Günstiger Nahverkehr:90 Minuten Schlange stehen fürs Deutschlandticket

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Vor den Servicecentern der Münchner Verkehrsgesellschaft war zuletzt regelmäßig viel Geduld gefragt. (Foto: Robert Haas)

Die Münchner Verkehrsgesellschaft hat schon mehr als 100 000 Günstig-Abos verkauft. Viele nehmen erstaunliche Wartezeiten hin - obwohl das gar nicht nötig wäre.

Von Sven Loerzer und Andreas Schubert

Auch am Donnerstagmittag ist die Schlange vor dem Kundencenter der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) am Marienplatz sehr lang. Rund 70 Leute stehen um das neue Deutschlandticket für 49 Euro an. Wer sich neu hinten anstellt, muss eine bis anderthalb Stunden warten, bis er oder sie drankommt. Dabei käme man relativ einfach an das Ticket, sowohl als Neukunde als auch als Abonnent. Es sich online aufs Handy zu laden oder als PDF-Datei herunterzuladen und als Papierticket auszudrucken, dauert wenige Minuten. Erst vom Sommer an verschickt die MVG Chipkarten.

Doch die Leute in der Schlange haben jeder ein individuelles Interesse, sich trotz der Wartezeiten von den Mitarbeitern der MVG helfen zu lassen. Die einen haben kein Smartphone, die anderen ein zu altes, andere wiederum wollen ganz einfach kein Handy-Ticket. "Was ist, wenn der Akku leer ist?", sagt eine Frau in der Schlange.

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Nur noch bis Dienstag, 25. April, haben Kunden der MVG Zeit, sich das 49-Euro-Ticket für den Folgemonat zu besorgen, das nur im Abo erhältlich ist. Bis Donnerstag hat die MVG 115 000 Abos verkauft. Und sie wirbt auch in Radio weiterhin dafür, das Ticket bei ihr zu kaufen.

Die Deutsche Bahn (DB) indes teilt nicht mit, wie viele Tickets sie bereits verkauft hat. Hier können die Kunden die Fahrkarte als Handyticket bis zum letzten Tag eines Monats kaufen und als Gültigkeitsbeginn den ersten Tag des Folgemonats wählen. Wer lieber eine Chipkarte haben möchte, muss mit einem Vorlauf von knapp zwei Wochen rechnen. Seit Beginn des Verkaufsstarts sei bei den S-Bahn-Kundenzentren am Hauptbahnhof und Ostbahnhof spürbar mehr los als üblich, teilt ein DB-Sprecher mit.

Weil viele Menschen immer noch viele Fragen zum Ticket haben, sind die Hotlines der MVG wie auch der Bahn gut beschäftigt. Kunden berichten von Wartezeiten, die oftmals eine Viertelstunde oder mehr betragen.

Ein Schüler-Ticket gibt es übrigens bislang nicht. Dafür hat die bayerische Staatsregierung beschlossen, für Auszubildende, Studierende und Freiwilligendienstleistende von September an ein vergünstigtes Ticket für 29 Euro anzubieten.

Völlig umsonst fahren dagegen künftig die Angestellten der Stadt München: Die rund 43 000 städtischen Beschäftigten können das neue Deutschland-Ticket kostenlos erhalten. Das hat der Verwaltungs- und Personalausschuss des Stadtrats einstimmig auf einen Antrag beschlossen, den die SPD/Volt-Fraktion zusammen mit den Grünen/Rosa Liste gestellt hat. Die Stadt rechnet mit Kosten in Höhe von maximal 25 Millionen Euro jährlich.

Gezwungen wird aber niemand: Die Beschäftigten können selbst entscheiden, ob sie statt des Deutschlandtickets lieber ihr bisheriges Jobticket behalten wollen, beispielsweise weil da Kinder kostenfrei mitfahren können. Für das Jobticket erhielten im vergangenen Jahr 17 000 städtische Beschäftigte steuerfreie Fahrkostenzuschüsse in Höhe der Kosten einer Isarcard Job für die Tarifzone M, aktuell 45,57 Euro monatlich. Die Stadt gab dafür 2022 insgesamt rund 10,5 Millionen Euro aus.

Vom kostenlosen Deutschlandticket Job würden vor allem Pendlerinnen und Pendler profitieren, die regelmäßig größere Entfernungen mit dem öffentlichen Nahverkehr zurücklegen, betonte Personalreferent Andreas Mickisch (SPD). Mit dem Ticket leiste die Stadt "einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz". Er kündigte an, dass die Höhe des Fahrkostenzuschusses der Ticketpreiserhöhung dynamisch angepasst werde.

Arbeitgeber, die wie die Stadt einen Rahmenvertrag abschließen, erhalten fünf Prozent Rabatt auf den Abgabepreis von 49 Euro, sofern sie bereit sind, selbst einen Mindestzuschuss in Höhe von 25 Prozent (12,25 Euro) an die Beschäftigten zu leisten. In diesem Fall müssten dann Beschäftigte nur noch 34,30 Euro für das Deutschlandticket bezahlen. Manche Unternehmen haben es bereits gegenüber ihrer Belegschaft abgelehnt, auch nur den Mindestzuschuss dafür zu zahlen, während die Stadt ihren Beschäftigten das Ticket komplett finanziert.

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