können schwere Kost verarbeiten, können auch seicht sein." Eine Rolle, die er gerne einmal spielen möchte, ist die des Leo Frank in "Parade" - ein Stück über Antisemitismus und einen Lynchmord in den USA im Jahre 1915. An den New Yorker Broadway will Miller nicht, auch wenn er in den USA geboren ist und auch einen amerikanischen Pass besitzt. "Es macht mir mehr Spaß in meiner Muttersprache zu spielen", sagt er.

Pumpenforschung

Aller guten Dinge sind drei, aber in diesem Fall sogar vier. Denn so viele LMU-Forscher werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet und mit Forschungsgeldern ausgestattet: Die Mediziner Daniel Reichart und Florian Gärtner, Physiker Jad C. Halimeh und Kommunikationswissenschaftler Benjamin Krämer erhalten Förderungen aus dem Emmy-Noether- und Heisenberg-Programm. Ihre Forschung dreht sich um alternde Herzen, wandernde Immunzellen, Quantensimulationen und die Nutzung von Medien. Reichart ist seit 2021 Arzt am LMU-Klinikum und leitet die Forschungsgruppe am Genzentrum der LMU mit dem Projekt "Das alternde Herz: Identifikation neuer Biomarker des Alterns und Evaluation neuer Behandlungsansätze". Damit will er den Alterungsprozess des Organs und den schrittweisen Verlust der zellulären Widerstandsfähigkeit auf molekularer Ebene untersuchen, erklären, warum im Alter die Vulnerabilität für Herzerkrankungen größer ist und auch, warum Menschen unterschiedlich schnell altern.

Poetry-Slam

Philipp Potthast. (Foto: Juliane Rummel)

Bei dem alljährlichen Kräftemessen der besten Akteurinnen und Akteure der Poetry-Slam-Szene im ausverkauften Volkstheater, konnte Philipp Potthast, 29, den Titel der Münchner Stadtmeisterschaft verteidigen. Seit elf Jahren steht der gebürtige Freisinger mit selbst geschriebenen Texten auf der Bühne, wurde unter anderem schon mit dem Jugendkulturpreis des Landkreises Freising ausgezeichnet und bayerischer Poetry-Slam-Meister. Da er früher Hip-Hop-Musik gemacht hat, haben sich seine Texte zunächst oft gereimt. "Inzwischen rappe ich fast nicht mehr", sagt Potthast. Gerade erzählt er Geschichten aus den verschiedenen Münchner Stadtteilen in Prosa. In Haidhausen hat er etwa ein Werk einer Szene Öko-Eltern und dem Zuckerrausch ihres Nachwuchses gewidmet. An dem Abend im Volkstheater hat er sich mit "Der einsamste Erbe von München" die Maxvorstadt vorgenommen.

Manche Klischees, die er natürlich überspitzt, würden zu einem großen Teil eben doch stimmen. Das gentrifizierte Studentenviertel würde im Sommer tatsächlich nach Trüffel duften, wegen der ganzen feinen italienischen Restaurants und den geschniegelten Mittzwanziger, die in den Schanigärten auf ihre Pizzen reichlich Trüffelöl träufeln. Das habe Potthast selbst gerochen. Man möchte meinen, dass sein Humor mit Lokalkolorit nur in München funktioniere, doch tourte Potthast schon deutschlandweit mit seinen Stücken und brachte mit dem versnobbten und reichen München auch dort das Publikum zum Lachen. Nur zu Beginn würde Potthast beispielsweise Haidhausen in Hamburg erklären müssen. Junge Öko-Eltern und reiche Erben gibt es eben nicht nur in der Landeshauptstadt.

Pfeif auf Angst

Laura Finzi. (Foto: privat)

Die Münchner Autorin Laura Finzi ist mit ihrem Kinderbuchdebüt "Erik und der Mut-Tiger" für den mit 30 000 Euro dotierten Selfpublishing-Buchpreis nominiert. Aus den 259 eingereichten Kinder- und Jugendbüchern hat es ihr Titel zusammen mit weiteren neun auf die Longlist geschafft. Finzi, die in München und Esher, Großbritannien aufgewachsen und lieber mit dem Fahrrad als mit dem Auto unterwegs ist, erzählt die Geschichte von dem kleinen Jungen Erik, der ein Angsthase war, bis er den Mut-Tiger findet und sich traut, die große Rutsche runterzurutschen. Die Preisverleihung findet zusammen mit der Leipziger Buchmesse 2024 statt.

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