Aktuelles Lexikon:Ministrieren

Eine Tätigkeit, mit der Markus Söder jetzt die Pflichten von Hubert Aiwanger beschreibt.

Von Detlef Esslinger

Der Ministrant und der Minister haben denselben lateinischen Wortstamm, der eine ist ein Dienstpflichtiger, der andere ein Diener - folgt daraus nicht, dass beider Tätigkeit mit demselben Verb beschrieben werden kann: ministrieren? Den Eindruck jedenfalls erweckte Bayerns Regierungschef Markus Söder am Aschermittwoch bestimmt mit Freude, als er über seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger sagte: "Ministrieren geht vor Demonstrieren." Söder betrieb mit dem Wortspiel eine seiner Lieblingssportarten: andere Leute kleiner machen. Denn in der Alltagssprache verbinden die allermeisten Menschen mit jemandem, der oder die ministriert, keinen Minister, sondern Buben und Mädchen, die im katholischen Gottesdienst dem Pfarrer dienen. Sie schlagen den Gong, bringen Wein und Brot an den Altar, tragen die Klingelbeutel an die Bankreihen. Wer je ministriert hat, weiß, dass es dabei aber auch ums Demonstrieren geht, von Macht: Die Kleinen oder Unbeliebten dürfen immer nur den Gong schlagen, der Vordrängler unter den Ministranten indes sichert sich gern den Klingelbeutel-Job, weil man da mehr zu tun hat, ergo auf wichtig machen kann. Aber wer's übertreibt, bekommt gelegentlich einen Tadel - in der Kirche vom Pfarrer, in der Staatsregierung vom Söder.

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