Korruptionsaffären:CDU und CSU schaden dem Ansehen des Parlaments

Koalitionsfraktionen einig auf Lobbyregister

Ein Schattenspiel zeichnet sich auf den Sitzen im Plenum des Bundestags ab.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Und noch ein anrüchiger Fall in der Unionsfraktion, die sich jahrelang gegen strengere Lobby-Regeln wehrte: Jetzt geht die Angst um, bei der Bundestagswahl abgestraft zu werden.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Der Deutsche Bundestag sollte langsam darüber nachdenken, in seinen Gebäuden auch Büros für Staatsanwälte einzurichten. Innerhalb einer Woche haben Ermittler jetzt gleich zweimal Räume von Abgeordneten durchsucht. Zuerst wurde die Immunität von Georg Nüßlein aufgehoben. Er soll einen Maskenhersteller an Ministerien vermittelt und dafür 660 000 Euro kassiert haben. Dann ging es um Axel Fischer - er soll von dem Regime in Aserbaidschan dafür bezahlt worden sein, die deutsche und die europäische Politik in dessen Sinne zu beeinflussen. Am Freitag wurde dann auch noch ein dritter dubioser Fall bekannt. Der Abgeordnete Nikolas Löbel soll 250 000 Euro für die Vermittlung von Masken eingestrichen haben. Selbst altgediente Parlamentarier können sich nicht erinnern, wann es zum letzten Mal eine derartige Häufung anrüchiger Fälle gab.

Natürlich gilt die Unschuldsvermutung, aber eines fällt doch auf: Alle drei Abgeordnete gehören der Unionsfraktion an, genauso wie Karin Strenz, deren Bundestagsbüro im vergangenen Jahr durchsucht wurde. Die Unionsfraktion ist - das muss man an dieser Stelle erwähnen - auch die Fraktion, die jahrelang die Einführung eines Lobbyregisters verhindert hat. Und der die Vorschriften zur Veröffentlichung von Nebentätigkeiten mühsam abgerungen werden mussten.

Die Regierung verliert bereits Vertrauen

Lange hat das an der Basis von CDU und CSU kaum jemanden gestört. Doch jetzt rumort es dort. Auch weil die möglichen Korruptionsfälle in einer Phase publik werden, die für die Union ohnehin gefährlich ist. Im vergangenen Jahr hatte es die CDU wegen des Vertrauens der meisten Bürger in die Arbeit der Bundesregierung in den Umfragen weit nach oben getragen. Zeitweise lag die Union bei 40 Prozent. Doch jetzt erodiert das Vertrauen in die Regierung. Im jüngsten ARD-Deutschlandtrend ist der Zuspruch auf den schlechtesten Wert seit dem Ausbruch der Pandemie gefallen. CDU und CSU treibt die Sorge um, dass der Aufzug, der sie so schnell nach oben gebracht hat, jetzt genauso schnell wieder nach unten fahren könnte. Vor der Pandemie lagen die Unionsparteien in den Umfragen nur bei gut 25 Prozent, Jens Spahn sprach damals von der größten Krise in der Geschichte der CDU.

Und genau in diese Lage platzen nun die Fälle Nüßlein, Fischer und Löbel. Die 660 000 Euro, die Nüßlein genommen haben soll, sind deutlich mehr, als Bundestagsabgeordnete in einer ganzen Legislaturperiode an Diäten bekommen. Außerdem sollten Abgeordnete ganz unabhängig von der Rechtslage keine Geschäfte mit lebensrettenden Masken machen. Dass Nüßlein sich jetzt aus der Politik zurückziehen will, rettet da auch nichts mehr. Sein Verhalten ist selbst dem gutmütigsten Wähler nicht zu erklären.

Auch das Abendessen von Jens Spahn ist fragwürdig

Das gilt übrigens auch für das Abendessen, an dem Jens Spahn am Tag vor dem Bekanntwerden seiner Corona-Infektion teilgenommen hat - und bei dem Gönner 9999 Euro spenden sollten. Von 10 000 Euro an müssen die Namen von Spendern veröffentlich werden.

Die Vorwürfe gegen die Unionsabgeordneten schaden aber nicht nur CDU und CSU. Sie bringen das gesamte Parlament in Verruf. Neben der vollständigen Aufklärung der Fälle Nüßlein, Fischer, Löbel und Strenz ist deshalb jetzt vor allem eines notwendig: eine deutliche Verschärfung der Regeln.

Der Fall Philipp Amthor, auch er ein Mitglied der Unionsfraktion, hat offenbart, dass Abgeordnete manche Zuwendungen gar nicht offenlegen müssen. Der Fall Spahn zeigt, dass die Vorschriften für Spenden verschärft werden müssen. Und dass es mehr Lobbyisten mit Hausausweis für den Bundestag gibt als Abgeordnete, zeigt, wie groß die Versuche der Einflussnahme sind. Es ist deshalb gut, dass jetzt endlich ein Lobbyregister eingeführt werden soll. Aber es ist eine Zumutung, dass es auf Wunsch der Unionsfraktion Lücken haben wird. CDU und CSU müssen aufhören, durch ihr Gebaren dem Ansehen des Parlaments zu schaden.

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