Aktuelles Lexikon:Konsultationen

Ein selten eingesetztes Protestsignal in der Welt der internationalen Diplomatie.

Von Paul-Anton Krüger

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Russischen Föderation, Alexander Graf Lambsdorff, zu Konsultationen für eine Woche nach Berlin zurückbeordert. Diese Formel beschreibt heute vor allem ein Signal starken diplomatischen Protests, das zumindest in der Praxis der Bundesregierung sehr selten zum Einsatz kommt. Es wiegt weniger schwer als eine Abberufung des Botschafters, aber schwerer als die Einbestellung des russischen Geschäftsträgers. Zwar nutzt Lambsdorff den Aufenthalt in Berlin zu Gesprächen mit den fachlich zuständigen Abteilungen und der Führungsebene des Auswärtigen Amtes. Allerdings haben diese Beratungen nicht mehr den Stellenwert, der ihnen zu Zeiten des Wiener Kongresses zukam; zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Mittel zur sicheren Kommunikation über längere Distanzen und Reisen noch beschränkt und zeitaufwendig. Damals entwickelten sich diplomatische Gepflogenheiten, die zum Teil bis heute Bestand haben. In diese Epoche geht auch der formelle diplomatische Sprachgebrauch zurück, in dem sich Botschaften in Noten in der dritten Person beehren, etwas mitzuteilen, natürlich nie, ohne sich die ausgezeichnete Hochachtung zu versichern - auch wenn der Inhalt wenig freundlich ist.

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