Israel:Tauziehen um die Macht

Lesezeit: 2 Min.

Ihre Entscheidung hat Folgen für das ganze Land: Idit Silman. (Foto: Baruch Greenberg)

Die national-religiöse Abgeordnete Idit Silman legt die israelische Politik mit einem Seitenwechsel lahm - zur Freude des Ex-Regierungschefs Benjamin Netanjahu.

Von Alexandra Föderl-Schmid

An ihr hängt das Schicksal der fragilen Acht-Parteien-Koalition in Israel: Durch das Ausscheiden von Idit Silman hat die Regierung ihre Mehrheit verloren, nun ist eine Patt-Situation entstanden. Oppositionsführer Benjamin Netanjahu wirbt mit allen Mitteln um die 41-jährige national-religiöse Abgeordnete in der Hoffnung, noch weitere rechte Politiker aus den Reihen der Koalition auf seine Seite ziehen zu können. Netanjahu hat seine Aktivitäten verstärkt, nachdem auch noch die arabische Raam-Partei nach den Zusammenstößen auf dem Jerusalemer Tempelberg die Zusammenarbeit in der Koalition auf Eis gelegt hatte. Er sieht seine Chance gekommen, mit Hilfe von Silman wieder an die Macht zu kommen in jenem Land, in dem er 15 Jahre lang Regierungschef war. Bis am 8. Mai die Parlamentspause endet, geht das Tauziehen weiter.

Für Premierminister Naftali Bennett ist der Ausstieg Silmans ein schwerer Schlag. Über ihren Schritt hatte sie ihn nicht vorab informiert. Dabei hatte er Silman, die erst 2019 Knesset-Abgeordnete wurde, die prestigeträchtige Aufgabe einer Mehrheitsführerin im Parlament anvertraut. Silman hatte damit eine einflussreiche Position inne und hielt engen Kontakt zu anderen Abgeordneten. Deshalb muss Bennett befürchten, dass ihr weitere Koalitionspolitiker folgen könnten.

Stets am rechten Rand

Silman stand von Anfang an mit ihren Positionen am rechten Rand dieses politisch sehr breit aufgestellten Parteienbündnisses. Seit Jugendtagen ist sie aktives Mitglied der Nationalreligiösen Partei, die in der Jamina-Partei aufging. Die dreifache Mutter gründete eine Organisation, die sich dafür einsetzt, dass die Leichname der zwei 2014 im Gazastreifen getöteten israelischen Soldaten an den Staat Israel übergeben werden.

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Vor ihrem Wechsel in die Knesset arbeitete sie als Marketingmanagerin von Clalit Health Services, der größten von vier staatlichen Gesundheitsorganisationen in Israel, die landesweit Krankenhäuser, Rehakliniken, Zahnarztpraxen und Apotheken betreibt. Aufgrund dieses beruflichen Hintergrundes hatte sie sich Hoffnungen gemacht, Gesundheitsministerin zu werden. Diese Position soll ihr nun Netanjahu fix versprochen haben als Zugeständnis, wenn sie in seine Likud-Partei wechselt.

Angebot von Netanjahus Likud-Partei

Silman selbst erzählte, dass sie in den vergangenen Monaten wiederholt Angebote aus dem Likud bekommen habe. Ihr Mann Shmulik äußerte sogar öffentlich seine Unterstützung für die Opposition. In ihrer Rücktrittserklärung schrieb sie, es sei Zeit, "eine jüdische und zionistische Regierung zu bilden". Netanjahu griff diese Forderung auf und verband sie mit dem Aufruf, eine "rechte Regierung" zu formen.

Zuvor hatte Silman eine Auseinandersetzung mit dem linken Gesundheitsminister Nitzan Horowitz, der Patienten und Besuchern die Erlaubnis erteilte, während der Pessach-Feiertage Chametz, gesäuerte Speisen, in Krankenhäuser zu bringen. In Erinnerung an den Auszug aus Ägypten nehmen religiöse Juden während der Pessach-Woche keine gesäuerten Speisen zu sich - das gilt vom Brot über Nudeln bis hin zu Bier. Selbst im Holocaust, so argumentierte sie, hätten jüdische KZ-Insassen an Pessach lieber gehungert, als gesäuerte Speisen zu sich zu nehmen. Eine laxe Handhabung der religiösen Regeln würde nun den "jüdischen Charakter" des Staates Israel bedrohen, sagt Silman.

Horowitz setzte damit ein Urteil des Obersten Gerichts um; für Silman war es aber der willkommene Anlass zum Absprung. Mit Horowitz war sie auch zuvor schon aneinandergeraten wegen der geplanten Reform des Abtreibungsrechts. Demonstrativ besuchte sie die Antiabtreibungsorganisation Efrat.

Bennett jedoch hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Der Premier setzt darauf, dass Silman sich doch noch zur Rückkehr in die Reihen der Koalition bewegen lässt, "wenn der emotionale Druck von Netanjahus Anhängern nachgelassen" habe.

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