"Tatort" aus dem Schwarzwald:Voll schön, der Wolf

Lesezeit: 2 min

(Foto: Benoit Linder/dpa)

"Unten im Tal" gelingt so etwas wie Mystery-Atmosphäre im Schwarzwald. Wenn nur die Kommissare ihr Handy weglegen würden.

Von Claudia Tieschky

Einmal in diesem Tatort aus dem Schwarzwald begegnet Kommissarin Tobler nachts im Wald dem Wolf, der im Tal die Schafe reißt. Es ist das, was man einen besonderen Moment nennt, und trotzdem beiläufig, der Wolf ist ein bisschen unspektakulär. "Voll schön", sagt Franziska Tobler ( Eva Löbau) später im Auto zum Kollegen Berg (Hans-Jochen Wagner), aber weil sie schon irgendwie Angst hatte und ja eine ehrliche Person ist, sagt sie noch: "Also hinterher."

Das ist ziemlich genau in der Mitte der neuen Episode "Unten im Tal", die spielt in einem abgelegenen Dorf mit alten Häusern und alten Geschichten. Tobler und Berg ermitteln sich, pardon, einen Wolf, als ganz in der Nähe das Skelett von Rosa Winterfeld gefunden wird. Rosas Story: Teenager-Schwangerschaft, ihre Tochter Toni ist jetzt knapp so alt wie Rosa, als sie verschwand. Damals ermittelten Tobler und Berg auch schon und Berg verschenkte auch damals schon rotbackige Äpfelchen. Nichts scheint aber zusammenzupassen in dem Fall, nur die Leute im Dorf wissen Bescheid, der Werner Tröndle ist es gewesen, der in dem Haus mit den ausgestopften Vögeln am Wald wohnt, denn der hat schon seine Freundin vor Jahren im Suff erschlagen. Auf den Zuschauer wirkt der Tröndle eigentlich geläutert und glaubhaft. Überhaupt wirken fast alle glaubhaft hier, in ihren guten hölzernen Stuben, mit dem Roten im Weinrömer am Abend, mit ihrem Fleiß, ihrer Trauer, ihrer Schweigsamkeit, und so viele Glaubhafte zusammen können wie eine Wand sein.

Der Schlüsselsatz: "Da muss ich kurz ran."

Diese Wand fällt zehn Minuten vor Schluss. Was sich dann zeigt, hätte man nie im Leben vermutet. In so einem Fall ist ja oft die Frage: Wozu der ganze Vorlauf? Gut also, dass "Unten im Tal" in den 80 Minuten davor nicht sehr gelangweilt hat. Das liegt daran, dass Julia Langhof (Regie) und Nicole Armbruster (Buch) in ihrem Heimatfilm eine Stimmung schaffen, die sich bei zeitgemäßen Streaming-Genres bedient und den Schwarzwald in die charakteristische Dauerdunkelheit einer Mystery-Serie taucht. Zwischen den Familien im Dorf geht es archaisch zu, der Schnee fällt, und man denkt an Der Pass oder auch den Klassiker Das finstere Tal von Andreas Prochaska. Rosas Geschichte, in Rückblenden als Coming-of-Age-Rebellion erzählt, bleibt ein einziges Rätsel. Voll schön also eigentlich, blöd nur, dass Tobler und Berg ständig ans Telefon müssen, wo ihnen jemand sagt, wie es jetzt weitergeht. Nein, Quatsch, wo sie wichtige Informationen erhalten. Wenn sie brummeln "Da muss ich kurz ran" und "Sorry, ich muss", dann ist es wieder ein normaler ARD-Krimi und der Wolf trollt sich zu den Schafen.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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