Im Genehmigungsverfahren für die zweite S-Bahn-Stammstrecke gibt es eine weitere Verzögerung. Das Eisenbahnbundesamt (EBA) will die von einem Gericht erlassenen strengen Lärmschutzauflagen kippen und hat dazu eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingereicht. Ziel ist es, die Revision von fünf Urteilen zum Bau des geplanten Haltepunkts am Marienhof vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu erreichen. Damit verzögert sich die endgültige Baugenehmigung für den Abschnitt nach Einschätzung von Juristen um sechs bis zwölf Monate - der ohnehin sportliche Zeitplan, der vorsieht, den zweiten Tunnel 2017 in Betrieb zu nehmen, gerät somit noch mehr unter Druck.
Anfang Februar hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) entschieden, dass das EBA die Baugenehmigung für den Abschnitt rund um den Marienhof beim Lärmschutz nachbessern muss. Die Verwaltungsrichter legten fest, dass das EBA der Bahn unter anderem höhere Lärmschutzwände um die Baugrube vorschreiben muss, um die Einkaufsbummler besser vor dem Baustellenlärm zu schützen. Darauf hatten die Gewerbetreibenden in ihren Klagen vor dem VGH gedrängt; sie befürchten wegen der Jahre andauernden Arbeiten vor ihrer Ladentür Umsatzrückgänge.
Doch nun will das EBA in Leipzig prüfen lassen, ob diese Auflagen rechtens sind. "Wir möchten die grundsätzliche Bedeutung dieses Urteils geklärt haben", sagt ein EBA-Sprecher. Offenbar hegt das Amt die Befürchtung, dass in Zukunft Gewerbetreibende auch bei anderen innerstädtischen Projekten ähnlich strikte Vorschriften einfordern.
Betroffene Gewerbebetreiber wollen mit allen Mitteln kämpfen
Bei den Betroffenen am Marienhof löst das Vorgehen des EBA "Kopfschütteln und Unverständnis" aus, so Anwalt Wolfgang Leitner, der unter anderem Betten Rid und den Herrenausstatter Eckerle vertritt. Noch sei unklar, ob das Bundesverwaltungsgericht eine Revision letztlich zulässt. Sollte es aber dazu kommen, "werden wir mit allen Mitteln für den verbesserten Lärmschutz kämpfen", so Leitner.
Der geplante Tunnel, der vom Leuchtenbergring bis nach Laim führen soll, ist in drei Bauabschnitte unterteilt; nur für den mittleren Abschnitt (Stachus bis Isar) liegt bislang eine Genehmigung vor. Diese hatten mehrere Kläger, unter anderem die Geschäftsleute vom Marienhof, angefochten. Für die beiden anderen Abschnitte laufen derzeit die Genehmigungsverfahren. Auch in diesen Bereichen drohen Klagen, insbesondere im dritten Abschnitt, der Haidhausen unterquert. Dort gibt es heftigen Widerstand.
Die Bahn hatte allerdings gehofft, möglichst rasch zumindest im mittleren Bauabschnitt mit den Arbeiten beginnen zu können - schließlich drängt die Zeit: Sollte München den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2018 bekommen, sollen - so wünschen es sich die Befürworter - im Jahr 2018 die Züge durch die neue Röhre rollen. Auch die Finanzierung des Projekts ist noch nicht ganz klar - Befürworter wie Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) hoffen dafür auf Mittel aus einem Sondertopf des Bundes zu Olympia. Daher drängt auch Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) immer wieder auf einen raschen Baubeginn.