Am 7. Januar vor einem Jahr stürmten zwei islamistische Attentäter die Redaktionsräume der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo und erschossen elf Menschen. Vergangenen Sonntag drangen im Tatort vermummte Geiselnehmer in ein täuschend echt nachgebautes Tagesschau-Studio ein und bedrohten Sprecherin Judith Rakers, die sich selbst spielte, mit vorgehaltenem Sturmgewehr.
Diese Folge wurde Monate vor den Charlie-Hebdo-Anschlägen gedreht. Die Tatort-Macher konnten also nicht wissen, dass ihre Bilder einmal unheilvoll nah an die Realität heranreichen würden.
Paris wurde dann ein zweites Mal von Anschlägen heimgesucht, ein Länderspiel in Deutschland abgesagt, am Silvesterabend der Münchner Hauptbahnhof geräumt. In diese Stimmung hinein sendete der Tatort diese Bilder. Es ist schon richtig, dass man nun nicht aus lauter Angst und Verunsicherung nur noch Rosamunde Pilcher senden sollte. Krimis werden sich auch weiterhin mit Terrorismus beschäftigen und das ist völlig in Ordnung so.
Hier geht es um die Rolle der Tagesschau. Es ist nicht das erste Mal, dass sie im Tatort vorkam. Zuletzt kam ja sogar der Tatort im Tatort vor. In der Lindenstraße ist die Tagesschau ebenfalls regelmäßiger Nebendarsteller. Doch in diesem Fall stellt sich die Frage: Ging der Grad der Vermischung nicht zu weit? Musste er überhaupt sein? Muss eine Nachrichten-Institution wie die Tagesschau als Kulisse für eine Geiselnahme dienen, über eineinhalb Stunden hinweg immer und immer wieder? Schadet das nicht ihrer Glaubwürdigkeit und Seriosität? Muss ein seriöses Nachrichtenmedium für Effektheischerei herhalten?
Die Tatort-Macher hätten sich auch eine fiktive Nachrichtensendung ausdenken können. Dem Plot hätte das nicht geschadet.